Die Company
Hundes in einem Karton, war die Frau nicht mehr da. Er setzte sich und wartete. Kurz darauf kam sie ebenfalls mit einem Karton durch die Tür, tränenüberströmt. Leo stand auf.
Sie blickte auf den Karton in ihren Händen. »Sie ist noch warm«, flüsterte sie.
Leo nickte. »Sind Sie mit dem Auto da?«, fragte er unvermittelt.
Sie bejahte.
»Wo bringen Sie Ihre Katze hin?«
»Ich wollte auf die Farm meines Vaters –«
»Was halten Sie davon, wenn wir eine Schaufel kaufen und hinaus aufs Land fahren und die beiden zusammen auf einem Hügel mit einem herrlichen Ausblick begraben?« Leo verlagerte das Gewicht verlegen von einem Fuß auf den anderen. »Es ist vielleicht eine verrückte Idee. Ich meine, Sie kennen mich ja gar nicht –«
Die junge Frau sah Leo durch ihre Tränen an. »Ich finde die Idee schön«, sagte sie, klemmte sich den Karton unter einen Arm und streckte eine Hand aus. »Ich bin Adelle Swett.«
Etwas unbeholfen ergriff Leo ihre Hand. »Leo. Leo Kritzky.«
»Freut mich, Sie kennen zu lernen, Leo Kritzky.«
Er nickte. »Gleichfalls.«
Leo und Adelle hatten eine stürmische Romanze. Nachdem sie seinen Hund und ihre Katze auf einem Hügel in Maryland begraben hatten, lud Leo sie nicht weit von Annapolis in ein Gasthaus ein, das er kannte. Das Essen wurde auf einem Tisch serviert, der mit der Baltimore Sun bedeckt war; auf der Titelseite verkündete die Schlagzeile, dass die Rosenbergs wegen Spionage verurteilt worden waren. Eine Weile beschnupperten Leo und Adelle sich; sie sprachen über den Rosenberg-Prozess und über Bücher, die sie in letzter Zeit gelesen hatten. Nach dem ersten Rendezvous telefonierten sie fast täglich miteinander. Adelle hatte einen Abschluss in Politologie und arbeitete als Assistentin für einen Senator von Texas namens Lyndon Johnson, der bei den Demokraten als viel versprechender Politiker gehandelt wurde. Leo gab sich als Mitarbeiter des State Department aus, der für Hintergrundrecherchen zuständig war, doch als Adelle Näheres über seine Tätigkeit wissen wollte, hielt er sich bedeckt, was sie, die sich mit den Gepflogenheiten in Washington auskannte, zu der Überzeugung brachte, dass seine Arbeit irgendwie geheim war.
Als sie sich zwei Wochen kannten, wollte Adelle beim Essen nach einem Kinobesuch von Leo wissen, ob er ehrliche Absichten habe. Er bat sie, genauer zu erklären, was sie meinte. Sie errötete, sah ihm aber fest in die Augen. Sie erzählte ihm, dass sie noch Jungfrau sei und nur mit dem Mann schlafen wolle, den sie heiraten würde. Leo machte ihr auf der Stelle einen Heiratsantrag. Adelle versprach, ernsthaft darüber nachzudenken. Beim Dessert fuhr sie ihm mit den Fingern über das Handgelenk und sagte, sie habe gründlich über seinen Antrag nachgedacht und wolle ihn annehmen.
Es gab nur noch eine Hürde zu überwinden: Ihr Vater, kein Geringerer als Philip Swett, ein Selfmademan aus St. Paul, der nach Chicago gegangen war und mit Warentermingeschäften ein Vermögen gemacht hatte. Er galt seit kurzem als einflussreicher Mann in der Demokratischen Partei und war ein Freund von Präsident Harry Truman, mit dem er zweimal in der Woche frühstückte. Um dem jungen Mann, der Adelle den Hof machte, unmissverständlich klar zu machen, dass er als Schwiegersohn nicht in Frage kam, lud Swett Leo zu einem seiner berühmtberüchtigten Samstagabend-Dinners in Georgetown ein. Zu den Gästen zählten die Alsop-Brüder, die Bohlens, die Nitzes, Phil und Kay Graham, Randolph Churchill und Malcolm Muggeridge sowie etliche führende Mitarbeiter der Company, die Leo vom Sehen kannte – Wisner war mit seiner Frau da und auch Allen Dulles, der als zukünftiger CIA-Chef gehandelt wurde. Leo saß eine Tischlänge von Adelle entfernt, die verstohlen beobachtete, wie er sich hielt. Dulles, ihr Tischnachbar, unterhielt die Gesellschaft mit Anekdoten, bis Phil Graham ihn fragte, ob sich sein Verhältnis zu Truman verbessert habe.
»Nicht, dass ich wüsste«, sagte Dulles. »Er hat mir nie verziehen, dass ich ’48 für seinen Gegenkandidaten Dewey Partei ergriffen habe. Ständig versucht er, mich auf den Arm zu nehmen. Diese Woche habe ich Bedell Smith im wöchentlichen Meeting vertreten. Als ich ging, rief Truman mich zu sich und sagte, er wolle, dass die CIA ihm fürs Oval Office eine Karte beschafft, auf der die Standorte unserer Agenten auf der ganzen Welt mit Nadeln markiert sind. Ich habe erwidert, das sei völlig unmöglich, schließlich wäre nicht
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