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Die Chronolithen

Die Chronolithen

Titel: Die Chronolithen Kostenlos Bücher Online Lesen
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Stück Scheiße‹, und ich sagte, ich würde ab und zu von mir hören lassen und er täte besser daran, meinen Namen zu behalten, weil ich seinen bestimmt nicht vergessen würde. Na ja, dabei ist es dann geblieben. Aber ein paar Jahre lang hab ich dafür gesorgt, dass er immer mal wieder auf meinen Namen stieß, nicht oft, aber ab und zu. Eine Karte, ein Anruf, irgendein virtueller Rippenstoß. Nur um ihn bei Laune zu halten. Vergessen hat der mich nicht können, was, Scotty?«
    Ich sagte: »Er hätte mich umbringen können.«
    »Na ja, aber das hab ich eher für unwahrscheinlich gehalten. Außerdem hast du eine hübsche Stange Geld bekommen. Und das Risiko war klitzeklein, hm?«
    »Totaler Schwachsinn«, murmelte ich.
    »Damit ist dir alle Dankbarkeit erlassen. Ist das nichts?«
     
    Wir hatten Glück, Mrs. Jeffrey Helvig war zu Hause, allein.
    Sie öffnete uns im Freizeitdress, war gleich argwöhnisch, als sie uns im Schein der Verandabeleuchtung erblickte. Wir erklärten ihr, dass es um ihren Sohn Jeff jr. ginge. Sie erklärte uns, sie habe bereits mit der Polizei gesprochen und wir sähen überhaupt nicht wie Polizisten aus – wer wir also wären und was wir wirklich von ihr wollten?
    Ich zeigte ihr genügend Belege, um sie davon zu überzeugen, dass ich Kaitlins Vater war. Sie kannte Janice und Whit, allerdings nicht besonders gut, und war Kait mehr als einmal begegnet. Als ich deutlich machte, ich wolle mit ihr über Kaitlin reden, lenkte sie ein und bat uns ins Haus. Allerdings nur ungern.
    Das Haus war pingelig sauber. Eleanor Helvig liebte Korkuntersetzer und Spitzendeckchen auf Rücken- und Armpolstern. In der Wohnzimmerecke summte ein Luftreiniger. Eleanor Helvig stand verdächtig nahe am Security-Paneel, das auf Fingerdruck einen Hilferuf samt Videoaufnahme an die örtliche Polizei sendete. Vielleicht wurden wir schon aufgezeichnet. Ich hatte nicht den Eindruck, dass sie Angst vor uns hatte, aber sie war zutiefst misstrauisch.
    Sie sagte: »Ich weiß, was Sie durchmachen, Mr. Warden. Ich mache dasselbe durch. Sie müssen verstehen, dass ich nicht schon wieder über Jeffs Verschwinden reden möchte.«
    Sie verteidigte sich gegen einen Vorwurf, den noch niemand erhoben hatte. Das gab mir zu denken. Ihr Mann war ein Copperhead – ein Fundamentalist, wenn Whit Recht hatte. Sie hatte ihn zu den meisten Veranstaltungen begleitet, aber nicht zu allen. Vermutlich würde sie seine Ansichten nachbeten, aber nicht aus tiefer Überzeugung. Hoffentlich nicht.
    Ich sagte: »Wären sie überrascht, Mrs. Helvig, wenn ich sagen würde, es sieht ganz so aus, als wäre Ihr Sohn mitsamt den anderen auf einem Hadsch?«
    Sie blinzelte. »Ich wäre sogar verletzt, Mr. Warden.
    Dieses Wort so zu benutzen, beleidigt nicht nur den Islam, sondern auch ganz viele aufrichtige junge Menschen.«
    »Aufrichtige junge Menschen wie Jeff?«
    »Ich hoffe, Jeff ist aufrichtig, aber eine oberflächliche Erklärung dessen, was ihm zugestoßen ist, werde ich nicht hinnehmen. Ich sollte Ihnen der Ehrlichkeit halber sagen, dass ich mit Briefvätern, die sich in Krisenzeiten ihrer Kinder entsinnen, meine Probleme habe. Aber so ist die Gesellschaft, in der wir leben, nicht wahr? Voller Menschen, die Elternschaft als genetische Verschmelzung betrachten und nicht als heilige Verpflichtung.«
    Hitch sagte: »Und Sie glauben, unter Kuin wird alles besser?«
    Sie starrte ihn herausfordernd an. »Schlimmer kann es jedenfalls nicht werden.«
    »Wissen Sie, was ein Hadsch ist, Mrs. Helvig?«
    »Ich sagte Ihnen schon, ich mag…«
    »Aber viele Leute benutzen das Wort. Auch viele idealistische Kinder. Ein paar habe ich gesehen. Sie haben Recht, wir leben in einer rauen Welt, vor allem die Kinder haben es schwer. Ich habe sie gesehen. Ich habe Hadsch-Kids gesehen, abgeschlachtet am Straßenrand. Kinder, Mrs. Helvig, vergewaltigt und getötet. Sie sind jung und vielleicht idealistisch, aber sie sind auch verdammt naiv, was das Überleben draußen außerhalb der Provinz angeht.«
    Eleanor Helvig erbleichte. (Ich auch, glaube ich.) »Wer sind Sie?«, sagte sie zu Hitch.
    »Ein Freund von Kaitlin. Sind Sie ihr jemals begegnet, Mrs. Helvig?«
    »Sie ist wohl zwei- oder dreimal vorbeigekommen…«
    »Ihr Jeff ist bestimmt ein kräftiger junger Mann, aber was ist mit Kaitlin? Was meinen Sie, wie sie da draußen zurechtkommt, Mrs. Helvig?«
    »Wie soll ich…?«
    »Draußen auf der Straße, unter all den Obdachlosen und Soldaten? Wenn die Kids tatsächlich auf

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