Die Clans von Stratos
den Geröllhügel in einen trümmerbedeckten Keller hinab. Rostige, verbeulte Fässer lagen übereinandergepurzelt an der Wand. Der einzige Ausgang führte über eine halb zerbrochene Eisentreppe, der zahlreiche Futtersrufen fehlten und die anscheinend Bekanntschaft mit großer Hitze gemacht hatte. Doch man konnte sie hinaufklettern… wenn man äußerst vorsichtig war. Gemeinsam erreichten sie den obersten Absatz und drehten den Knauf einer einfachen Metalltür. Sie mußten zu zweit kräftig dagegendrücken, um die verbogenen Angeln zu bewegen, aber schließlich zwängten sie sich in einen Korridor, der doppelt so breit war wie der bisherige.
Eine entsetzliche Hitze mußte irgendwann durch den Bereich gezogen sein, der dem beschädigten Keller am nächsten lag. Es gab noch weitere Metalltüren, einige zugeschmolzen, andere offen, so daß Maia und Brod dahinter einen Blick in trümmerbedeckte Räume werfen konnten. Nirgends ein Hinweis, welchem Zweck sie einst gedient hatten. Sogar die robusten Tunnelwände trugen Spuren, wo der Verputz geschmolzen und kurz darauf in tropfenförmigen Schichten wieder erstarrt war. Der Anblick erinnerte die beiden Sommerlinge daran, wie durstig sie waren.
Als sie die beschädigte Region hinter sich hatten, kamen sie in einen Abschnitt des Korridors, der besser erhalten und majestätischer war, mit einer hohen, gewölbten Decke, wie Maia bisher noch keine gesehen hatte. Ihre Schultern spannten sich, und sie hätte am liebsten in alle Richtungen auf einmal gespäht. Immer wieder glaubte sie Schritte oder Stimmen zu hören… ein geheimnisvolles Flüstern. Aber anscheinend gab es hier nicht einmal Gespenster.
Wie auf Grimké konnten sie keine Anzeichen für einen geordneten Rückzug entdecken. Die meisten Räume, in die sie hineinsehen konnten, waren leer. Die ganze Ecke der Insel muß durchlöchert sein, dachte Maia. Gleichzeitig erinnerte sie sich an das Versprechen, das sie Brod gegeben hatte – daß sie den Schlüssel zum Überleben in der Hand hielten, nachdem sie das Rätseltor durchschritten hatten. Bisher war alles großartig und beeindruckend, aber sie hatten noch nichts gefunden, was ihr Überleben sicherte.
Vielleicht findet irgendein Forscher irgendwann unsere Knochen, überlegte Maia grimmig. Und fragt sich, was für eine Geschichte dahintersteckt.
In diesem Augenblick jubelte Brod: »Hurra!« Er humpelte voraus und führte Maia zu einem Raum, den er entdeckt hatte. Flackernd gingen die Lichter an, als er eintrat, zu einem fliesenverkleideten Bassin trat und murmelte: »O Herr, mach, daß es klappt!«
Wie als Antwort auf sein Gebet begann aus einem metallenen Hahn eine klare Flüssigkeit zu strömen – frisches Wasser, wie Maia am Geruch rasch erkannte. Brod steckte den Kopf unter den Strahl und schlürfte gierig, während Maia vor Durst fast schwindlig wurde. Vor lauter Eifer stieß sie mit dem Kopf an das Porzellanbecken neben seinem, aber dann stillte auch sie ihren Durst, hastig schlürfend, als könnte der Strahl jeden Moment versiegen, und der Geschmack erschien ihr noch viel feiner als der von geplündertem Lamatia-Wein.
Schließlich wandten sie sich benommen und atemlos um und nahmen den seltsamen, eindrucksvollen Raum näher in Augenschein.
»Glaubst du, es ist ein Lazarett? Oder eine Fabrik?« fragte Maia. Vorsichtig näherte sie sich einer der breiten, ebenfalls gefliesten Kabinen; jede hatte eine Glastür, die weit offenstand. »Wofür sind diese Röhren?«
Sie beugte sich vor, um die Öffnungen in der Keramik zu betrachten, und jaulte laut auf, als sie plötzlich lebendig wurden und Wasserdampf versprühten. »Au, au!« schrie sie und wedelte mit dem Arm, dessen Haut gerötet war. »Das ist eine Maschine, mit der man Farbe ablösen kann!«
Brod schüttelte den Kopf. »Ich weiß, das scheint absurd, Maia, aber das kann nur…«
»Niemals!«
»Doch. Das ist ein Duschraum.«
»Vielleicht um den Lugars die Haare wegzusengen?« meinte sie zweifelnd. »Waren die Alten denn Riesen, daß sie soviel Platz brauchten? Hatten sie eine Haut aus Leder?«
Brod kaute auf der Unterlippe. Versuchsweise lehnte er sich gegen den Türrahmen und streckte den Arm hinein. »Diese kleinen, daumengroßen Fensterchen hier – ich hab die gleichen in dem ältesten Gebäude der Kanto-Bibliothek gesehen, zu Hause in der Stadt. Sie merken, wenn man sich ihnen nähert. Daher wußten die Wasserhähne auch, wann sie für uns angehen mußten.«
Noch mehr Dampf quoll hervor, dem
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