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Die Chronolithen

Die Chronolithen

Titel: Die Chronolithen Kostenlos Bücher Online Lesen
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Nachrichtensperre bewirkt.
    Unsere Vorräte reichten mindestens für fünf Tage, was mehr als genug war, denn nach Sue Chopras Einschätzung standen wir weniger als fünfzig Stunden vor dem Ereignis.
     
    Der »Viehtrieb« war eine steinige Fahrspur durch niedrige Vegetation, gekrönt von einem endlosen türkisfarbenen Himmel. Wir hatten noch ein Dutzend Meilen bis Portillo, als wir die erste Leiche sahen.
    Ashlee wollte partout, dass wir anhielten, obwohl klar war, dass wir nichts mehr tun konnten. Sie wollte Gewissheit. Denn der Leichnam, meinte sie, habe etwa die Größe von Adam.
    Doch der junge Mann, angezogen mit einem schmutzigweißen Hanfhemd und gelber Kevlarhose, war schon eine ganze Weile tot. Die Schuhe hatte man ihm gestohlen, auch die Armbanduhr samt Terminal und vermutlich auch die Brieftasche. Ein stumpfer Gegenstand hatte ihm den Schädel zertrümmert. Der Körper war von Verwesung aufgedunsen und hatte offensichtlich eine Reihe von Aasfressern angelockt, von denen zur Zeit nur die Ameisen zu sehen waren, die einen trägen Pendelverkehr auf seinem ausgedörrten Arm unterhielten.
    »Davon werden wir noch mehr zu Gesicht bekommen«, meinte Hitch und heftete den Blick auf den Horizont. »In diesem Teil des Landes gibt es mehr Diebe als Fliegen, vor allem seit die PRI die letzte Wahl für ungültig erklärt hat. Zweitausend total blauäugige Amerikaner an ein und demselben Ort wirken auf jedes gewaltbereite Arschloch südlich von Juarez wie ein Magnet, und sie sind zu hungrig, um irgendwelche Skrupel zu haben.«
    Gewiss, er hätte das etwas behutsamer sagen können, aber wozu? Der Beweis lag im Sand und stank.
    Ich blickte Ashlee an. Ashlee betrachtete den toten jungen Amerikaner. Sie war blass, und ihre Augen glitzerten vor Bestürzung.
     
    Ashlee hatte uns klar gemacht, dass es besser war, wenn wir sie mitnahmen, und ich hatte schließlich eingewilligt. Ich mochte imstande sein, Kaitlin aus diesem Debakel zu retten, aber auf Adam Mills hatte ich keinen Einfluss. Selbst wenn ich ihn fände, meinte Ashlee, wäre ich nicht in der Lage, ihm diesen Hadsch auszureden. Vielleicht konnte das niemand, auch sie nicht, aber versuchen – versuchen musste sie es.
    Es war natürlich gefährlich, extrem gefährlich, doch Ashlee war fest entschlossen, nach Portillo zu reisen, ob mit oder ohne uns. Und ich konnte sie gut verstehen. Das Gewissen lässt einem manchmal keine Wahl. Das hat nichts mit Mut zu tun. Wir waren nicht hier, weil wir tapfere Krieger waren. Wir waren hier, weil wir hier sein mussten.
    Doch der tote Landsmann war eine Demonstration aller Wahrheiten, denen wir nur allzu gerne ausgewichen wären. Der Wahrheit, dass unsere Kinder einen Ort aufgesucht hatten, an dem so etwas passierte. Dass es ebenso gut Adam oder Kaitlin hätte treffen können. Dass nicht jedes Kind, das in Gefahr schwebt, auch gerettet werden kann.
    Hitch kletterte hinters Steuer. Ich und Ash stiegen hinten ein. Sie legte den Kopf an meine Schulter, das erste Mal, dass sie Erschöpfung zeigte, seit wir die Vereinigten Staaten verlassen hatten.
    Es zeigte sich einmal mehr, dass wir nicht die einzigen Amerikaner waren, die diese Route genommen hatten. Wir kamen an einer verwaisten Limousine vorbei, die mit gebrochener Achse an einer Böschung hing, und ein rostzerfressener Edison mit Nummernschildern von Oregon überholte uns in waghalsigem Tempo und wirbelte alkalische Staubwolken in den Nachmittag. Und dann endlich hatten wir eine Anhöhe erklommen und sahen Portillo vor uns liegen, auf der Zufahrtsstraße lauter Konglomerate von Kuppelzelten, die an Insekteneier erinnerten. Die Hauptstraße durch Portillo wurde von Lehmziegelgaragen, Abfallhaufen, armseligen Behausungen und einem Chaos aus amerikanischen Autos gesäumt. Der Ort selbst war ein Schandfleck im Kolonialstil zwischen zwei lizensierten Motels und ebenso vielen Tankstellen. Das alles war kampflos an die Kuinisten gefallen. Hadsch-Jugend in allen Schattierungen hatte sich hier versammelt, die meisten ohne angemessene Ausrüstung und Erfahrung. Die Einwohner hatten zum großen Teil ihre Behausungen aufgegeben und sich auf den Weg zur Stadt gemacht. Diejenigen, die geblieben waren, so Hitch, waren Kranke oder Alte, Diebe oder Wasserverkäufer, Opportunisten oder überforderte Mitglieder der örtlichen Gendarmerie. Außerhalb der Versorgungszelte internationaler Hilfsorganisationen gab es so gut wie keine Lebensmittel. Die Armee blockierte die Zufahrten und wies fahrende

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