Die Cromwell Chroniken: Kaltes Feuer
irische Wurzeln und bedeutet soviel wie ‚königlicher Anführer‘“, erklärte er auch schon bereitwillig mit einer betont wegwerfenden Geste.
So sehr betont, dass es schon wieder auffällig wurde.
„Okay“, brummte Valerian.
Das Thema interessierte ihn immer noch nicht, doch der Blondschopf erzählte munter weiter.
„Jedenfalls hat mein Vater es mit Initialen. Er heißt Christoph van Genten. CvG. Also muss sein Sohn natürlich die gleichen haben. Deshalb wurde aus Kendrick eben Cendrick.“
Valerian warf ihm einen merkwürdigen Blick zu.
Cendrick winkte ab.
„Was ist an C so besonders, dass dein Vater darauf bestanden hat?“, erkundigte sich Linda zurückhaltend.
Cendrick brauchte nicht lange über eine Antwort nachzudenken.
„Es ist der schönste Buchstabe im Alphabet.“
„Ja?“
„K ist doch auch schön“, bemerkte seine Schwester. Ein katzenhaftes Lächeln huschte für einen kurzen Moment über ihr Antlitz.
„V ist am schönsten“, behauptete Valerian. „V ist eindrucksvoll, so wie Victory – Sieg – Yeah!“
Nun war er es, der merkwürdige Blicke erntete.
„Wichtiger als der Buchstabe ist die Bedeutung. ‚Königlicher Anführer‘ sagt doch schon alles. Was heißt Valerian?“
Die Frage wurde mit einem Schulterzucken quittiert.
Cendrick griff in die Hosentasche und angelte ein Smartphone heraus. „Schauen wir mal, was Google dazu sagt“, murmelte er und tippte auf dem Display herum.
Nun war Valerians Interesse doch geweckt. Er machte einen langen Hals, um lesen zu können, was Cendrick Interessantes herausfand.
„Hier ist es: Valerian kommt aus dem Lateinischen und bedeutet ‚Der Starke‘ oder ‚Der Gesunde‘. Nice!“
„HA!“, machte „Der Starke“ und grinste selbstzufrieden in die Runde, wie ein Schäferhund, der erfolgreich alle Schafe auf die Weide getrieben hatte.
„Super, Valerian“, schmunzelte Linda.
„Ja, so einen super Namen hättest du auch gerne, was?“
„Klar, ich wollte schon immer stark wie ein Mann sein. Mir fällt kein tolleres Attribut ein für … mich … als Frau.“
Valerian sah die blinde Seherin schmollend an, während Katharina leise lachte.
Ihr Bruder war weit weniger zurückhaltend. Grölend klopfte er ihm auf die Schulter.
„Mach dir nichts draus, Alter! Frauen können das nicht nachvollziehen. Die haben nicht das Bedürfnis, Beschützer des schwachen Geschlechts zu sein – weil sie es selbst sind!“
Seinem verschwörerischen Zwinkern begegnete Valerian mit missmutigem Gebrumme. Schließlich widmete er sich wieder dem Essen und stopfte sich eine voll beladene Gabel in den Mund. Das Kauen schien ihn zu trösten. Kauen machte Valerian zufrieden. In dieser Hinsicht war er wie ein großes Wollschaf.
Während Valerian den Teller leerte, hatte Cendrick seinen weit von sich geschoben und hielt das Gespräch am Laufen: „Als meine Familie von der Gründung dieses Institutes hörte, war sie alles andere als begeistert. Es gibt Orden, die man einfach nicht vermischen sollte, müsst ihr wissen. Zum Glück wählten sie einen Rektor, der sich an keinen Orden gebunden hat. Sir Fowler ist ein Einzelgänger. Mit denen kommen wir noch am besten aus, weil sie einfach zu unstrukturiert sind, um wirklich Schaden anzurichten.“
Er warf ein gewinnendes Lächeln in die Runde.
Schade, dass dein Grinsen so gänzlich verschwendet ist , dachte Valerian und seine Mundwinkel hoben sich. Linda wird deinem Charme sicher nicht erliegen. Sie kann ja nicht mal sehen, wie du aussiehst, und ich habe eh keine Ahnung, wovon du da faselst.
„He, isst du dein Schokomousse noch?“, erwiderte Valerian stattdessen.
Cendrick, offensichtlich nicht gewohnt, dass man seinem Monolog mit so wenig Begeisterung folgte, schob indigniert das Dessert herüber. Er setzte zu einem zweiten Versuch an. „Ich persönlich finde nicht, dass das Kräfteverhältnis fair aufgeteilt wurde. Es sind eindeutig zu wenige Magier unter den Lehrenden. Zu viele von denen wirken intuitive Magie. Das hat doch nichts mehr mit Kunst zu tun. Das ist wie Atmen. Niemand käme auf die Idee, dem überhaupt Beachtung zu schenken, und hier macht man ein riesiges Drama um diese Leute.“
Cendricks Schwester schwieg bei seinen Ausführungen. Sie schien nicht viel zu sagen zu haben.
Kein Wunder! Wer mit so einer Quasselstrippe aufgewachsen ist, der hat gelernt, sich kurzzufassen.
Valerian schmunzelte und schob sich den letzten Löffel Schokomousse in den Mund. Linda dagegen wirkte keineswegs
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