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Die Clans des Alpha-Mondes: Roman

Die Clans des Alpha-Mondes: Roman

Titel: Die Clans des Alpha-Mondes: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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sich hinblubbern; eine Erdungsausrüstung, für den Fall, daß irgendwelche Strahlen…«
    »Bleib ernst«, unterbrach Baines sie. Er fragte sich, wie alt sie war; bestimmt nicht älter als zwanzig. Und wie alle Polys war sie kindlich. Die Polys wurden nicht erwachsen; sie blieben wankelmütig. Bestand Polyismus aus nichts anderem als den Nachwehen einer ziellosen Kindheit? Schließlich wurden auch die Kinder der anderen Mond-Clans als Polys geboren. Sie gingen als Polys in die zentrale Gemeinschaftsschule und änderten sich erst im zehnten oder elften Lebensjahr. Doch manche, wie Annette, änderten sich nie.
    Annette öffnete die Handtasche und entnahm ihr ein Tütchen mit Süßigkeiten. Sie fing rasch an zu essen. »Ich fühle mich nervös«, erklärte sie. »Deswegen muß ich essen.« Sie hielt Baines das Tütchen hin, doch er lehnte ab – man konnte schließlich nie wissen. Er hatte sein Leben jetzt seit fünfunddreißig Jahren bewahrt, und er hatte nicht vor, es wegen eines trivialen Impulses zu verlieren. Wenn man vorhatte, noch einmal fünfunddreißig Jahre zu leben, mußte man alles einkalkulieren und im voraus bedenken.
    »Ich nehme an, Louis Manfreti wird den Schizo-Clan in diesem Jahr wieder vertreten«, sagte Annette. »Ich höre ihm immer gern zu. Er erzählt immer so interessante Sachen. Die Visionen, die er von urzeitlichen Dingen hat… Von irdischen und himmlischen Bestien, von Ungeheuern, die sich unterirdische Schlachten liefern…« Sie lutschte nachdenklich auf einem Bonbon herum. »Glaubst du, daß die Visionen, die die Schizos haben, echt sind, Gabe?«
    »Nein«, sagte Baines wahrheitsgemäß.
    »Warum grübeln und reden sie dann die ganze Zeit darüber? Also müssen sie für sie doch irgendwie real sein.«
    »Mystizismus«, sagte Baines verächtlich. Dann zog er die Nase hoch; irgendein unnatürlicher Geruch drang auf ihn ein, irgend etwas Süßes. Er erkannte, daß es der Duft von Annettes Haar war, und er entspannte sich. Oder soll der Duft mich ge rade dies denken lassen? fragte er sich plötzlich und versteifte sich. »Du hast ein hübsches Parfüm«, sagte er listig. »Wie heißt es?«
    »Wilde Nacht«, sagte Annette. »Ich habe es von einem Hausierer von Alpha II gekauft. Es hat mich neunzig Lappen gekostet, aber es riecht herrlich, findest du nicht auch? Ein ganzes Monatsgehalt.« Ihre dunklen Augen blickten traurig drein.
    »Heirate mich«, fing Baines erneut an, dann brach er ab.
    Der Dep-Vertreter war aufgetaucht. Er stand im Eingang, und sein furchtgeplagtes, konkaves Gesicht mit den starrenden Augen schien Baines bis in die Tiefen seines Herzens zu durchdringen. Guter Gott. Baines ächzte, ohne zu wissen, ob er dem armen Dep gegenüber Mitleid oder reine Verachtung empfinden sollte. Schließlich konnte der Mann sich doch zusammennehmen. Alle Deps konnten sich zusammennehmen – vorausgesetzt, sie hatten den Mut dazu. Doch die Dep-Siedlung im Süden zeigte nicht die geringste Courage. Der Dep an der Tür bewies augenfällig, daß es auch ihm an Mut mangelte. Er blieb zögernd im Eingang stehen, weil er Angst hatte einzutreten, aber dennoch war er seinem Schicksal so ergeben, daß er es in Kürze trotzdem tun würde. Er würde exakt das tun, was er am meisten fürchtete… Ein Ob-Kom würde an seiner Stelle einfach in Zweierreihen bis zwanzig zählen, sich umdrehen und flüchten.
    »Kommen Sie doch rein, bitte«, redete Annette ihm liebenswürdig zu und deutete auf einen Stuhl.
    »Was hat das Gespräch schon für einen Sinn?« sagte der Dep und trat langsam, vor Hoffnungslosigkeit die Schultern hängen lassend, ein. »Wir nehmen uns doch nur gegenseitig auseinander. Ich sehe gar keinen Sinn darin, diese Spektakel einzuberufen.« Dennoch nahm er ergeben Platz und blieb mit gesenktem Kopf und sinnlos verschränkten Händen sitzen.
    »Ich bin Annette Golding«, sagte Annette, »und das ist Gabriel Baines, der Para. Ich bin ein Poly. Du bist ein Dep, nicht wahr? Ich erkenne es daran, wie du auf den Boden starrst.« Sie lachte, aber mit Sympathie.
    Der Dep sagte nichts; er nannte nicht einmal seinen Namen. Baines wußte, daß es den Deps schwerfiel, reden zu müssen. Es war schwierig für sie, die Energie aufzubringen. Der Dep war wahrscheinlich deswegen zu früh gekommen, weil er Angst hatte, er könne sich verspäten. Überkompensation, typisch für sie. Baines mochte die Deps nicht. Sie nützten weder sich selbst noch den anderen Clans etwas. Warum starben sie nicht? Und im Gegensatz

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