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Die Daemmerung

Die Daemmerung

Titel: Die Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
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Frage dem Gefangenen, der mit jedem Augenblick weniger furchtsam und umso verdutzter aussah. »Er will wissen, ob Ihr ihn töten werdet«, sagte Antimon, nachdem er sich die Antwort des Drags angehört hatte. »Und er glaubt, der Sippenangehörige hieß Sturmlicht.«
    »Ich wusste es?« Vansen schlug so fest mit der Hand auf den Steintisch, dass der Gefangene zusammenschrak. »Sagt ihm
nein,
Antimon, nein, wir werden ihn nicht töten. Wir werden ihn sogar freilassen, wenn er mich zu seiner Herrin führt. Ja, ich werde hingehen und mit ihr sprechen. Ich werde ihr die Wahrheit über Sturmlicht und den Pakt erzählen. Ich war nämlich
dabei.«
    Stockend übersetzte der Mönch dem Gefangenen Vansens Worte. Es wurde ganz still in dem kleinen Raum. Vansen sah sich um. Zinnober, Bruder Antimon, Malachit Kupfer, selbst der Drag — alle starrten ihn an, als hätte er gänzlich den Verstand verloren.

    Chavens Bett war noch unberührt. Allem Anschein nach war der Arzt nicht einmal in seiner Zelle gewesen.
    »Er ist nicht hier«, sagte Flint mit seiner ernsten, hohen Stimme.
    »Das ist mir klar«, knurrte Chert. »Wir haben ihn seit Tagen nicht mehr gesehen — seit er dich davonlaufen ließ, als er auf dich aufpassen sollte. Aber ich will mit ihm reden. Hat er dir etwas gesagt, dass er irgendwo hinwollte?«
    »Er ist nicht hier«, sagte der Junge wieder.
    »Du bringst noch meinen Kopf zum Einsturz, Junge.« Sie verließen die Zelle wieder.

    »Hauptmann Vansen ist nicht hier«, sagte Zinnober. »Er trifft Vorbereitungen für eine Reise, auf der er sein Leben riskieren will, um etwas zu tun, das ich nicht ganz verstehe und das sowieso keine Aussicht auf Erfolg hat.« Er seufzte. »Ich hoffe, Ihr habt bessere Neuigkeiten.«
    »Ich fürchte nein«, sagte Chert. »Ich habe im ganzen Tempel keine Spur von Chaven entdeckt.«
    Zinnober runzelte die Stirn. »Das ist sehr sonderbar und beunruhigend. Von Hendon Tolly droht ihm der Tod, warum sollte er da in die Burg hinaufgehen oder auch nur nach Funderlingsstadt?«
    »Hoffentlich ist er nicht allein losgegangen und gestürzt«, sagte Malachit Kupfer. »Hier unten gibt es so viele dunkle Orte, vor allem jenseits der Fünf Bögen — wir würden vielleicht nicht einmal seine Leiche finden.«
    Bruder Nickel war wütend. »Ich habe Euch ja gesagt, es würde Probleme geben — ein Fremder, der nicht einmal von unserem Volk ist und nach Herzenslust auf dem Tempelgelände herumspaziert, ja sogar darüber hinaus? Schlimm genug, dass Cherts Junge in die Mysterien gelangt ist. Was ist, wenn dieser ... Oberirdler, dieser Zauberpriester, dasselbe tut? Was könnte er an Unheil über uns alle bringen?«
    »Warum sollte Chaven in die Mysterien eindringen wollen?«, fragte Chert.
    »Warum nicht?« Nickel war so wütend, dass er sich kaum noch beherrschen konnte. »Dieser Tage scheint doch jeder zu glauben, er hätte irgendetwas an unseren heiligsten Stätten zu suchen? Oberirdler, Kinder, selbst die Zwielichtler!«
    »Zwielichtler?« Chert drehte sich verwirrt zu Zinnober und Malachit Kupfer um. »Was soll das heißen? Davon weiß ich gar nichts.«
    »Jaspis und seine Wächter haben ein paar Versuche unterbunden, in Stollen unterhalb der Tempelsohlen durchzubrechen«, sagte Malachit Kupfer. »Aber das beweist gar nichts — höchstwahrscheinlich wollten die Zwielichtler nur einen Weg finden, uns zu überrumpeln. Sobald sie uns geschlagen hätten, könnten sie die Verteidiger der Burg überraschen, indem sie durch die sogenannten Tore von Funderlingsstadt kämen, die ja bereits innerhalb der Burgmauern liegen.«
    »Ihr macht Euch etwas vor«, sagte Nickel. »Sie wollen die Macht in der Tiefe.« Er funkelte Chert so grimmig an, als seien die Blauquarzens irgendwie an diesem schurkischen Plan beteiligt. »Sie wollen die Kontrolle über die Mysterien.«
    »Warum? Warum sollten die Zwielichtler so etwas wollen? Was könnte das überhaupt heißen?« Chert sah in Nickels wütendes Gesicht und bemerkte aufflackerndes Erschrecken, wie bei einem Kind, das sich bei einer durchsichtigen Lüge ertappt fühlt. »Moment mal. Da ist doch irgendetwas, wovon ich nichts weiß. Was ist es?«
    »Sagt es ihm, oder ich tue es«, sagte Zinnober. »Chert hat unser Vertrauen verdient.«
    »Aber Magister?« Nickel schien bestürzt. »Bald kennen alle die Geheimnisse?«
    »Die Zunft hat mir die Autorität übertragen, und ich entscheide, Bruder. Außerdem ist die Zeit der Geheimnisse vielleicht einfach vorbei.« Der

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