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Die Company

Die Company

Titel: Die Company Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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jeder, der ins Oval Office kommt, in sicherheitstechnischer Hinsicht unbedenklich.« Dulles musste selbst lächeln. »Truman hat sich kaputtgelacht, und mir wurde klar, dass er sich auf meine Kosten amüsierte.«
    Nach dem Essen zogen die Gäste sich in das geräumige Wohnzimmer zurück, schoben die Möbel beiseite und tanzten zu Big-Band-Platten. Leo versuchte, Adelles Blick aufzufangen, als Swett sie beide zu sich winkte.
    »Kommen Sie mit in mein Arbeitszimmer«, wies er Leo an und bedeutete Adelle, ihnen zu folgen.
    Das Schlimmste befürchtend, stieg Leo hinter ihm die Treppe hinauf und betrat einen getäfelten Raum mit offenem Kamin, in dem ein Feuer brannte. Adelle schloss die Tür. Swett bedeutete Leo, in einem Ledersessel Platz zu nehmen, und bot ihm eine dicke Havanna-Zigarre an.
    »Ich bin Nichtraucher«, sagte Leo und hatte das Gefühl, als würde er eine unverzeihliche Charakterschwäche eingestehen. Adelle setzte sich auf die Armlehne seines Sessels. Gemeinsam blickten sie Philip Swett an.
    »Mann, Sie wissen ja nicht, was Ihnen entgeht«, sagte Swett. Gegen die Kante eines Tisches gelehnt, schnitt er mit einer silbernen Schere die Spitze ab, zündete die Zigarre an. Eine große Qualmwolke quoll aus seinem Mund. »Den Stier bei den Hörnern packen, sage ich immer. Adelle hat mir erzählt, dass ihr beide viel Zeit zusammen verbringt.«
    Leo nickte vorsichtig.
    »Was machen Sie? Beruflich, meine ich.«
    »Daddy, du guckst zu viele Hollywood-Filme.«
    »Ich arbeite für die Regierung«, erwiderte Leo.
    Swett lachte spöttisch. »Wenn hier jemand etwas so Schwammiges sagt wie, dass er für die Regierung arbeitet, heißt das, er ist bei der Company. Sie arbeiten für Allen Dulles und Wisner?«
    »Ich bin im State Department, Mr. Swett.« Er nannte eine Abteilung, einen Vorgesetzten, einen Zuständigkeitsbereich.
    Swett sog an seiner Zigarre. »Was verdienen Sie, junger Mann?«
    »Daddy, du hast versprochen, ihn nicht einzuschüchtern.«
    »Wo ich herkomme, hat ein Vater das Recht, einen Mann, der seine Tochter heiraten will, nach seinen Aussichten zu fragen.« Er blickte Leo unverwandt an. »Wie viel?«
    Leo spürte, dass mehr davon abhing, wie er die Frage beantwortete, als von der Antwort selbst. Adelle war zwar impulsiv, aber er bezweifelte, dass sie ihn gegen den Willen ihres Vaters heiraten würde. Er musste clever vorgehen, den Stier bei den Hörnern packen, wie Swett gesagt hatte. »Wie viel verdienen Sie im Jahr, Sir?«
    Adelle hielt den Atem an. Ihr Vater stieß einige Stakkatowölkchen aus und musterte Leo durch den Rauch. »Rund eins Komma vier Millionen. Nach Abzug der Steuern.«
    »Ich verdiene sechstausendvierhundert Dollar, Sir. Vor Abzug der Steuern.«
    Drückende Stille erfüllte den Raum. »Ich will nicht drumherum reden, junger Mann. Nicht das Geld macht mir Sorgen – als ich geheiratet habe, habe ich vierzig Dollar in der Woche verdient. Aber mein Standpunkt ist folgender: Ich bin strikt gegen Mischehen. Nicht, dass Sie mich falsch verstehen, ich habe nichts gegen Juden, aber ich bin der Meinung, Juden sollten Juden heiraten, und Protestanten sollten Protestanten heiraten.«
    »Im Grunde sind alle Ehen Mischehen«, sagte Leo. »Mann und Frau.« Dann beugte er sich vor. »Ich liebe Ihre Tochter. Wir haben nicht vor, Sie um Erlaubnis zu bitten, damit wir heiraten können.« Er griff nach Adelles Hand und verschränkte die Finger mit ihren. »Wir teilen es Ihnen bloß mit. Es wäre uns beiden lieber, wenn Sie uns Ihren Segen geben. Aber wenn nicht« – er drückte Adelles Hand fester – »dann nicht.«
    Swett beäugte Leo mit missmutigem Respekt. »Eins muss ich Ihnen lassen, junger Mann – Sie haben einen besseren Geschmack als meine Tochter.«
    »O, Daddy!«, rief Adelle. »Ich wusste, du würdest ihn mögen!«
    Sie sprang auf und warf sich in seine Arme.
     
    Auf den Tag genau einen Monat nachdem das junge Paar sich im Wartezimmer des Tierarztes kennen gelernt hatte, fand in Annapolis die Hochzeit statt. Adelles Schwester Sydney und Bill Colby waren Trauzeugen. Da Philip Swett von Harry Truman als politischer Feuerwehrmann nach Texas entsandt worden war, führte Adelles Chef Lyndon Johnson sie zum Altar. Als Leo seiner Schwiegermutter nach der Trauung einen Abschiedskuss gab, schob sie ihm einen Briefumschlag in die Jacketttasche seines funkelnagelneuen Anzugs. Darin waren ein Scheck über fünftausend Dollar und die Worte: »Lebt glücklich und zufrieden, sonst brech ich dir das

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