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Die Daemmerung

Die Daemmerung

Titel: Die Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
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den Himmel hell aufstrahlen ließ, doch bevor Briony weiterfragen konnte, fuhr Lisiya fort, als hätte sie es getan.
    »Wir sind hier nicht auf Krummlings Straßen — Sterbliche können sie nicht gefahrlos benutzen —, aber wir bewegen uns in Landen, die diese Straßen durchqueren — verstehst du? Diese Straßen gehören natürlich seiner Urgroßmutter Leere, doch sie gewährte ihm darauf sicheres Geleit, und diese Freiheit nutzte er weidlich.«
    Briony hatte kein Wort verstanden, doch bevor sie Lisiya bitten konnte, noch einmal von vorn anzufangen, blieb die Halbgöttin abrupt stehen.
    »Da sind wir«, sagte Lisiya. »Jetzt kannst du mir sagen, was du brauchst.«
    Sie standen vor einer kleinen, roh gezimmerten Hütte mit einem Dach aus dichtbeblätterten Zweigen und Lehm. Ein Donnerschlag erschütterte die Luft, und einen Moment lang wirkte die Hütte so flach und blass wie eins der Kulissenbilder von Makswells Mimen. Aus dem alten Laub am Boden spross junges, grünes Gras, doch die Hütte selbst wirkte uralt und seit langem verlassen.
    »Du willst doch wohl nicht nur hier herumstehen und gaffen, Kind. Komm mit.« Lisiya duckte sich durch die niedrige Tür.
    Der Regen prasselte jetzt herab wie ein Pfeilhagel, doch in der Hütte war es trocken und erstaunlich warm. Briony ließ sich auf einem der zahlreichen Felle nieder, die auf dem festgestampften Erdboden lagen. Doch bei aller Heimeligkeit — ganz normal war es hier nicht: Sooft Briony etwas längere Zeit fixierte, schien es auf eine Art, von der ihr ein bisschen schwindelig wurde, weiter weg zu rücken. Sie schrak zusammen, als ein neuer Donnerschlag die Wände erbeben ließ.
    »Nicht nur unruhig.« Lisiya runzelte missbilligend die Stirn. »Eher wie ein schlafender Bär, der den nahenden Frühling wittert. Beeil dich, Mädchen, wir haben vielleicht nicht mehr viel Zeit. Erzähl mir, was dich bedrückt.«
    Briony erzählte ihr von ihren Träumen, schilderte zuerst die von ihrem Bruder Barrick, vor allem den letzten und schrecklichsten. Noch immer konnte sie nicht an seine Augen denken, ohne im Innersten zu erschauern. »Da kann ich dir kaum helfen, fürchte ich«, sagte Lisiya schließlich nach längerem, nachdenklichem Schweigen. »Dein Bruder ist mir verborgen — ob wegen des Ortes, wo er sich aufhält, oder wegen der Gesellschaft, in der er sich befindet, weiß ich nicht. Aber irgendetwas sagt mir, dass er nicht tot ist.«
    »Den Göttern sei Dank? Solange er lebt, besteht Hoffnung«, sagte Briony — und es war nicht nur eine Floskel. Ihr war tatsächlich schon leichter ums Herz. »Ich danke Euch«
    »Einer Göttin dankt man mit einer Opfergabe«, erwiderte Lisiya. »Honig wäre schön — Klee oder Apfelblüte sind meine Lieblingssorten —, doch ein hübscher Stein geht auch. Du kannst deine Gabe auf einen meiner Altäre legen ...« Sie schien plötzlich abgelenkt.
    Briony wollte der Halbgöttin nicht sagen, dass sie noch nie von einem Lisiya-Altar gehört hatte, jedenfalls nicht in der Welt des Wachseins. »Mache ich. Darf ich Euch noch etwas fragen?«
    Langsam wandte Lisiya ihre Aufmerksamkeit wieder Briony zu. »Ich denke schon. Aber schnell, Kind, das Wetter wird mir allmählich zu seltsam.«
    Briony erzählte ihr rasch von ihrem Dilemma — dass ihre freundschaftlichen Gefühle für Eneas ihre Pläne, sich seiner Hilfe zu bedienen, gefährden könnten. »Er ist ein anständiger Mann? Ein wahrhaft anständiger Mann. Wie kann ich ihm so etwas antun? Selbst um einer guten Sache willen?«
    Die Halbgöttin zog eine borstige Augenbraue hoch. »Aber er ist ein Mann, nach allem, was du sagst — ein erwachsener Mann und ein Prinz. Er wird seine Entscheidungen selbst treffen — dich zu unterstützen oder nicht, zu tun, was du möchtest, oder nicht. Hast du ihm versprochen, ›Hilf mir, dann werde ich dich heiraten‹ — oder gar, ›Hilf mir, dann darfst du in mein Bett‹?«
    »Natürlich nicht!«
    Lisiya lachte schroff. »Du brauchst nicht so entsetzt zu tun, Kind. Wie ich sehe, bist du durchaus schon eine Frau, nur nicht offiziell, und wenn das wirklich so eine schreckliche Sache wäre, dann gäbe es wohl sehr viel weniger Sterbliche auf der Welt.«
    »Ich meinte doch nicht ... nun ja, doch, schon, aber ... jedenfalls bin ich noch Jungfrau?«
    »Das ist nun nicht gerade etwas Besonderes, Kind. Nichts, womit du dich brüsten könntest.«
    »Aber ...« Briony schnappte nach Luft, als ein Blitz durch alle Ritzen in Decke und Wänden gleißte. Dann

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