Die Cromwell Chroniken: Kaltes Feuer
schritt durch Dunkelheit.
Hier gab es weder Raum noch Zeit. Flint sah die Unendlichkeit und wusste, dass er sich nicht darin verlieren durfte, sonst würde er niemals zurückfinden.
In der Ferne konnte er ein Licht sehen.
Langsam näherte er sich der Quelle.
Schritt für Schritt.
Oder kam sie auf ihn zu?
Heller und heller wurde es und schließlich war er vollkommen von Licht umhüllt, konnte jedoch gleichzeitig seine Umgebung nicht klar erkennen. Nebel umwirkte seinen Körper, wand sich um ihn und nahm ihm die Sicht. Es war, als würde er in einer Wolke spazieren.
Hellgraue Schlieren hatten ihn eingekreist.
Sie tanzten vor seinen Augen.
Nun versuchte er, sich zu orientieren, doch das war schier unmöglich. Als hätte jemand einen durchscheinenden Schal vor seine Augen gebunden. Daran musste Flint sich erst gewöhnen.
Er wusste aber, dass die scheinbare Leere nur ein Trugbild war. Denn hier war er richtig. Zuerst musste er sich jedoch vollends darauf einstimmen.
Endlich konnte er weit entfernt etwas erkennen.
Die Konturen einer Frau …
Mühevoll kniff er die Augen zusammen. War das Katharina? Waagerecht schwebte sie in der Luft. Ihre Gestalt schien wie auf unsichtbarem Wasser zu treiben. Eine leichte Bewegung fuhr immer wieder durch ihre Haare und ihr weißes Schlafgewand. Ihre Augen waren geschlossen. Er konnte nicht sagen, ob sie von seiner Anwesenheit wusste.
Flint ging weiter auf sie zu, doch sie blieb immer gleich weit von ihm entfernt. Eine unsichtbare Barriere, die er nicht durchschreiten konnte.
Er fühlte sie.
Stimmen drangen an sein Ohr. Ihren Ursprung konnte er nicht ausfindig machen. Sie schienen von überallher zu kommen und von unterschiedlichem Charakter zu sein.
Misstrauische Stimme: „Wer bist du? Was willst du hier?“
Ärgerliche Stimme: „Er hat hier nichts verloren! Weshalb ist er gekommen?“
Ängstliche Stimme: „Oh nein! Er hat uns gefunden! Wir sind verloren!“
Die einzelnen Emotionen wurden dem Geisterseher förmlich entgegengeschleudert. Deren überwältigende Wucht ließ ihn taumeln. Mächtig zogen und zerrten sie an ihm. Es war, als würde er in einem Fluss mit starker Strömung schwimmen, nur dass die Richtung der Strömung sich immer wieder änderte. Völlig unmöglich, einen klaren Gedanken zu fassen.
Tief atmete er durch und versuchte, sich darauf zu konzentrieren, weshalb er hier war. Er wollte Cat zurückholen! Womöglich sollte er das zur Sprache bringen?
Die Stimmen warteten jedoch nicht schweigend auf seine Antwort. Ohne Unterlass prasselten Sätze auf ihn ein. Wie ein emsiger Apparat, der nicht zur Ruhe kam.
Misstrauische Stimme: „Bist du ein Bote? Von wem? Was sind deine Absichten? Gib dich zu erkennen!“
Ängstliche Stimme: „Warum sagst du nicht einfach, wer du bist? Hat dich jemand geschickt?“
Ärgerliche Stimme: „Er will sich uns nicht offenbaren!“
Misstrauische Stimme: „Bleib, wo du bist, und bringe dein Anliegen vor!“
Zögerliche Stimme: „Wie ist es ihm überhaupt gelungen, zu uns zu kommen? Wir sind gut versteckt …“
Misstrauische Stimme: „Ich traue dir nicht. Du hast hier nichts verloren! Nenne deinen Namen!“
Spöttische Stimme: „Womöglich hat er seinen Namen bereits vergessen?“
Herablassende Stimme: „Oder er und sein Name sind nicht weiter von Bedeutung. Das vermute ich schon die ganze Zeit.“
Misstrauische Stimme: „Wer seinen Namen nicht nennt, der will im Verborgenen bleiben. Und wer im Verborgenen geht, der täuscht etwas vor!“
Ängstliche Stimme: „Er ist ein Bote der Anderswelt! Er ist zu uns vorgedrungen, um uns zu zerstören!“
Sämtliche Stimmen schienen gleichzeitig zu sprechen, sodass Flint immer nur einen Bruchteil der Worte verstehen konnte. Das ging ihm alles viel zu schnell und so brüllte er einfach so laut er konnte: „Halt! Halt! Ich komme gar nicht mit! Ich will mich ja offenbaren! Mein Name ist Flint. Flint Maienbach. Ich bin hier, weil ich Katharina suche. Ist sie hier irgendwo?“
Ärgerliche Stimme: „Was geht es dich an?!“
Misstrauische Stimme: „Was willst du von ihr?“
Spöttische Stimme: „Der glaubt tatsächlich, dass wir ihm helfen, sie zu finden! Haha!“
Ein lautes Gelächter ertönte. Es schien sich an unsichtbaren Wänden zu brechen und hallte dröhnend und höhnisch zu ihm herüber. Fast betäubend klang das Geräusch in seinen Ohren und nur ganz leise gehaucht konnte er folgende Worte in dem allgemeinen Stimmentumult ausmachen:
Freundliche Stimme:
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