Die Clans des Alpha-Mondes: Roman
Natürlich waren sie samt und sonders handgearbeitet, und an den Wänden hingen die neuen animierten Action-Gemälde, die nie aufhörten, sich zu bewegen. Dabei handelt es sich um zweidimensionale Apparaturen, die leise vor sich hinklickten wie die Brandung eines fernen Ozeans. Oder, dachte Chuck etwas praktischer, wie eine U-Bahn. Er wußte nicht genau, ob sie ihm gefielen.
»Sie haben es bestimmt bei sich«, sagte Miss Weaver erfreut. Sie trug – was ihm für diese frühe Abendstunde reichlich komisch vorkam – ein hochmodernes Pariser Kleid von jener Art, die er aus den Illustrierten kannte, aber im wirklichen Leben noch nie gesehen hatte. Er hatte von seinem CIASchreibtisch aus wirklich einen weiten Weg zurückgelegt. Ihr Kleid war so offenherzig und komplex wie die Blüten einer Nicht-T-Blume. Bestimmt, dachte er, hat sie tausend Lappen dafür hingelegt. Es war ein Kleid, in dem man sich vorstellte, wenn man eine Stellung suchte: Pattys rechte Brust, straff und nach oben deutend, lag völlig frei. Es war in der Tat ein äußerst modisches Kleid. Hatte sie einen anderen erwartet? Bunny Hentman vielleicht?
»Ich wollte gerade ausgehen«, erklärte Patty. »Zu einer Cocktail-Party. Aber ich werde anrufen und absagen.« Sie ging zum Bildfon, und ihre spitzen, hohen Hacken klackten über den synthetischen Erdboden im Inka-Stil.
»Ich hoffe, das Skript gefällt Ihnen«, sagte Chuck. Er wanderte ein bißchen herum und kam sich unbedeutend vor. Es war alles ein bißchen viel für ihn – das kunstvoll gearbeitete, teure Gewand, die handgearbeiteten Möbel… Er blieb vor einem Gemälde stehen und schaute zu, wie sich die nichtgegenständliche Oberfläche verschob, veränderte und stets neue – sich nie wiederholende – Kombinationen bildete.
Patty kehrte von ihrem Anruf zurück. »Ich habe ihn noch erwischt, bevor er die MGB-Studios verließ.« Sie sagte nicht, um wen es genau ging, und Chuck beschloß, nicht danach zu fragen. Die Antwort würde ihn wahrscheinlich nur noch kleiner machen. »Einen Drink?« Patty ging an ein Sideboard und öffnete ein hölzernes, goldenes präkolumbianisches Türchen, hinter dem jede Menge Flaschen aufgereiht waren. »Wie wär’s mit einem ionischen Wuzzball? Das Zeug ist ein Hammer; Sie müssen es einfach probieren. Ich wette, in Nordkalifornien hat noch keiner was davon gehört. Ihr da oben seid so…« Sie machte eine Geste. »… abgehoben.« Sie fing an, die Drinks zu mixen.
»Kann ich helfen?« Chuck stellte sich neben sie und kam sich bedeutend und fürsorglich vor. Zumindest wollte er so wirken.
»Danke, nein.« Patty reichte ihm fachmännisch ein Glas. »Ich möchte Sie etwas fragen«, sagte sie, »und zwar bevor ich mir das Skript ansehe. Ist meine Rolle groß?«
»Ahm«, machte Chuck. Er hatte sie so groß gemacht, wie er konnte, doch Tatsache war, daß sie nur eine Nebenrolle spielte. Zwar konnte man durchaus sagen, daß sie die Kotelettes bekam, aber die Schnitzel gingen – aus verständlichen Gründen – an Bunny.
»Sie meinen also, daß sie klein ist«, sagte Patty, ging auf die bankartige Couch zu und setzte sich. Die Blüten ihres Kleides breiteten sich rechts und links neben ihr aus. »Ich möchte bitte das Drehbuch sehen.« Eine scharfsinnige und rein professionelle Aura umgab sie jetzt; sie war absolut kühl.
Chuck nahm ihr gegenüber Platz und gab ihr das Manuskript. Es enthielt auch jene Szenen, die er Bunny geschickt hatte – und die neuesten Teile, besonders ihre Rolle, die Bunny noch nicht gesehen hatte. Vielleicht war es nicht richtig, daß er Patty das Skript zeigte, bevor Bunny es gesehen hatte… aber er hatte sich nun mal entschieden, mochte es ein Fehler sein oder nicht.
»Diese andere Frau…«, sagte Patty kurz angebunden; sie brauchte nicht lange, um die Seiten durchzublättern. »… seine Gattin. Die Xanthippe, die Siggi umbringen will. Ihre Rolle ist viel größer. Sie kommt ständig vor, aber ich bin nur in einer einzigen Szene zu sehen. In seinem Büro, als ich gerade… ins CIA-Hauptquartier reinkomme.« Sie deutete auf die Stelle.
Patty sprach die Wahrheit. Chuck hatte zwar sein Bestes getan, aber mehr war für sie nicht drin. Eine Tatsache war eine Tatsache, und Patty war beruflich zu klug, um sich hinters Licht führen zu lassen.
»Ich habe sie so groß gemacht, wie ich konnte«, sagte Chuck ehrlich.
»Es ist fast eine von diesen fiesen Rollen, für die man nur deswegen ein Mädchen braucht, damit es dasteht und sexy
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