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Die Company

Die Company

Titel: Die Company Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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seines Sohnes Anthony verlassen musste, aber andererseits wollte er sich einen so aufregenden Sonderauftrag nicht entgehen lassen. Anthony, ein Rotschopf, war genau drei Jahre nach der Heirat von Jack und Millie Owen-Brack zur Welt gekommen. Jacks e hemaliger Kommilitone und Wohngenosse während des Studiums, Leo Kritzky, war nicht nur sein Trauzeuge gewesen, sondern jetzt auch Pate des Jungen; Ebbys Frau Elizabet, die sich mit Millie angefreundet hatte, war seine Patin. Elizabets Tochter Nellie hatte alle entzückt, als sie auf Anthonys Taufe Hand in Hand mit Ebbys Sohn Manny auftauchte, beide mit großen Augen und todernst, wie ein Zwergenpaar. Der Geistliche, der von Anthonys seltsamem Muttermal in Form eines dunklen Kreuzes auf dem kleinen Zeh des rechten Fußes fasziniert gewesen war, hatte das Baby mit Weihwasser getauft, und anschließend waren alle zu einem Gruppenfoto hinaus ins Sonnenlicht getreten. Ein gerahmter Abzug hing jetzt in Jacks Apartment in Arlington; darauf posierte Millie mit dem kleinen Täufling auf dem Arm und blickte ihren Mann liebevoll an.
    Der Whiskey und das Dramamin hatten eine wohltuende Wirkung, und Jack schlenderte nach vorn ins Cockpit, um sich die Beine zu vertreten. »Da rechts unten ist die texanische Küste!«, rief der Pilot. »In gut einer Stunde müssten wir den Golf von Honduras überfliegen. Und dann ist es nur noch ein Katzensprung.«
    »Den Ausblick bei der Landung sollten Sie sich nicht entgehen lassen«, empfahl der Copilot. »Wir kommen direkt vor einem Vulkan rein. Die Landschaft ist umwerfend.«
    Und wirklich, die Landung in Retalhuleu war ein Erlebnis. Der noch aktive Vulkan namens Santiaguita ragte über der Kaffeeplantage auf, die man der Wildnis der Sierra Madre abgerungen hatte. Die C-54 umflog ihn und tauchte dann so schnell hinunter in einen dichten Nebel, dass Jack das Herz in die Hose rutschte. Im letzten Augenblick klärte sich der Nebel, und ein langer Teerstreifen – die nagelneue Landebahn der CIA – kam in Sicht. Das Transportflugzeug setzte hart auf, hob kurz wieder ab, setzte erneut auf und rollte dann mit vibrierendem Rumpf am Ende der Landebahn aus. Ein alter orangefarbener Löschwagen, einige Armeelaster und ein Jeep kamen über die Landebahn angebraust und hielten nahe der Ladeluke. Jack warf seinen Seesack zur Flugzeugtür hinaus und sprang hinterher. Ein dünner Kubaner in blank gewichsten Kampfstiefeln und frisch gewaschenem Overall stieg aus dem Jeep und kam auf ihn zu.
    »Ich bin Roberto Escalona«, erklärte er.
    »Jack McAuliffe«, sagte Jack.
    »Willkommen am Arsch der Welt«, sagte Escalona mit einem ironischen Grinsen.
    Jack warf seinen Seesack in den Jeep und stieg neben Escalona ein. Der Kubaner war Feldkommandeur der Brigade 2506 und Berufsoffizier. Er hatte eine Revolte gegen den kubanischen Diktator Batista angeführt und deswegen im Gefängnis gesessen, bevor Castro ihn vertrieben hatte. Escalona ließ die Kupplung kommen, und der Jeep schoss von der Landebahn auf einen Feldweg, holperte dann von einem mit Regenwasser gefüllten Erdloch zum nächsten den Berg hinauf.
    Jack hielt sich mit aller Kraft fest. Schließlich erreichten sie eine Lichtung, auf der mehrere Reihen von Nissenhütten standen. Der Brigadekommandeur stieg auf die Bremse, und der Wagen kam rutschend vor der Scheune zum Stehen, in der früher Kaffee sortiert wurde und die jetzt den achtunddreißig »Beratern« der Brigade als Unterkunft diente. Ein Holzplankenweg führte zum Eingang der Scheune. Auf beiden Seiten des Weges zitterten sorgsam gehegte, hüfthohe Marihuanapflanzen in der frischen Morgenluft.
    »Möchten Sie meinen Wunschzettel hören, Mr. McAuliffe?«, fragte der Kubaner.
    »Sie verschwenden wirklich keine Zeit«, bemerkte Jack.
    »Drei Dinge verschwende ich nie: Munition, Worte und Zeit«, sagte der Kubaner sachlich. »Davon gibt es nämlich nie genug.«
    »Mein Auftrag lautet, als Vermittler zwischen Ihnen und Washington zu fungieren«, sagte Jack. »Sie schildern mir die Probleme hier vor Ort, und ich leite diejenigen weiter, die ich für wichtig genug erachte.« Jack zückte ein Notizbuch und einen Stift.
    Escalona zog einen kleinen, zerknitterten Block aus der Hemdtasche und setzte seine Lesebrille auf. »Also dann. Erstens, die CIA muss die Rekruten in Miami besser unter die Lupe nehmen, bevor sie sie herfliegen. Letzte Woche hab ich einen Mann bekommen, der ein verurteilter Mörder ist. Ein anderer ist geistig zurückgeblieben und hält

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