Die Cromwell Chroniken: Kaltes Feuer
Katharina, nie bewiesen, dass ich ein Freund bin, der für dich da ist. Du weißt nicht, ob ich dir helfen kann, und du hast keinen Grund, mir zu vertrauen. Doch jetzt bitte ich dich darum! Ich bitte dich, deine Deckung aufzugeben und dich meiner Führung anzuvertrauen. Lass mich dir helfen! Ich verspreche dir, dass du den Weg zurück nicht alleine gehen musst. Ich werde bei dir sein, ja, ich werde sogar jeden Schritt vor dir gehen. Du brauchst mir nur zu folgen, doch dafür musst du mir jetzt vertrauen, Katharina!“
Schweigen.
Nichts regte sich.
Kein Geräusch drang an sein Ohr.
Hatte er versagt oder war das ein gutes Zeichen? Entschlossen, nur vom Besten auszugehen und eine Niederlage nicht gelten zu lassen, fuhr er fort: „Katharina, wenn du mir vertraust, dann schwöre ich dir, dass du einen Freund fürs Leben gefunden hast. Dann werde ich da sein, wann immer du mich brauchst. Ich werde dir mit allem helfen, was mir zur Verfügung steht, und du wirst nie wieder von deinem Bruder abhängig oder allein sein.“
Merkwürdig … Das hatte er gar nicht sagen wollen. Solche Gedanken hatte er noch nie zuvor gehabt. Und doch war es die Wahrheit. Er würde für sie da sein. Es lag nicht an ihm, dass er nur wenige Freunde hatte. Die anderen mochten ihn einfach nicht. An ihm, an seinem Willen selbst, war es noch nie gescheitert.
Wie waren diese Gedanken in seinen Kopf geraten?
Er hatte keine Gelegenheit, länger darüber nachzudenken, denn nun bekam er wieder Antwort.
Ernsthafte Stimme: „Gibst du uns dein Wort?“
Flint hätte am liebsten gelacht vor Erleichterung, doch er war so angespannt, dass er nur ein Nicken zustandebrachte. Er hatte den Sieg so gut wie in der Tasche!
Dann fiel ihm ein, dass „Stimmen“ wohl keine Augen hatten, und er beeilte sich zu versichern: „Natürlich! Ich gebe euch mein Wort!“
Schweigen.
So betäubend und überwältigend er das laute Stimmengewirr empfunden hatte, die Stille war schlimmer. Er fühlte sich unsicher und isoliert. Das war Katharinas Geist. Was konnte es bedeuten, wenn sie einfach nicht mehr dachte? Wieder fragte er sich, ob ihr Schweigen ein gutes oder ein schlechtes Zeichen war. Er wollte endlich eine Antwort haben. Es machte ihn fast wahnsinnig, dass er nur warten konnte.
Ernsthafte Stimme: „Dann nimm sie mit.“
Im selben Moment spürte der Geisterseher, dass die unsichtbare Barriere vor der schwebenden Gestalt verschwand. Er machte ein paar Schritte auf sie zu und trat dicht an sie heran. Sie schwebte genau auf seiner Augenhöhe. Ihre Augen waren geschlossen. Ihre Haut hell und glatt wie Porzellan – umflossen von ihrem schwarzen Haar. Ihre Züge ruhig und ebenmäßig. Sie war wunderschön.
Es freute Flint, dass Katharina ihm ihr Vertrauen geschenkt und ihn zu sich gelassen hatte. Doch wie bekam er sie nun hier fort?
„Katharina, kannst du mich hören?“
Flint berührte die junge Frau behutsam an den Schultern. Ihre Gestalt öffnete die Augen und blickte in die seinen.
In dem Moment spürte der Geisterseher ein starkes Ziehen in seiner Brust. Die Realität riss an ihm, das Ritual neigte sich dem Ende. Schnell schlang er die Arme um Katharinas Taille. Er blickt ihr fest in die dunkelblauen Augen und sagte: „Ich werde jeden Schritt mit dir gemeinsam gehen!“
Der Sog wurde stärker. Flint konnte das Blut in seinem Kopf rauschen hören und alles um ihn herum drehte sich. Es war, als würden sie beide in einem riesigen Strudel nach unten gezogen und immer enger aneinandergepresst. Er schloss die Augen und Dunkelheit umgab ihn. Nur noch ein Gedanke jagte durch seinen Geist: Ich darf sie nicht loslassen! Ich darf sie nicht loslassen! Ich darf sie nicht loslassen!
Um sich herum hörte er die Stimmen ihrer Gedanken kreischen und schreien. Er spürte ihre Panik und – einen Anflug von Reue? Auch Cat hielt sich an ihm fest und schneller, immer schneller wurden sie durch die Dimensionen katapultiert.
Dann fühlte er nichts mehr.
Keine Cat.
Keinen Sog.
Keinen Körper.
Sein Geist schwand.
Katharina atmete einmal tief ein und schlug die Augen auf. Sofort veränderte sich die Essenzqualität im Ritualkreis. Valerian hatte bis dahin ein leichtes Kribbeln verspürt. Vermutlich gab es dafür ein mächtig schlaues Wort, das alle außer ihm kannten. Jedenfalls war dieses „Kribbeln“ jetzt auf einmal fort. Er hob ein Augenlid zur Hälfte an und spickte zu den anderen. Als er gewahr wurde, dass alle außer ihm bereits die Augen offen hielten, murrte er
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