Die Creeds: Wenn ein Herz nach Hause kommt (German Edition)
unüberhörbar amüsiert: „Na so was. Dass ich dich hier antreffe.“
„Tja, stell dir mal vor“, konterte sie etwas verhaltener, als es ihr sonst eigentlich über die Lippen gekommen wäre. Aber Matt, Stevens Eltern und sein Cousin Brody hatten sich ebenfalls am Küchentisch versammelt und beobachteten sie.
„Hast du hier geschlafen?“, wollte Matt voll kindlicher Unschuld wissen.
Die Erwachsenen überspielten ihre Belustigung mit einem Räuspern oder sahen zur Seite, nur nicht Tom, der Melissas Unbehagen viel zu unterhaltsam fand.
„Ja, ich habe hier übernachtet“, antwortete sie, weil sie wusste, wie wichtig es Steven war, dem Jungen immer die Wahrheit zu sagen.
Matt, der noch seinen Westernschlafanzug trug, kam zu ihr und legte die Arme um sie. „Bleibst du zum Frühstück? Bitte!“
„Blaubeerpfannkuchen“, warf Kim ein und deutete auf die Einkaufstasche, die neben ihrem Stuhl stand. Man musste eine Frau einfach gernhaben, die sich freiwillig an den Herd stellen wollte und dazu noch selbst die Zutaten mitbrachte. „Sie sind auch herzlich eingeladen, Sheriff“, ergänzte sie an Tom gewandt.
Der sagte nicht Nein. Auch wenn er eher der ruhige Typ war, konnte man ihn nicht als schüchtern bezeichnen – ausgenommen, es ging um Tessa Quinn.
„Speck und Rührei gibt es auch“, verkündete Davis Creed.
„Von wegen“, warnte Kim ihn. „Du isst mir so wenig Fettiges wie möglich. So bald möchte ich nicht zur Witwe werden, wenn du nichts dagegen hast.“
Melissa sah, wie sehr die beiden sich liebten, wie leidenschaftlich und dauerhaft. Es war also tatsächlich möglich, dass eine Ehe gute und schlechte Zeiten überstehen konnte, und das nicht nur über ein paar Jahre, sondern über Jahrzehnte hinweg.
In der Theorie hatte Melissa das auch schon früher gewusst, aber nach den Erfahrungen mit ihren eigenen Eltern war es ihr nicht möglich gewesen, daran auch zu glauben.
Sie half Kim dabei, den Tisch zu decken, und erfreute sich an der ausgelassenen Unterhaltung, dem Gelächter und den wundervollen Aromen, die durch die Küche zogen. Es war ein echtes Familienfrühstück, wie Melissa es sich immer gewünscht hatte.
Nur Steven wirkte irgendwie nervös. Sein Blick wanderte in kurzen Abständen zum Fenster und zur Hintertür, und als auf der Landstraße jemand hupte, zuckte er sogar leicht zusammen.
„Was ist los mit dir, Boston?“, wollte Brody wissen, auf dessen Teller die Pfannkuchen so hoch gestapelt waren, dass sie dem schiefen Turm von Pisa Konkurrenz machen konnten.
Aus dem Augenwinkel beobachtete Melissa, wie zuerst Stevens Hals und dann sein Gesicht rot wurden. Er stocherte im Essen auf seinem Teller herum, aß aber nichts.
„Gar nichts“, antwortete er und warf Brody einen warnenden Blick zu, der so viel besagte wie: Gib gefälligst Ruhe.
Dass Tom anwesend war, konnte Steven nicht stören, überlegte sie. Natürlich mussten sie noch ihre Aussage machen, und vor Gericht würden sie noch einmal schildern müssen, was sich zugetragen hatte, aber der Fall an sich war völlig klar und konnte keinerlei Überraschungen bergen.
Mit seiner Erfahrung als Strafverteidiger musste Steven wissen, dass man ihn nicht für den Tod von Nathan Carter zur Verantwortung ziehen würde. Warum dann aber diese Unruhe? Sie musterte ihn aufmerksam.
Noch bevor jemand am Tisch das Wort ergreifen konnte – was vor allem für Brody galt, der den Eindruck machte, Steven weiter ausfragen zu wollen –, klingelte Toms Handy. Beim Anblick von Brody Creeds trotziger Miene kam Melissa zu dem Schluss, dass er es nicht mochte, wenn ihm jemand Vorschriften machte. Eine Überraschung war diese Erkenntnis für sie nicht, höchstens eine Bestätigung für das, was sie bei Steven beobachtet hatte.
„Parker“, meldete sich der Sheriff. „Ja? Das ist gut, sogar sehr gut. Ich komme auf jeden Fall nachher im Büro vorbei, aber ich muss erst noch Elvis abholen. Schließlich liebt er das Rodeo.“
Melissa lächelte, als sie das hörte, gleichzeitig verkrampfte sich jedoch auch ihr Magen, da sie sich fragte, was wohl „sehr gut“ war.
„Danke.“ Tom beendete das Gespräch und steckte das Telefon zurück in die Hemdtasche. Alle sahen ihn an, niemand versuchte so zu tun, als hätte er das Telefonat nicht belauscht.
„Das war das Krankenhaus in Flagstaff“, erklärte er schließlich und griff nach seiner Gabel. „Martine geht es gut, sie wird heute entlassen.“
Erleichtert atmete Melissa auf, die Freude darüber,
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