Die Creeds: Wo die Hoffnung lebt
gähnte.
Brody lachte und wandte sich wieder seinem Computer zu, als plötzlich eine elektronische Stimme zwitscherte: „Jemand mag dich!“
„Das will ich doch hoffen“, sagte Brody zu seinem Hund, der sich kurz entschlossen zu einem Schläfchen niedergelegt hatte.
Da war sie, die Nachricht.
Schönes Pferd , hatte Carolyn geschrieben.
Brody seufzte. Das war kein Ja, aber auch kein Nein.
Er dachte scharf nach.
Wieder einmal fiel ihm nichts ein.
Danke , schrieb er schließlich zurück. Hast du Lust, mit mir auszureiten?
Nach einem weiteren, dieses Mal tiefen, Seufzen fuhr er sich ratlos mit einer Hand durchs Haar. Ich bin ein regelrechtes Genie im Umgang mit Frauen, ärgerte er sich selbst.
Im Grunde genommen hatte er Carolyn Simmons eine Menge zu sagen, angefangen mit „Es tut mir leid“, doch er würde seine Gedanken lieber auf Plakaten mitten in der Stadt kundtun, als sie übers Internet zu versenden.
Sein Handy klingelte.
Geistesabwesend drückte Brody auf „Senden“ und wünschte sich im gleichen Moment, es nicht getan zu haben.
„Hallo“, sagte er ins Handy.
„Was für einen Betrieb führen wir deiner Meinung nach eigentlich hier?“, wollte Conner wissen. „Das hier ist eine funktionierende Ranch, Brody – mit der Betonung auf funktionierend –, und es wäre nett, wenn du irgendwann vor Mittag kommen und deinen Teil leisten könntest.“
„Also, Conner“, sagte er gedehnt, weil er wusste, dass langsames Reden seinen Bruder in den Wahnsinn trieb, „beruhige dich erst mal ein bisschen. Nimm das Leben, wie es kommt. Das Vieh hat Tausende Morgen Land zum Grasen, und die Zäune werden repariert …“
„Brody“, fiel Conner ihm gepresst ins Wort, „die Ranch gehört dir genauso gut wie mir. Wir teilen den Gewinn, und, bei Gott , wir teilen auch die Arbeit gerecht!“
„Welche Laus ist dir denn über die Lebern gekrochen?“, fragte Brody. „Für einen Mann, der regelmäßig Sex hat, bist du ganz schön gereizt.“
Er spürte förmlich, wie Conners köchelnde Wut am anderen Ende der Leitung zu brodeln begann.
„Hör auf mit dem Quatsch“, knurrte sein Bruder. „Komm her, oder ich muss dich holen.“
„Vielleicht hast du doch nicht regelmäßig Sex“, vermutete Brody.
„Brody, bei Gott, ich schwöre …“
„Okay, okay“, lenkte Brody ein, loggte sich aus, schob den Stuhl zurück und stand auf. „Reg dich nicht auf. Ich bin schon unterwegs.“
Barney kam mit einigem Krallenkratzen auf dem Holzfußboden auf die Füße, und Brody brachte es nicht übers Herz, ihn zurückzulassen. Er beschloss, Moonshine einen freien Tag zu gönnen und mit dem Pick-up zur Ranch zu fahren.
Er war groß, dieser schicke Pick-up, mit erweiterter Fahrerkabine, silberblau lackiert, ausgerüstet mit allen Schikanen von GPS bis zu Bildschirmen auf den Rückseiten der Vordersitze. Trotz der großartigen Ausstattung des Fahrzeugs vermisste Brody seinen alten Pick-up, den er gefahren hatte, bis er quasi zu Rost zerfallen war.
Bei seinem vorigen Wagen hatte er sich wegen einer Beule im Kotflügel oder Kratzern auf der Ladefläche durch Futtersäcke und Werkzeuge keine Sorgen machen müssen. Und er hatte ihn immer ans Ziel gebracht.
Leider hatte er vor ein paar Monaten schließlich doch seinen letzten Schnaufer getan, und Brody hatte ihn verschrotten müssen.
Er öffnete die hintere Tür auf der Fahrerseite, und Barney sprang durch die Luft wie ein Hundestar, der sich den Paparazzi präsentiert.
Schmunzelnd setzte Brody sich hinters Steuer und ließ den Motor an. Er hätte an defekte Zäune und verirrte Kälber und ganz allgemein an seinen Frieden mit Conner denken sollen, doch Carolyn ging ihm nicht aus dem Kopf.
Schönes Pferd? Was zum Teufel sollte das denn heißen?
Eine Viertelstunde später fuhren er und Barney vor dem Haupthaus vor.
Conner stiefelte mit Gewittermiene aus dem Stall, während die Hunde einander begrüßten. Er legte gleich los, tippte mit dem Zeigefinger auf das Zifferblatt seiner Uhr und fluchte: „Brody, verdammt noch mal, weißt du eigentlich, wie spät es ist?“
Brody trug keine Uhr. Schon seit Jahren nicht mehr. Er ging zu Bett, wenn ihm danach war, und stand nach Lust undLaune auf, und alte Gewohnheiten ließen sich nur schwer ablegen.
„Nein“, erwiderte er ruhig, „ich weiß nicht , wie spät es ist, und wenn ich es wüsste, wäre es mir wahrscheinlich scheißegal.“
Conner starrte ihn wütend an, konnte seine schlechte Laune aber doch nicht
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