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Die Clans des Alpha-Mondes: Roman

Die Clans des Alpha-Mondes: Roman

Titel: Die Clans des Alpha-Mondes: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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beurlaubt worden«, sagte London gelassen, »weil Sie illegale Drogen nehmen. Um ganz offen zu sein, wir haben Ihre Wohnung schon durchsucht und sie gefunden. Sie nehmen GB-40, stimmt’s? Mit GB-40 können Sie Vierundzwanzig Stunden am Tag wach bleiben und arbeiten. Herzlichen Glückwunsch. Aber jetzt, wo Sie keine Position mehr bei uns halten, scheint die Fähigkeit, rund um die Uhr arbeiten zu können, keinerlei Profit mehr abzuwerfen. – Also viel Glück.« Er ließ Chuck einfach stehen, nahm hinter seinem Schreibtisch Platz und griff nach einer Akte. Das Gespräch war beendet.
    »Aber wenn Hentman mich nicht feuert«, sagte Chuck, »wissen Sie, daß Sie falsch liegen. Ich möchte Sie nur bitten, daß Sie es sich vergegenwärtigen, wenn es erst mal so gekommen ist. Auf Wiedersehen.« Er verließ das Büro und zog die Tür laut hinter sich ins Schloß. Auf Wiedersehen, egal für wie lange, dachte er.
    Als er wieder draußen war, blieb er unsicher auf dem Bürgersteig stehen und ließ sich von den zur Arbeit hetzenden Menschen anrempeln. Was nun? fragte er sich. Zum zweiten Mal in diesem Monat war sein Leben umgekrempelt worden. Zuerst der Trennungsschock von Mary, und jetzt das. Es ist zuviel, dachte er und fragte sich, ob vielleicht noch mehr auf ihn zukam.
    Aber er hatte ja noch den Hentman-Job. Nur noch den Hentman-Job.
    Chuck kehrte mit einem autonomen Taxi in sein Silo zurück und setzte sich rasch – oder besser gesagt, verzweifelt – hinter die Schreibmaschine. Und jetzt, dachte er, zu den Dialogen für Miss Weaver. Er vergaß alles andere und begrenzte die Welt auf die Dimensionen der Schreibmaschine und des eingelegten Papiers. Ich werde dir eine tolle Rolle schreiben, dachte er. Und vielleicht – krieg ich dann auch etwas von dir.
    Er nahm die Arbeit auf. Um fünfzehn Uhr war er fertig. Er stand abgespannt auf, reckte sich und spürte, wie sein Körper ermüdete. Aber sein Geist war noch voll da. Sie haben mir also eine Wanze hier reingebracht, dachte er. Eine Wanze, die hören und sehen kann. Deswegen sagte er laut, damit man es auch deutlich hörte: »Diese Schweinehunde im Büro bespitzeln mich. Pathologisch. Offen gesagt, es ist eine Erleichterung, aus dieser mißtrauischen Atmosphäre raus zu sein, und…« Er hielt inne. Was brachte es schon? Er ging in die Küche und machte sich etwas zu essen.

Um sechzehn Uhr – er hatte sich in seinen besten blauschwarzen Titan-Ruseltextilanzug geworfen, sich rasiert und mit allen männlichen Düften besprüht, die modernste Chemielabors hervorbringen konnten – machte er sich mit dem Drehbuch unter dem Arm auf die Socken und suchte nach einem Jet-Taxi. Er war nach Santa Monica unterwegs, zu Patricia Weavers Silo, und… den Rest wußte nur der Himmel. Aber er machte sich große Hoffnungen.
    Doch was war, wenn die Story nicht ankam?
    Eine gute Frage, von der er hoffte, daß er sie nicht zu beantworten brauchte. Er hatte schon zuviel verloren; der Aufbau seiner Welt war durch den Verlust von Frau und langjährigem Job in diesem kurzen Zeitraum einem schleichenden Verstümmelungsprozeß unterworfen worden. Sein Wahrnehmungssystem war deutlich verwirrt. Es war darauf fixiert, abends Mary und tagsüber das CIA-Gebäude zu sehen zu kriegen; doch jetzt begegnete es keinem von beiden mehr. Irgend etwas würde diese Leere ersetzen müssen. Seine Sinne verlangten danach.
    Chuck flaggte ein Jet-Taxi herunter und gab ihm die Adresse Patty Weavers in Santa Monica; dann, als er sich gegen die Rückenlehne stützte, nahm er die Dialogseiten hervor und las sie noch einmal durch, um allerletzte Korrekturen vorzunehmen.
    Eine Stunde später, kurz nach siebzehn Uhr, senkte sich das Taxi langsam auf die Dachlandebahn des bemerkenswert hübschen, großen und neumodernen Silos hinab, in dem Patty Weaver lebte. Mensch, ist das toll, dachte Chuck. Rumpoussieren mit einem vollbusigen TV-Starlet… Was kann man vom Leben mehr verlangen?
    Das Taxi landete. Chuck entstieg dem Fahrzeug mit leicht unsicherem Schritt.

    9. Kapitel
    Als sei sie ein Vorbote des Wohlwollens, war Patricia Weaver zu Hause. Sie öffnete die Tür ihrer Wohnung und sagte: »Oh, wie nett; Sie sind also der Mann mit meinem Skript. Wie früh Sie da sind; Sie sagten doch…«
    »Ich war früher fertig, als ich dachte.« Chuck trat ein und musterte ihre äußerst modernen Möbel. Sie waren im neopräkolumbianischen Stil gehalten und fußten auf den neuesten Ausgrabungen der südamerikanischen Inka-Kultur.

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