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Die Clans von Stratos

Die Clans von Stratos

Titel: Die Clans von Stratos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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einst eine Gruppe kleinerer Inseln von einer urtümlichen Kraft auseinandergerissen worden war, vermutlich von der gleichen Kraft, die auch den Krater auf Grimké verursacht hatte. Spuren versengten Steins schimmerten wie Narbengewebe an den zerklüfteten Felsbrocken, die der Küstenlinie ihre eigenen Windungen hinzufügten. Die Uferkonturen sahen aus wie die eines vielstrahligen Sterns mit abgerundeten Auswüchsen anstelle der Spitzen, unterbrochen von unregelmäßigen Einschnitten.
    Ein paar Minuten später entdeckte Maia in einem solchen Einschnitt eine Lagune, so ruhig wie aus Glas.
    »Da ist es!« rief sie. »Perfekt. Wir können einfach reinsegeln und vor Anker gehen…«
    »Shiva und Zeus!« fluchte Brod. »Maia, duck dich!«
    Sie konnte sich gerade noch auf den Boden werfen, während Brod so hart beidrehte, daß der Baum über das kleine Boot hinwegfegte, direkt dort, wo vor Sekundenbruchteilen noch Maias Kopf gewesen war.
    »Was soll denn das?« schrie sie. Aber der junge Mann antwortete nicht. Er hatte das Steuer so fest umklammert, daß seine Fingerknöchel weiß wurden, und seine Augen waren absolut konzentriert. Als sie den Kopf hob, blieb Maia die Luft weg. »Die Draufgänger!«
    Die dreimastige Schoneryacht kam von Südwesten auf sie zugebraust, fast direkt aus dem Sonnenuntergang. Der Anblick ihrer gebauschten Segel, die sich anstrengten, das ohnehin halsbrecherische Tempo noch zu beschleunigen, war atemberaubend. Bis Maia und Brod ihr kleines Schiffchen mühsam durch ein paar Wendemanöver gepeitscht hatten, hatte das Freibeuterschiff bereits den halben Weg zwischen zwei Inseln hinter sich gebracht.
    »Glaubst du, sie haben uns noch nicht gesehen?« fragte Maia und kam sich dabei unglaublich dumm vor. Doch Brod hegte allem Anschein nach dieselbe Hoffnung wie sie, denn er versuchte, hinter die Klippe zu gelangen, die sie gerade zuvor umrundet hatten. Vielleicht hatte der Ausguckposten der Freibeuter gerade ein Nickerchen gehalten…
    Doch dann hörten sie ein Pfeifen, und alle Hoffnung war zunichte. Maia kniff die Augen gegen das Sonnenlicht zusammen und beobachtete die Silhouetten, die sich am Bug drängten und in ihre Richtung deuteten. Möglicherweise löste bei manchen der Anblick das Gefühl eines Déjà-vu aus, so ähnlich war die Situation der von heute morgen – nur daß es diesmal kein kleiner Segler war, der auf sie zukam sondern ein Frachter, auf Geschwindigkeit und Angriffskraft frisiert. Qualm stieg aus den Schornsteinen, die Kessel wurden hochgeheizt. Maia stieg der unangenehme Kohlengestank in die Nase, aber sie überlegte blitzschnell.
    »Es hat keinen Sinn zu fliehen!« erklärte sie Brod. »Sie sind viel schneller, sie haben Kanonen und vielleicht eine Radarausrüstung. Selbst wenn wir ihnen entwischen, suchen sie die ganze Nacht nach uns, und wir zerschellen in der Dunkelheit.«
    »Ich bin für jeden Vorschlag dankbar!« fauchte ihr Partner ungeduldig. Schweißperlen standen ihm auf Oberlippe und Stirn.
    Maia packte ihn am Arm. »Nimm Kurs nach Westen. Wir gehen schärfer an den Wind. Wenn die Draufgänger uns folgen will, muß sie die Segel reffen. Vielleicht sind ihre Maschinen noch nicht heiß. Wenn wir Glück haben, können wir uns in diesem Labyrinth davonmachen.« Sie wies auf die zerklüftete Küstenlinie von Jellicoe Island.
    Brod zögerte, nickte dann aber. »Wenigstens überraschen wir sie damit. Alles klar?«
    Maia packte den Baum und machte sich bereit zum Niederholen. »Fertig, Käpt’n!«
    Er schnitt eine Grimasse über ihren stehenden Witz. Maia mußte die Übelkeit niederkämpfen, denn in ihrem Magen herrschte der übliche Aufruhr von Angst und Adrenalin.
    Soviel also zum Thema Glückssträhne, dachte sie. Ich hätte es besser wissen müssen.
    »In Ordnung«, sagte Brod mit einem tiefen Seufzer, der sicher etwas Ähnliches bedeutete. »Dann mal los.«
     
    Jetzt kam alles auf den nächsten Kanal an. Welchen Wendekreis hatte das große Schiff? Welche Waffen würde es einsetzen?
    Wie erwartet war das Kleinboot wesentlich wendiger. Die Draufgänger zögerte zu lange, nachdem Brod den Kurs geändert hatte, und als sie endlich gewendet hatte, fiel sie zurück und geriet querab zum Wind. Brod und Maia dagegen bekamen Fahrt nach Westen. Die Seeleute an Bord des Freibeuterschiffs schufteten und zurrten Segel, damit die noch kalten Maschinen nicht gegen sie arbeiten mußten. Der Rest der Crew stand an der Reling. Ob sie das Kleinboot wiedererkennen? überlegte Maia.

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