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Die Company

Die Company

Titel: Die Company Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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zugehört hatte, sagte er: »Tun Sie das vorläufig in die Präsidentenmappe. Wir verreisen noch heute Abend. Ich bin zwei Wochen nicht erreichbar, außer der Dritte Weltkrieg bricht aus … Danke, das hab ich vor.« Leo legte auf. »Die Wiener Dienststelle hat einen russischen Journalisten, der behauptet, dass Indien noch diesen Monat eine Kernexplosion auslöst.«
    »Dann werden wir demnächst wieder mit den üblichen ›Alles andere stehen und liegen lassen‹-Anfragen von Kissinger überhäuft.«
    »Kommen wir noch mal zurück auf die beunruhigenden Möglichkeiten«, sagte Jack leise.
    »Wisst ihr noch, was Castro angeblich nach der Schweinebucht-Sache gesagt hat?«, fragte Ebby. »So was in der Art wie, die Regierungsvertreter der USA sollten bedenken, dass sie selbst nicht sicher sind, falls sie Terroristen mit der Eliminierung von kubanischen Regierungsvertretern beauftragen.«
    »Bei dem Thema habe ich jedes Mal das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren«, gestand Leo.
    »Die Sache wird wohl für immer ein Rätsel bleiben«, sagte Jack.
    »Vielleicht ist es ja besser so«, sagte Ebby. »Es spricht so manches dafür, schlafende Hunde nicht zu wecken.«
    »Adelle hat mir mal erzählt, was Lyndon Johnson zu ihr gesagt hat, ein paar Tage nachdem Kennedy in Dallas erschossen worden war«, ergriff Leo das Wort. Er rührte die Eiswürfel in seinem Drink mit der Klinge eines Brieföffners um. »Kennedy wollte Castro umbringen lassen, aber Castro hat ihn vorher erwischt.«
    »Wenn Johnson dafür auch nur den Hauch eines Beweises hätte, wäre er damit rausgerückt, als die Warren-Kommission das Attentat untersucht hat«, sagte Ebby. »Ich glaube, das war nur so ein instinktives Gefühl von ihm.«
    »Die Warren-Kommission war ein Witz«, sagte Jack. »Wisst ihr noch, was Torriti in einer nicht öffentlichen Sitzung ausgesagt hat? Er hat kein Wort verlauten lassen von der Verbindung der CIA zur Cosa Nostra und den diversen Versuchen, Castro aus dem Weg zu räumen. Er hat nichts davon gesagt, dass Oswald bei einem Besuch in der sowjetischen Botschaft in Mexico-City gesehen wurde, bevor er Kennedy erschoss, oder dass Oswald sich mit einem gewissen Waleri Kostikow, seines Zeichens Eliminierungsspezialist des KGB, getroffen hat, der Verbindungen zu Leuten aus Castros engerem Kreis hatte.« Jack musste lachen.
    »Ich hab Harvey mal gefragt, wieso er der Warren-Kommission nichts von alledem erzählt hat. Wisst ihr, was er gesagt hat? Er hat gesagt, er hätte denen nichts erzählt, weil sie nicht gefragt haben.«
    Ebby schüttelte unbehaglich den Kopf. »Angenommen, Castro hat Giancana und Rosselli auf dem Gewissen, dann lautet die Frage: Hat er auch John Kennedy auf dem Gewissen?«
    »Vielleicht schreibt Fidel ja irgendwann mal seine Memoiren«, sagte Leo. »Vielleicht kriegen wir ja dann die Antwort.«
    Er blickte Leo an. »Du und Adelle, wo fahrt ihr eigentlich hin?«
    »Abrupter Themenwechsel«, sagte Jack vorwurfsvoll.
    »Ins Loire-Tal«, erwiderte Leo. »Wir machen eine Schlösser-Tour mit dem Fahrrad. Abends nach Herzenslust schlemmen und tagsüber alle überflüssigen Kalorien wieder abstrampeln.«
    »Wann warst du zuletzt in Urlaub?«, fragte Ebby.
    »Im vorletzten September haben wir eine zehntägige Radtour in Neuschottland gemacht«, sagte Leo. »Also vor zwanzig Monaten.«
    »Du hast dir ein bisschen Erholung verdient«, sagte Ebby.
    »Fahren Tessa und Vanessa mit?«, wollte Jack wissen.
    »Die Zwillinge finden es am schönsten, das Haus zu hüten, wenn die Eltern nicht da sind«, sagte Leo.
    Ebby stand auf und streckte sich. »Ich schlage vor, wir setzen ein paar Leute auf die Giancana-Rosselli-Sache an«, sagte er zu Jack. »Für den Fall, dass Castro ein paar Fingerabdrücke hinterlassen hat.«
    »Das Fehlen von Fingerabdrücken ist ein Fingerabdruck«, sagte Leo.
    »Du bist schon im Urlaub«, sagte Jack.
     
    Manny machte es sich in der Operationszentrale bequem, streifte die Schuhe ab und legte die Füße auf einen Schreibtisch voller Telefonapparate. Die Nachtschicht, für die er alle einundzwanzig Tage eingeteilt wurde, entsprach nicht gerade seiner Vorstellung von einem aufregenden Abend; viel lieber säße er jetzt mit Nellie im Kino. Die ersten ein bis zwei Stunden, in denen er die Berichte über die laufenden Operationen las, vergingen zwar schnell, doch dann setzte unweigerlich Langeweile ein; um die Nacht über die Runden zu bringen, griffen manche der rund ein Dutzend Mitarbeiter zu den

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