Die Cromwell Chroniken: Kaltes Feuer
Geister sehen – und auch wenn du es nicht magst, es ist cool. Aber was ist mit mir? Ich bin total unnütz. Ich bin zwar resistenter gegen Magie, aber soll das alles sein?“
„Diese Resistenz hat dir das Leben gerettet“, sagte Linda nun sehr ernst.
Es folgte eine Runde Schweigen.
Linda konnte das gut. Sie brachte Dinge auf den Punkt und nahm ihnen die Beliebigkeit. Dadurch wurde es natürlich auch unmöglich, sie ins Lächerliche zu ziehen. Seufzend gab Valerian sich geschlagen.
„Okay, das ist wirklich etwas Gutes. Also schön, dafür bin ich dankbar.“
Schweigen.
„Ich mag aber noch mehr können!“, ergänzte er quengelnd.
Wieder folgte eine Runde Gelächter.
„Weißt du, Valerian, ich glaube, du solltest dir diesen Wandelungs-Wunsch noch einmal überlegen. Wenn sie in einer alltäglichen Situation stattfinden würde, dann wäre sie bereits erfolgt. Zu Beginn oder am Ende eines Lebensabschnitts. Zum Beispiel zu Beginn des Erwachsenenalters. Das ist aber nicht geschehen, also wird es in einer außergewöhnlichen Situation zu dieser ,Wandelung‘ kommen – und das könnte gut oder schlecht sein.“
„Ach nee!“, höhnte der Unsterbliche. „Mrs. Sonnenschein sieht auf einmal eine dunkle Wolke!“
„Ich mein’s ernst. Es könnte ungemütlich werden.“
„Ja, vielleicht. Vielleicht müsste aber auch nur ein kleines Ritual mit mir gemacht werden oder jemand sagt einen Zauberspruch. Oder ich zische so einen blubbernden Zaubertrank. Was weiß ich? Es gibt Tausend Möglichkeiten, was diese ,Wandelung‘ auslösen könnte, und es ist mir zu doof, darauf zu warten, dass es von alleine passiert! Es könnte nie passieren! Dann sitze ich noch in hundert Jahren hier herum!“
„Keine Sorge, bis dahin würdest du die Kletterpartie aufs Dach nicht mehr schaffen“, kommentierte der Geisterseher trocken. Linda warf Flint einen verdutzten Blick zu und brach dann in Gelächter aus.
„Ha, ha! Sehr witzig!“, beschwerte sich Valerian und machte ein vorwurfsvolles Gesicht. „Ich freue mich ja, dass du Humor entwickelst, alter Mann, aber ich leide hier!“
„Sorry“, meinte Flint und Linda musste sich erneut ausschütten vor Lachen.
„Pah! Ihr nehmt das einfach nicht ernst. Schlechte Freunde, jawohl!“, beschwerte sich Valerian und griff sich theatralisch an die Stirn.
Der Gedanke hatte sich wie eine Zecke an ihm festgebissen. Tamara hatte Recht gehabt! Er würde wirklich weiterhin unfähig bleiben, wenn nicht schleunigst etwas passierte. Vielleicht sollte er doch noch einmal mit Mytsereu sprechen? Er könnte versuchen, sie in einen Chatroom zu locken oder ihr einen Brief zu schreiben. Dann müsste er sie zumindest nicht persönlich treffen. Doch vermutlich brachte es diese Frau fertig, die harmloseste aller Konversationsformen amourös erscheinen zu lassen. Es sei denn … Natürlich! Jemand anderes würde für ihn mit ihr sprechen!
Jetzt sprichst du meine Sprache, Alter!
„He, Cat! Ist doch okay, wenn ich dich so nenne, oder?“
Die angesprochene Katharina van Genten sah von ihrem Buch zu ihm auf und nickte. Wenn das überhaupt möglich war, wirkte sie heute noch etwas blasser als sonst.
Wohl so eine Adelsgeschichte. Blaues Blut, blasse Haut …
Für Valerian waren Snobs und Adlige die gleiche Sorte Mensch. Deshalb hatte er auch keine Hemmungen, sie in einen Topf zu werfen.
Es hatte eine Weile gedauert, bis er sie in der Bibliothek aufgespürt hatte. Doch da er wusste, dass die van Gentens dieses Wochenende ebenfalls in Cromwell bleiben wollten, hatte er sich nicht von der Suche abbringen lassen. Nun setzte er sich ungefragt zu ihr und warf einen Blick auf die Bücher, die ihren Tisch bedeckten.
„Bereitest du dich auf die Kurse nächste Woche vor?“
„Unter anderem. Kann ich irgendwas für dich tun?“, fragte sie kurzangebunden.
Ihre Stimme war ruhig und ihre Miene teilnahmslos. Katharina hatte so eine Art, die es ihr erlaubte, die interessantesten und nervenaufreibendsten Themen in einer Reden-wir-über-das-Wetter-Stimme zu erzählen. Valerian hatte oft das Gefühl, als sei ihr alles gleichgültig.
Vermutlich muss man so genügsam sein – bei dem Bruder! Der Knabe hätte jeden anderen vermutlich schon längst zur Weißglut getrieben.
„Ja, ich hoffe, dass du das kannst. Ich versuche nämlich, meinem Unsterblichkeitsdilemma auf den Grund zu gehen, komme dabei jedoch nicht wirklich voran.“
„Dilemma?“
„Na ja, ich frage mich, wann es nun endlich losgeht. Wann tritt denn
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