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Die Daemmerung

Die Daemmerung

Titel: Die Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
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ihre Gewänder glatt, um ihre Verwirrung zu überspielen. Königliche Hoheit? Dann musste dieser junge Mann Prinz Eneas sein. Sie fühlte ihren Atem etwas schneller gehen, als sie aufsah. War das wirklich der Jüngling, an den sie in jenem Jahr ihrer Kindheit so viel gedacht hatte? Er war allerdings so hübsch wie der Prinz, den sie sich ausgemalt hatte, groß und schlank, aber breitschultrig, mit etwas wirrem dunklem Haar, wie die Mähne eines Pferds nach einem langen, schnellen Ritt.
    »Es gibt so viel zu erzählen«, sagte der Prinz. »Ich habe mich beeilt.« Er sah Briony verwundert an. »Und wer ist das?«
    »Hoheit, gestattet mir, Euch Briony te Meriel te Krisanthe ...«, hob Jino an.
    »Briony Eddon?«, unterbrach ihn der Prinz. »Seid Ihr wirklich Briony Eddon? Olins Tochter? Aber was macht Ihr denn hier?« Plötzlich besann er sich auf seine Manieren, nahm ihre Hand und führte sie an seine Lippen, ohne jedoch den Blick von ihrem Gesicht zu wenden.
    »Später werde ich Euch alles erklären, Hoheit«, sagte Jino. »Aber jetzt wird Euer Vater hören wollen, was Ihr über die Armeen des Südens zu berichten habt. Ist alles gut verlaufen?«
    »Nein«, sagte Eneas. »Nein, ist es nicht.« Er wandte sich wieder an Briony. »Speist Ihr heute Abend mit uns? Sagt ja.«
    »J-ja, natürlich.«
    »Gut. Dann werden wir uns weiter unterhalten. Es verblüfft mich, Euch hier zu sehen. Gerade habe ich an Euren Vater gedacht — ich bewundere ihn nämlich sehr. Ist er wohlauf?« Er wartete keine Antwort ab. »Jino hat recht, ich muss gehen. Aber ich freue mich auf die Fortsetzung unseres Gesprächs.« Er nahm wieder ihre Hand und streifte sie ganz leicht mit den trockenen, vom Wind aufgesprungenen Lippen, sah ihr dabei aber ins Gesicht, als wollte er sich ihre Züge ganz genau einprägen. »Ich habe ihnen gesagt, Ihr würdet zu einer Schönheit heranwachsen«, sagte er. »Und ich hatte recht.«
    Briony sah Eneas nach und merkte erst mehrere Atemzüge später, dass sie mit offenem Mund gaffte wie ein Dalerstroyer Schafhirt, der erstmals eine richtige Stadt sah. »Was hat er damit gemeint?«, sagte sie, halb zu sich selbst. »Er konnte doch nicht mal wissen, dass es mich gibt?«
    Jino sah etwas unwirsch drein, tat aber sein Bestes zu lächeln. »Oh, der Prinz würde niemals lügen, Hoheit, und sich ganz gewiss nie zu einer Schmeichelei entwürdigen.« Er lachte ein wenig bitter. »Er meint es gut und ist gewiss ein prachtvoller junger Mann, aber seine höfischen Manieren lassen doch noch einiges zu wünschen.« Er straffte sich und machte eine auffordernde Armbewegung. »Gestattet, dass ich Euch jetzt in Eure Gemächer zurückgeleite, Prinzessin. Wir alle freuen uns darauf, beim Nachtmahl wieder das Vergnügen Eurer Gesellschaft zu haben, doch jetzt solltet Ihr Euch wirklich von Eurer strapaziösen Reise ausruhen.«
    Brionys höfische Manieren mochten ja nach syanesischen Maßstäben etwas rustikal sein, aber sie verstand dennoch sehr genau, was Jino sagen wollte:
Bitte, Kind, geht mir jetzt vom Hals, damit ich mich um wichtigere Angelegenheiten kümmern kann — die Angelegenheiten eines richtigen Königreichs, nicht so eines hinterwäldlerischen wie des Euren.
    Es war eine weitere Erinnerung daran, dass Briony für die Syanesen bestenfalls eine Zerstreuung war, eher aber ein lästiges Problem. In jedem Fall hatte sie hier keine Macht, keine Freunde, auf die sie zählen konnte. Sie ließ sich durch den prächtigen, hallenden Thronsaal zurückgeleiten, vorbei an Grüppchen gaffender Höflinge und diskreterer, aber nicht minder neugieriger Bediensteter, und überlegte währenddessen, wie sie die Situation zu ihren Gunsten ändern könnte.

2

Eine Straße unterm Meer
    Laut Rhantys und anderen Gelehrten aus den Zeiten vor dem Großen Tod behaupten die Elben selbst, nicht von den Göttern erschaffen worden zu sein, sondern vielmehr ihrerseits die Götter ›herbeigerufen‹ zu haben.
    Eine Abhandlung über die Elbenvölker Eions und Xands
    Flint hob das Bruchstück einer knochenweißen Scheibe auf und winkte damit zu Chert hin. »Was ist das?«, fragte er, aber sein Adoptivvater war ein paar Schritte voraus und konnte nicht sehen, was der Junge da gefunden hatte.
    »Wollen wir zu Fuß bis nach Silverside, mein Alter?«, wollte Opalia wissen, als sie zu ihnen aufschloss, sah dann aber, was Flint in der Hand hielt. »Was hast du da, Junge?« Sie nahm es ihm aus den Fingern, wischte behutsam den Staub ab und hielt das helle Halbrund

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