Die Company
Kuba?«, fragte er unvermittelt.
Leo blickte rasch zu Adelle hinüber, dann sagte er: »Über Kuba weiß ich nur das, was in den Zeitungen steht.«
»Leo, Leo, ich bin’s, Phil Swett. Ich bin der Bursche, der auf die Idee gekommen ist, dass Lyndon Johnson nicht abgeneigt wäre, wenn Jack Kennedy ihm die Vizepräsidentschaft anbieten würde. Wenn Jack tatsächlich ins Weiße Haus einzieht, stehen die Leute Schlange, um mir die Hand zu schütteln. Du könntest wirklich aufhören, mich wie einen russischen Spion zu behandeln. Gott und die Welt wissen, dass sich in der Karibik irgendwas zusammenbraut. In Jacks Wahlkampftruppe ist es ein offenes Geheimnis, dass er über irgendeine bevorstehende Anti-Castro-Operation unterrichtet worden ist.«
Leo blickte seinem Schwiegervater in die Augen. »Phil, ich kann dir nur sagen, dass ich auch nicht mehr weiß als du.«
Adelles Augen funkelten belustigt. »Der Gedanke, dass Leo mehr wissen könnte als du, macht dich wahnsinnig, nicht wahr, Daddy?«
Swett war kurz davor, aus der Haut zu fahren. »Herrgott noch mal, Harry Truman und Eisenhower und Jack Kennedy behandeln mich wie einen patriotischen Amerikaner. Aber mein eigener Schwiegersohn tut gerade so, als würde ich für den Kreml arbeiten.«
»Phil, du kannst mir glauben, wenn ich was über eine Operation in Kuba wüsste, würde ich es dir sagen. Ich finde, wenn Jack Kennedy davon unterrichtet wurde, kannst du es ruhig auch wissen. Aber die Company besteht aus vielen Abteilungen. Ich habe nun mal mit diesem Winkel der Welt nichts zu tun. Okay?«
Swett brummte. »Wahrscheinlich hast du wirklich keinen blassen Schimmer. Ich hab gesehen, wie verblüfft du warst, als ich dir von dem offenen Geheimnis unter Jacks Wahlkampfleuten erzählt habe.«
»Leo würde dich wirklich nicht anlügen, Daddy.«
»Ehrlich gesagt, ich war wirklich überrascht«, gab Leo zu.
Leo wartete, bis der Wachmann seinen Ausweis überprüft hatte, dann durchquerte er die Lobby von Quarters Eye, einer ehemaligen Kaserne in der Nähe des Ohio Drive in Washington, die Bissell für JMARC requiriert hatte, und ging durch den engen, schwach erhellten Flur zu einer grünen Tür mit der Aufschrift: ZUTRITT NUR FÜR BEFUGTE. Er tippte die Codenummer in das Kästchen an der Wand und hörte ein leises Summen, als das Schloss sich öffnete. In Bissells Kuba-Kommandozentrale hingen zwei riesige Karten an der Wand. Eine zeigte die Insel Kuba, die andere die Karibik, und beide waren mit Plastikfolien bespannt, auf die taktische Details aufgezeichnet werden konnten. Leos Sekretärin, eine mütterliche, grauhaarige Frau namens Rosemary Hanks, saß an ihrem Schreibtisch vor Leos Büro und sortierte gerade die Post. Sie wedelte mit einem Nachrichtenformular und sagte: »Gute Neuigkeiten: Wir haben noch mehr B-26-Bomber auf getrieben, eine ganze Flotte davon in Tucson, Arizona.«
»Das sind wirklich gute Neuigkeiten«, bestätigte Leo. Er nahm die Meldung, ging in sein Büro, setzte sich an den Schreibtisch und las sie durch. Bissell hatte beschlossen, hauptsächlich alte B-26-Bomber aus dem Zweiten Weltkrieg in der kleinen Luftwaffe der kubanischen Exilbrigade einzusetzen, weil nach dem Krieg Hunderte dieser Maschinen in alle Welt verkauft worden waren, was bedeutete, dass Washington plausibel abstreiten konnte, den Exilkubanern die Flugzeuge zur Verfügung gestellt zu haben. Die Flugzeuge würden »sterilisiert« – das heißt alle Nummern und Insignien, die verraten konnten, wo die Bomber herkamen, würden entfernt – und dann zu dem Flugplatz geflogen werden, der unterhalb der Helvetia-Basis in Retalhuleu errichtet wurde. Anschließend würden Piloten, die man aus der Exilgemeinde in Miami angeworben hatte, für Kampfeinsätze über Kuba ausgebildet werden. Leo ging den Postordner durch, Meldung für Meldung, und leitete einiges an JMARC-Offiziere im Gebäude weiter.
Anschließend nahm er sich den Metallordner mit dem roten Strich quer über dem Deckel vor. An diesem Morgen enthielt er nur eine Nachricht, eine entschlüsselte Meldung von einem der Compaq-Agenten in Havanna. Der Mann hatte an einer Cocktailparty für Fidel Castros Bruder Raoul teilgenommen. Seinem Bericht nach war Ernesto »Che« Guevara, der argentinische Arzt, der an Castros Seite gekämpft und es zur zweitmächtigsten Figur in Kuba gebracht hatte, gerade aus Moskau zurückgekehrt, zusammen mit Castros in Amerika ausgebildetem Chef der Dirección General de Inteligencia, dem bärtigen,
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