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Die Clans von Stratos

Die Clans von Stratos

Titel: Die Clans von Stratos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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bin Brill aus dem Clan der Upsala.« Die anmutige Brünette senkte den Kopf. »Ich führe Tests durch, für den Staatsdienst.«
    Maia spürte Odos angespannte Reaktion, als wäre ihr etwas begegnet, was viel besorgniserregender war als jeder Angriff von Naroin, Clevin oder selbst von der aristokratischen Iolanthe. »Ich würde mich geehrt fühlen, Brill aus dem Clan Upsala«, platzte Maia heraus, und der kalte Schweiß fühlte sich unter dem schweren Gewand unangenehm klebrig an. »Komm, wann immer es dir beliebt.«
    Die Lichter des Atrium verblaßten zum sanften Klingeln einer Glocke, die das Ende der Pause einläutete.
    Odo nahm demonstrativ Maias Hand und drückte sie kurz und schmerzhaft. »Zeit, zu unseren Plätzen zurückzugehen«, sagte sie zu Iolanthe und den anderen. »Viel Spaß noch. Komm, Maia.«
    Eisiges Schweigen herrschte zwischen ihnen, während sie zu ihrer Loge emporstiegen. Als sie sich setzten und die Lichter erloschen, fühlte Maia, wie Odo sich zu ihr beugte. »Wenn du noch mal so einen Trick wie heute abziehst, mein lieber junger versprengter Samen, dann wirst du es bereuen. Es hängt nicht nur dein eigenes Leben davon ab, daß du demnächst eine bessere Schauspielerin wirst.«
    Maia hatte noch weniger Lust auf den zweiten Akt. Die Musik klang wie Maschinengedröhn, die bunten Kostüme kamen ihr affig und albern vor. Nur eins lenkte sie einen Moment lang von ihrem Elend ab. Während sie lustlos über das extravagante Volk unter ihr hinwegblickte, entdeckte sie zwei Gesichter, beide identisch mit dem von Brill, der Frau, die sie eben in der Lobby kennengelernt hatte.
    Das erste gehörte der Dirigentin. Das zweite war die Tenorstimme, die sich einen künstlichen Bart ans Kinn geklebt hatte und mit pseudomännlicher Hingabe hüpfte und trällerte. Sie spielte die archetypische Opernrolle des betrogenen Herausforderers von Mutter Natur, den Inbegriff der Hybris – Faust.
     
    Eine weitere Woche verstrich. Jeden Morgen ließ Odo Maia in neue Kleider stecken, ehe sie mit ihr in, der offenen Kutsche eine Ausfahrt auf der Promenade unternahm. So konnte die Persim-Frau ihre Gefangene vor den Spaziergängern und Passanten vorzeigen, ohne erneut einen engen persönlichen Kontakt zu riskieren.
    Anfangs war Maia überwältigt von den Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt – das Rathaus, die Universität, der Große Tempel – sie kam sich fast wie eine ganz normale Touristin vor. Aber die Faszination dauerte nicht an. Jedesmal, wenn sie in ihr Zimmer in der Persim-Feste zurückkehrte, befreite sich Maia so schnell wie möglich von ihrem grotesken Putz und reagierte sich mit einem ausführlichen Körpertraining ab. Inzwischen waren die Wachen verschwunden, doch Maia fühlte sich hier eingesperrter als in Long Valley oder auf Grimké Island.
    Am Fridinstag erlebte Maia bei ihrer morgendlichen Ausfahrt vor einem der majestätischen, säulengeschmückten öffentlichen Gebäude eine tumultartige Szene. Uniformierte Soldaten und Disziplinarbeamte versuchten, mehrere Demonstrantengruppen zurückzudrängen. Eine, die aus Männern in vielfarbigen Gildentuniken bestand, machte einen auffallend matten und demoralisierten Eindruck. Maia konnte nur einen Teil dessen lesen, was auf den schlaff herabhängenden Spruchbändern stand. JELL… RMER war zwischen zwei Falten zu lesen.
    Plötzlich begann Maias Herz zu pochen. Direkt vor ihnen, am Straßenrand, an dem die Kutsche gleich vorbeifahren würde, stand Clevin, ihr Vater, in ernstem Gespräch mit Iolanthe. Sofort raunte Odo der Fahrerin etwas zu, und sie schnippte mit den Zügeln. Die Pferde wechselten in Trab. In diesem Moment sah Clevin auf, direkt in Maias Augen, und hob die Hand, als wollte er ihr zuwinken.
    Doch der Moment war viel zu schnell vorüber. Odo stieß ein kurzes, zufriedenes Schnauben aus, als Maia sich in die Plüschpolster zurücksinken ließ.
    Die Männer brauchen Hilfe, dachte sie verzweifelt. Wenn ich frei wäre, könnte ich ihnen vielleicht Mut machen. Wenn ich nur…
    Sie schüttelte den Kopf. Nichts war es wert, dafür das Leben von Leie oder Brod zu opfern. Und schon gar nicht ein politisches Anliegen, das von Anfang an zum Scheitern verurteilt war. Egal wie sehr sie sich anstrengte, das Schicksal konnte sie nicht ändern.
    Wortlos fuhren sie zurück zur Persim-Feste. Maia riß sich die steifen Kleider vom Leib, machte ihre Übungen und kroch ins Bett.
    Am nächsten Tag fand Maia auf ihrem Frühstückstablett neben dem Orangensaft eine Zeitung.

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