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Die Clans des Alpha-Mondes: Roman

Die Clans des Alpha-Mondes: Roman

Titel: Die Clans des Alpha-Mondes: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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würde sie bescheidener machen? Weniger selbstsicher?« Der Schimmelschleim war ganz klar keine Autorität in Sachen menschlicher Natur – und besonders keine in Sachen der Mary Rittersdorfschen Natur. Ganz zu schweigen von der Tatsache, daß Selbstzweifel für einen Manischen ebenso unvorstellbar waren wie für einen Para. Ihre gesamte emotionale Struktur beruhte gerade darauf, daß sie ihrer selbst so sicher waren.
    Wie einfach wäre es doch gewesen, träfe die naive Sichtweise des Schimmelschleims zu – wenn eine ernstlich gestörte Person nur ihre Testergebnisse zu sehen brauchte, um ihre psychische Deformation zu erkennen. Herrgott, dachte Chuck finster, wenn es überhaupt etwas gibt, das die gegenwärtige Psychiatrie uns gezeigt hat, dann dies: Das reine Wissen, daß man geisteskrank ist, macht einen nicht wieder gesund – ebensowenig wie einen das Wissen gesund macht, daß man ein schwaches Herz hat.
    Tatsächlich war es viel wahrscheinlicher, daß das Gegenteil zutraf: Mary würde sich, gefestigt durch die Kameradschaft einer Gruppe von Menschen, die so waren wie sie, für alle Zeiten stabilisieren. Man würde ihre manischen Neigungen sozial sanktionieren. Möglicherweise endete sie als Geliebte Howard Straws, vielleicht ersetzte sie ihn sogar als Mani-Delegierte im Hohen Interclan-Rat. Sie würde in Da Vinci Heights zur Macht aufsteigen – indem sie jeden trat, der sie umgab.
    »Trotzdem«, beharrte der Schimmelschleim, »werde ich sie, wenn ich sie frage, ob sie den Test vornehmen will, bitten, dasselbe auch für sich zu tun. Ich glaube immer noch, daß sich daraus etwas Gutes entwickeln kann. Ein altes terranisches Sprichwort lautet doch Erkenne dich selbst; nicht wahr? Es stammt von den alten Griechen. Ich glaube, wenn man weiß, wer man ist, versichert man sich einer Waffe, mit der eine nichttelepathische Spezies ihre Psyche reformieren kann, bevor…«
    »Bevor was?«
    Der Schimmelschleim schwieg. Offenbar wußte er es selbst nicht.
    »Wenn Mary den Test macht«, sagte Chuck, »werden wir es ja sehen.« Dann werden wir sehen, wer recht hat, dachte er. Er hoffte, daß es der Schimmelschleim war.
    An diesem Abend gelang es Lord Flieh-den-Geiz nach langen und zähen Verhandlungen, Dr. Mary Rittersdorf dazu zu bringen, ihm die gesamte Bandbreite der Psycho-Profiltests zu schildern – und sie anschließend fachmännisch an ihrem Gatten durchzuführen.
    Im kompliziert gestalteten, gewundenen Heim des Mani-Ratsdelegierten Howard Straw standen sich die drei gegenüber. Straw selbst saß lauernd im Hintergrund. Das, was hier stattfand, erheiterte ihn; er gab sich reserviert und seiner Veranlagung gemäß verächtlich. Er saß da und skizzierte mit Farbstiften rasch eine Porträtserie Marys. Dies war nur eine seiner vielen künstlerisch-kreativen Liebhabereien, und sogar in wirren Zeiten wie diesen, wo alphanische Kriegsschiffe nacheinander auf dem Mond landeten, entsagte er ihnen nicht. Als typischer Mani war er vielseitig und hatte stets zahllose Eisen im Feuer.
    Mary breitete die Testergebnisse vor sich auf Howard Straws hübschem, handgearbeitetem Holz- und Schwarzblechtisch aus und sagte: »Es ist schrecklich für mich, es zugeben zu müssen, aber die Idee war gut. Wir haben uns beide den Standard-Psycho-Profiltestverfahren unterworfen. Offen gesagt, die Ergebnisse überraschen mich. Angesichts der Ergebnisse sieht es so aus, als hätte ich mich selbst regelmäßig diesen Tests unterziehen sollen…« Sie lehnte sich geschmeidig in ihrem weißen Rollkragenpullover und den titanischen Ogmetallhosen zurück, holte mit zitternden Fingern eine Zigarette hervor und steckte sie an. »Du zeigst keine Spur einer geistigen Störung, mein Lieber«, fügte sie hinzu und lächelte starr.
    »Und was ist mit dir?« fragte Chuck, während sich seine Kehle und sein Herz vor Spannung zusammenschnürten.
    »Ich bin gar kein Mani. Ich bin das genaue Gegenteil. Ich zeige eine deutlich erregte Depression. Ich bin ein Dep.« Sie lächelte immer noch; es war eine schlimme Anstrengung für sie; Chuck nahm dies und ihren Mut zur Kenntnis. »Der pausenlose Druck, den ich wegen deines Einkommens auf dich ausgeübt habe… Es lag bestimmt an meiner Depression und meinen verblendeten Sinnen, daß ich annahm, alles sei falsch gelaufen, und nun müsse irgend etwas getan werden, damit wir nicht untergehen.« Sie drückte plötzlich die Zigarette aus und zündete sich eine neue an. Dann sagte sie zu Howard Straw: »Wie sieht deine

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