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Die Clans von Stratos

Die Clans von Stratos

Titel: Die Clans von Stratos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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schlechten Wetters.
    Hier in der dichten Atmosphäre von Stratos waren die kurzen, wenn auch notwendigen Sommerphasen rasch wieder vergessen, während der Winter für alle eine lange, friedlich überschaubare Zeit darstellte. In periodischen, dicken Fronten kamen die Regenwolken, luden ihre feuchte Last über den Kontinenten ab und saugten sich dann über den Ozeanen wieder voll. In den langen Intervallen zwischen den Stürmen nährte die Sonne sanft gebeugte, lichthungrige Feldfrüchte, und übertrumpfte ihren Gefährten, den Wengelstern, so mächtig, daß der weiße Zwerg nur noch ein schwacher Schimmer am tagblauen Himmel war, zu schwach, um auch nur einen Matrosen auf Landurlaub zu schicken. Nachts blitzten keine Aurorae, sondern es gab verstreute Sternbilder, die ausgelassen über dem rastlosen Luftstrom der Stratosphäre funkelten.
    Bald ist Herbstende, dachte Maia, während sie beobachtete, wie die Konstellation Thalia langsam in den Zenith emporstieg. In Port Sanger werden bestimmt schon die Dekorationen hervorgeholt. Alle Freudenhäuser schließen bis Mittwinter, und die Männer aus den Reservaten schlendern durch die geöffneten Tore und falten aus ihren alten Passierscheinen Papierschwalben. Sie bekommen Süßigkeiten und Apfelwein, Kinder reiten auf ihren Schultern, ziehen sie am Bart und bringen sie zum Lachen.
    Obgleich die Brunstzeit praktisch vorüber gewesen war, als Maia und Leie zu ihrer unheilvollen Reise aufbrachen, markierte der Herbstend-Tag den wirklichen Beginn der ausgiebigen Friedenszeit des Winters, die fast die Hälfte der langen, ungleichen Jahreszeiten ausmachte, in der die Männer so harmlos waren wie Lugars und das größte Problem darin bestand, wie man sie dazu brachte, von ihren Büchern oder ihrer Schnitzerei oder ihrem Spielbrett aufzublicken. Die halbe Stadtwache löste sich auf und wurde erst im Frühling wieder eingesetzt. Wozu brauchte man Schutzpatrouillen, wenn man auf den Straßen so sicher war wie in den Häusern?
    Maia hatte gewußt, daß sie das Herbstende wahrscheinlich nie wieder in Port Sanger feiern würde. Aber sie hatte nicht damit gerechnet, den Festtag im Gefängnis verbringen zu müssen. Würde sie auch noch zur Farsun-Zeit hier sein? Irgendwie bezweifelte sie, daß ihre Gefängniswärterinnen dann ein Fest veranstalten würden – mit heißem Punsch und Glücksbringern für die Passanten. (Welchen Passanten?) Wahrscheinlich würde sich auch keine Guel-Wächterin als Frost-Fee verkleiden, ihre Zauberleiter nehmen, ihren Zauberstab schwingen und braven kleinen Mädchen Süßigkeiten und Trillerpfeifen und andere Lärminstrumente schenken.
    Nein, verdammt! Bis zum Farsun-Tag bin ich weit weg von hier! Maia unterdrückte das Heimweh, das sie plötzlich überkam.
    Schließlich schüttelte sie diese beunruhigenden Gedanken ab und nahm ihren Miniatursextanten zur Hand, um sich auf das nächstliegende Problem zu konzentrieren. Sie wußte weder das Datum noch die genaue Uhrzeit. Ohne akkurate Uhr war es unmöglich, ihre Ost-West-Position zu bestimmen, selbst wenn ihr Sextant einwandfrei funktionierte. Die Längenmessung würde immer schwammig ausfallen.
    Aber für die Bestimmung des Breitengrades braucht man keine genaue Uhrzeit. Man muß nur den Himmel kennen.
    Ich wollte, ich hätte mein Buch, dachte sie und fragte sich wieder einmal, ob die Stationsvorsteherin in Holly Lock die Tasche mit Maias spärlichen Habseligkeiten bereits weggeworfen hatte. Das schmale Bändchen enthielt sämtliche Positionen der Sterne, die für eine Messung wichtig waren. Ohne das Buch mußte Maia sich ganz auf ihr Gedächtnis verlassen.
    Sie stützte die Ellbogen auf den Sims der schmalen Öffnung in der Wand und peilte erneut Taranis an, eine kompakte Sterngruppe, von der man behauptete, daß der Feind vor langer Zeit zwei ihrer Planeten zerstört hatte, ehe er sich auf den Weg machte, um Stratos zu unterwerfen. Wenn sie eine Scheibe drehte, bewegte sich das Bild in ihrem Fadenkreuz, bis es sich im winzigen Spiegel des Sextanten mit dem präriescharfen Rand des südlichen Horizonts deckte. Sie senkte das Gerät, um die Skala abzulesen, und kritzelte eine Zahl in ihr Notizbuch.
    Wenigstens hatte es eine einfache Lösung für das Problem der Schreibgeräte gegeben. Am Fuß ihrer provisorischen, unbeholfen mit Teppichen belegten Beobachtungspyramide lagen die Überreste einer kaputten Kiste. Kurz nach Sonnenuntergang hatte Maia sich über eine Stunde lang damit abgemüht, die Kiste zum

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