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Die Company

Die Company

Titel: Die Company Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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Dominoeffekt«, konterte Nellie. »Wenn Vietnam fällt, glaub mir, dann dauert es nicht lange, und Laos, Kambodscha und Thailand fallen auch. Ganz Südostasien wird kommunistisch, Japan steht ganz allein da, und die amerikanischen Interessen in Asien sind gefährdet. Man braucht nicht viel von Politik zu verstehen, um zu begreifen, dass wir irgendwo die Grenze ziehen müssen.«
    »Du hörst dich an wie Joe Alsop von der Washington Post «, sagte Manny. »Du übersiehst genau wie er, dass der Krieg in Vietnam ein politisches Problem ist, das eine politische Lösung verlangt, keine militärische.«
    »Mag sein, dass ich mich anhöre wie Joe Alsop, aber ich sehe nicht aus wie er«, entgegnete sie sanft.
    Manny musste grinsen; irgendwie schaffte Nellie es immer, ihn aus der Reserve zu locken. »Nellie, wie konnte das mit uns nur passieren …« Manny blickte sich nervös um, senkte dann die Stimme. »Ich meine, wir sind doch praktisch Geschwister.«
    Nellie schob sich näher an ihn heran. »Wie uns die Bibel lehrt, ist Inzest ein Fest, Manny.«
    »Sei doch mal ernst.«
    »Lass dich nicht von dem Lächeln täuschen – ich bin immer ernst. Ich finde, wenn Gott strikt gegen Inzest wäre, hätte er mit zwei Paaren in zwei Gärten angefangen. Also vermute ich, dass er Inzest nicht ganz so schlimm gefunden hat. Wie wär’s, wenn wir einen neuen Anlauf machen? Unser Abenteuer für eine Nacht damals im Studium hat einen Monat gedauert. Wenn wir es auf einen Monat anlegen, wer weiß? Vielleicht dauert es dann ja ein Jahr.«
    Manny, dem unbehaglich zu Mute war, flüchtete sich in einen Scherz. »Ausgeschlossen, Nellie. Ich bin allergisch gegen Zigaretten. Ich kann unmöglich mit einer Raucherin zusammen sein.«
    Nellie fasste ihn am Arm. »Wenn du mich nur ein klitzekleines bisschen lieb hättest, würdest du auch rauchen. Was hältst du davon, wenn wir heute Abend ins Kino gehen?«
    »Ich kann nicht – ich habe Nachtschicht von acht bis acht.«
    »Dann eben morgen Abend.«
    »Ich verstehe dich nicht, Nellie. Du könntest doch an jedem Finger zehn haben. Warum ich?«
    Nellie betrachtete Manny einen Augenblick lang. »Glaub mir, das frage ich mich auch. Vielleicht weil unser Abenteuer für eine Nacht einen Monat gedauert hat. Irgendwas … war anders.«
    Manny zog zustimmend die Augenbrauen hoch. »Du jagst mir einen Heidenschiss ein, Nellie.«
    »Wenn es dich tröstet, ich mir auch. Also, was ist nun mit morgen Abend?«
    »Dienstag.«
    »Abgemacht.«
    In dem schmalen Durchgang zur Küche gelang es Jacks schlaksigem, vierzehn Jahre altem Sohn Anthony, seinen Patenonkel Leo Kritzky in ein Gespräch zu verwickeln. »Verfolgst du die Anhörungen in der Nixon-Sache?«, fragte der Junge.
    »Klar, geht ja durch alle Medien«, sagte Leo.
    »Glaubst du, die leiten wirklich ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn ein?«
    »Könnte schon sein.«
    »Eins versteh ich nicht, Leo.« Anthony schüttelte sich eine flammend rote Haartolle aus den Augen. »Wie kann Nixon so blöd sein, alle Gespräche im Oval Office aufzunehmen, auch die, die beweisen, dass er mit der Watergate-Affäre zu tun hat?«
    Leo zuckte die Achseln. »Ich vermute, das hängt mit seiner Persönlichkeit zusammen. Nixon spürt, dass die feine Gesellschaft an der Ostküste ihn nicht ausstehen kann. Deshalb verbarrikadiert er sich im Weißen Haus und hadert mit seinen Feinden, den echten und den eingebildeten. Mit den Tonbandaufnahmen wollte er der Nachwelt vielleicht zeigen, wie schwer er es hatte.«
    »Hast du schon mal mit Nixon persönlich zu tun gehabt?«
    »Schon oft. Ich musste ihn über bestimmte Aspekte meiner Abteilung auf dem Laufenden halten.«
    »Was denn zum Beispiel?«
    Leo musste lächeln; er hing sehr an seinem Patensohn und bewunderte ihn insgeheim für seine unverhohlene Neugier. »Du müsstest eigentlich wissen, dass du mich so etwas nicht fragen darfst, Anthony.«
    »Mann, ich bin doch kein russischer Spion. Du kannst mir vertrauen.«
    »Ich weiß, dass du kein russischer Spion bist. Aber ich werde dir trotzdem nichts erzählen, was du nicht zu wissen brauchst. So arbeiten wir nun mal in der Company. «
    »Ich hab schon längst beschlossen, dass ich nach dem College bei der Company anfange«, sagte der Junge. »Wo doch meine beiden Eltern dort arbeiten.«
    »Mach erst mal die High School zu Ende. Dann suchst du dir ein gutes College. Und nach deinem Abschluss sehen wir weiter.«
    Jack McAuliffe kam in die Küche auf der Suche nach Wein. Er winkte Anthony zu,

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