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Die da kommen

Die da kommen

Titel: Die da kommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Jensen
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Gebäudes hinunter beruhigt mich. Ein Schwebezustand, in dem ich ewig bleiben könnte.
    »Wenn wir kein Kind gesehen haben, was haben wir dann gesehen?«, frage ich den Vorarbeiter.
    Er schaut auf seine Schuhe. Sie sind aus Leder und mit einer feinen Schicht Zementstaub überzogen. »Die Männer sagen, es sei ein böser Geist gewesen. Ich weiß es nicht.«
    »Es gibt keine bösen Geister.«
    »Ich weiß, Sir. Aber die Männer glauben daran.«
    »Sie haben das Mädchen doch auch gesehen.«
    »Ich dachte , ich hätte es gesehen. Aber Licht und Hitze können Dinge vortäuschen. Einen falschen Eindruck erwecken. Das ist in Dubai nicht ungewöhnlich. Viele Leute bilden sich Dinge ein, die nicht da sind.« Er zuckt mit den Schultern. »Bei fünfzig Grad passiert einem so etwas.«
    »Aber ich bilde mir nie Dinge ein, die nicht da sind. Nicht einmal, wenn ich Fieber habe. Was haben Sie sonst noch gesehen?«
    »Einige von ihnen haben den Geist springen oder fliegen sehen.«
    »Wohin springen oder fliegen? Über die Kante?« Er blickt immer noch auf seine staubigen Schuhe. »Wohin? Wohin, wohin, wohin, antworten Sie!«
    Er wischt sich den Schweiß aus dem Gesicht. »In ihn hinein.«
    Jonas Svensson hat gesagt: Ich muss eines davon verschluckt haben.
    »Das ist unmöglich.«
    »Ich weiß. Und es kann nicht passiert sein. Ich gebe nur wieder, was sie gesagt haben. Aber es gibt keinen Beweis.« Er spricht wieder sehr schnell. »Ich werde ganz ehrlich mit Ihnen sein, Sir. Ich erzähle nicht gerne Lügen. Wie Sie sagen, es verstößt gegen meinen Glauben. Und es liegt auch nicht in meiner Natur. Aber ich werde in meiner Aussage bei der Polizei das kleine Mädchen nicht erwähnen. Die anderen auch nicht. Niemand will als verrückt gelten und seinen Job verlieren. Es sieht schlecht aus, wenn wir sagen, wir hätten etwas gesehen, was wir nicht beweisen können. Verstehen Sie das, Sir? Das ist unsere Meinung. Sie werden Ihrem eigenen Gewissen folgen müssen und entsprechend handeln.«
    »Haben Sie sie gesehen oder nicht?«
    »Ich habe sie gesehen. Aber es tut mir leid, Sir. Wenn Sie das der Polizei erzählen, werde ich es bestreiten. Bitte, verstehenSie mich. Meine Männer sagen, es spukt in diesem Wolkenkratzer. Das wird ein großes Problem für mich.«
    »Haben Sie gesehen, wie Mr de Vries seinen Arm ableckte?«
    Er nickt. Dabei wirkt er sehr verwirrt. »Ja, Sir.«
    »Was glauben Sie, warum er das getan hat?«
    »Ich kann es nicht verstehen. Er hat sich sehr sonderbar verhalten, Sir. Ich weiß nicht, weshalb ein Mann seinen Arm ablecken sollte. Irgendein Drang muss ihn überkommen haben.«
    »Unmittelbar bevor er gesprungen ist, hat er gesagt : Du kannst nicht herein . Und dann etwas in einer anderen Sprache. Es klang wie Japanisch. Haben Sie das auch gehört?«
    »Nein. Ich habe nichts gehört. Ich war zu weit weg.«
    Er sagte toko und loshi . Da bin ich mir sicher. »Und was war mit Ahmed Farooq? Hat er sich auch sonderbar verhalten, als Sie ihn zum letzten Mal gesehen haben?«
    Wieder schaut er auf seine Füße. »Ja, das hat er. Sehr sonderbar, Sir.«
    »In welcher Hinsicht?«
    »Er hat einen der Arbeiter um Wasser gebeten. Der Mann gab ihm seine eigene Flasche, und er krümelte etwas hinein, was er in einer Plastiktüte in seiner Tasche trug. Dann hat er es getrunken. Ich habe ihn gefragt, was es sei, und er sagte, Medizin.«
    »Sah es aus wie Medizin?«
    Er verzieht das Gesicht. Ekel, Widerwille, etwas in der Richtung. »Nein. Ich habe es erkannt. Es kommt aus den Entsalzungsanlagen, und zwar in Blöcken. Es war Salz.«
    Vom Polizeirevier aus rufe ich Ashok an, doch er ist gerade in einem Meeting. Ich hinterlasse eine Nachricht bei Belinda Yates und erkläre, was geschehen ist. Sie äußert Entsetzen und Mitgefühl.
    »Mein Gott, Sie Armer, Hesketh! Soll einer unserer psychologischen Berater Sie anrufen?«
    »Nein.«
    »Stephanie Mulligan! Sie hat sich auf Selbstmord am Arbeitsplatz spezialisiert.«
    »Sie kann mir nicht helfen«, sage ich. »Haben Sie schon den Autopsiebericht von Svensson erhalten?«
    »Gerade gekommen.«
    »Gut. Schicken Sie ihn mir. Und besorgen Sie auch den von Jan de Vries.« Dann beende ich das Gespräch.
    Salz ist von den reinsten Eltern geboren , schrieb Pythagoras. Von der Sonne und dem Meer. Es ist der einzige Stein, den wir konsumieren, das Einzige, worauf wir nicht verzichten können. Salzmangel wie auch Salzüberschuss können krank machen. Die Versalzung ist auf dem Vormarsch, weil das Salz im

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