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Die Company

Die Company

Titel: Die Company Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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schnappte sich zwei Flaschen Beaujolais und verschwand wieder in Richtung Hobbykeller. Jack, inzwischen Ebbys Chief of Operations, trug noch immer seinen auffallenden Kosakenschnurrbart, doch sein dunkles Haar war ein wenig lichter geworden, und um die Taille hatte er sichtlich zugelegt. Für die jüngere Generation in der Company war er so etwas wie eine Legende: Der Mann, der entgegen allen Befehlen in der Schweinebucht mit an Land gegangen war.
    »Wo waren wir?«, fragte Jack, als er im Hobbykeller Weingläser füllte.
    »Am Strand in der Schweinebucht«, half ihm ein Neuling der Sowjetabteilung auf die Sprünge.
    »Nicht unbedingt für einen Badeurlaub zu empfehlen«, witzelte Jack und erntete beifälliges Lachen.
    »Wäre die Invasion geglückt, wenn Kennedy noch einen zweiten Luftangriff bewilligt hätte?«, fragte eine junge Frau.
    »Wahrscheinlich nicht«, sagte Jack nachdenklich. »Aber Chruschtschow hätte es sich bestimmt zweimal überlegt, ob er Raketen in Kuba stationiert, wenn er Kennedy nicht für einen Hosenscheißer gehalten hätte.«
    »Wollen Sie damit sagen, die Kubakrise war Kennedys Fehler?«
    »Es war Chruschtschows Fehler, dass er mit der Stationierung von Raketen auf Kuba das Machtgleichgewicht aus dem Lot gebracht hat«, erwiderte Jack. »Kennedys Fehler war es, Chruschtschow glauben zu lassen, er käme damit durch.«
    Ebby kam hereingeschlendert und setzte sich auf den Rand der Tischtennisplatte. Angesprochen auf die Rolle der CIA im Ungarnaufstand von 1956, gab der DD/O einen kurzen Abriss der Ereignisse, die er selbst miterlebt hatte. Jack erzählte, wie er Ebby mit einer Gruppe Flüchtlinge über die österreichische Grenze hatte kommen sehen. »Frank Wisner war damals DD/O«, sagte er. »Er hatte Tränen in den Augen, als er Ebby sah.«
    »Was ist eigentlich aus Wisner geworden?«, wollte jemand wissen.
    Jack und Ebby vermieden es, sich anzusehen. »Nach Ungarn war er ein gebrochener Mann«, sagte Ebby schließlich. »Er ist trübsinnig geworden, und schließlich depressiv. 1962 ist er in Pension gegangen. Aber da war er schon so paranoid, dass er nicht mehr zweimal im selben Restaurant essen ging, aus Furcht, der KGB würde ihm auflauern …«
    »1965 hat er sich auf seiner Farm in Maryland erschossen«, beendete Jack die Erzählung und holte tief Luft.
    »Frank Wisner war derjenige, der mich damals angeworben hat«, erklärte Ebby den jungen Mitarbeitern. »Er war ein leidenschaftlicher Mann mit einem scharfen Verstand und grenzenloser Energie. Ich bin stolz, ihn gekannt zu haben – stolz, an seiner Seite im Kalten Krieg gekämpft zu haben.«
     
    Als der Regen am frühen Abend nachließ, löste sich die Party auf. Manny fuhr nach Langley zu seiner Nachtschicht. Leo und Jack und Ebby setzten sich auf einen letzten Drink zusammen. Leo blickte seine Freunde an. »Wer kommt zuerst zur Sache?«, fragte er.
    Ebby sagte: »Ich nehme an, du meinst Giancana.«
    »Harvey Torriti hat mich von Santa Fe aus angerufen, als er es in der Zeitung gelesen hat«, sagte Jack.
    »Was meint er?«
    »Dass es ganz nach einer Mafia-Aktion aussieht – Alarmanlage lahm gelegt, alle im Haus betäubt, Giancana ans Bett gefesselt mit einem Kissen auf dem Gesicht und sieben Schusslöcher im Kissen.«
    »Ich ahne schon ein Aber«, sagte Leo.
    »Es gibt auch ein Aber«, erwiderte Jack. »Und zwar Rossellis Verschwinden. Der Zauberer meint, das sei ein zu großer Zufall – die beiden Cosa-Nostra -Bosse, die Castro für uns aus dem Weg räumen sollten, werden zur gleichen Zeit umgelegt.«
    »Er geht also davon aus, dass Rosselli auch tot ist«, warf Ebby ein.
    Jack lachte boshaft. »Herrgott, Typen wie Rosselli verschwinden nicht einfach so von der Bildfläche. Er war bei einer Frau und verließ um Mitternacht ihre Wohnung. Die Polizei von Miami fand seinen Wagen verlassen auf einem Parkplatz im Hafen von North Miami Beach. Die Türen standen sperrangelweit auf, der Schlüssel steckte im Zündschloss. Der Zauberer sagt, in einschlägigen Kreisen geht man davon aus, dass Rosselli ebenfalls erledigt wurde.«
    »Möglich, dass Castro da seine Finger im Spiel hat«, sagte Ebby.
    »Fidel wusste, dass die Company ihn aus dem Weg räumen wollte«, sagte Leo. »Er wusste, wer unsere Mittelsmänner waren.«
    Ebby überlegte: »Wenn Castro dahintersteckt, wirft das ziemlich beunruhigende Möglichkeiten auf.«
    Eines der beiden Telefone auf Leos Schreibtisch summte, und er nahm ab. »Kritzky.« Nachdem er einen Moment

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