Die Creeds: Wo die Hoffnung lebt
„Willst du einfach tatenlos zusehen, wie Carolyn sich im Internet einen Mann bestellt?“, fragte er einen Moment später.
„Sie kann tun und lassen, was sie will“, entgegnete Brody entschieden ärgerlicher, als er zuzugeben bereit war.
„Und was willst du , Brody?“
„Ich? Was ich will?“
„Ganz recht, das war meine Frage“, erwiderte Conner unerbittlich und amüsiert.
„Schön“, antwortete Brody, trieb sein Pferd zum Trab an und sagte sich, dass die Hunde inzwischen Zeit genug gehabt hatten, um ein wenig zu verschnaufen. „Ich will, dass du dich verdammt noch mal nicht in meine Angelegenheiten einmischst, das ist alles.“
7. KAPITEL
E s ist Zeit zu handeln, dachte Carolyn, und ein verruchter kleiner Schauer lief ihr über den Rücken, als sie Brodys Antwort auf ihre Nachricht noch einmal las.
Hast du Lust, mit mir auszureiten?
Sie biss sich auf die Unterlippe.
Brody hatte sie zu einem Ausritt eingeladen, und sie dachte tatsächlich daran, zuzusagen. Was für ein trauriger Hinweis auf ihre Intelligenz, zumal sie sich das letzte Mal, als sie mit dem Feuer gespielt hatte, die Finger verbrannt hatte, und zwar gehörig.
Und genau das würde sie zweifellos wieder tun, wenn sie Brody allein treffen würde.
Damit hatte sich der Fall.
Sie wurde nicht jünger, und wenn sie jemals ein Heim und einen Mann und Kinder haben wollte, wenn sie jemals richtigen Familienurlaub erleben wollte, statt Souvenirbecher auf Flohmärkten zu kaufen und vorzugeben, sie wäre irgendwo gewesen, dann musste sie etwas unternehmen und die Sache selbst in die Hand nehmen.
Der Märchenprinz, wenn er denn überhaupt je auf dem Weg zu ihr gewesen sein sollte, war offensichtlich aufgehalten worden.
„Carolyn?“ Tricia tauchte an der Tür zum Büro auf, eine barmherzige, wenn auch vorübergehende Ablenkung von ihren beunruhigenden Gedanken. Gemäß Carolyns Vorhersage hatten sie den ganzen Vormittag und auch nachmittags keinen Kunden gehabt. Daher waren sämtliche per Internet bestellten Schürzen versandfertig verpackt. „Ich gehe jetzt. Soll ich die Päckchen auf der Post aufgeben, bevor ich nach Hause fahre?“
Damit Tricia nicht sah, dass sie Friendly Faces überprüfthatte, drehte Carolyn sich mit einem breiten Lächeln zu ihrer Freundin um und blockierte so deren Blick auf den Bildschirm.
Hoffentlich.
„Das wäre prima“, sagte sie munter. Zu munter wahrscheinlich. „Danke, Tricia.“
Tricia musterte sie neugierig, vielleicht sogar ein bisschen misstrauisch. „Es macht dir nichts aus, den restlichen Tag allein zu arbeiten?“, fragte sie überrascht.
Ich habe mein Leben lang allein gearbeitet. Warum sollte es heute anders sein?
„Ist schon gut“, versprach Carolyn fröhlich. „Ich will nur noch ein paar Dinge online erledigen, dann gehe ich nach oben und fange an zu nähen. Wir brauchen bald Nachschub an Schürzen, und ich möchte den Zigeunerrock fertig haben, bevor ich an Altersschwäche sterbe.“
Nach einem kurzen Zögern lächelte Tricia und löste sich von der Tür. „Bis morgen“, rief sie zum Abschied.
„Tschüs!“, zwitscherte Carolyn in fröhlicher Unschuld und wandte sich wieder dem Computer und Brodys kurzer Nachricht zu.
Wenn sie zustimmte, mit diesem Mann irgendetwas zu unternehmen, und sei es auch nur ein Ausritt, benötigte sie psychologische Hilfe.
In seiner ersten Nachricht hatte er um eine zweite Chance gebeten.
Eine zweite Chance, ihr wehzutun, ihr das Herz aus dem Leib zu reißen und es zu zertreten? Meinte er das? Oder war sie zu zynisch? Angenommen, es ging ihm nur um Freundschaft?
Das würde einen Sinn ergeben, angesichts der Tatsache, dass sie einander sowohl in der Stadt als auch auf der Creed-Ranch ständig über den Weg liefen. Vielleicht war Brody diese peinlichen Begegnungen genauso leid wie sie.
Etwas in der Art hatte er neulich erst gesagt, doch dann hatte er sie einfach geküsst und damit wieder alles durcheinandergebracht.
Hinzu kam, dass Carolyn sich nie freier oder lebendiger – oder einsamer – fühlte als auf dem Pferderücken beim Ritt übers weite freie Feld.
Da draußen auf ihren Lieblingswegen neben jemandem zu reiten, jemandem, der Pferde verstand und sich im Umgang mit ihnen wohlfühlte, wäre ein nahezu perfektes Erlebnis.
Carolyn verspürte einen Adrenalinstoß, als sie den kühnen Entschluss fasste, Brodys Einladung anzunehmen. Es ging schließlich nur um einen Ausritt, nicht ums Durchbrennen oder ein wildes Wochenende in Las
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