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Die Daemmerung

Die Daemmerung

Titel: Die Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
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weitere zerklüftete Öffnung, hinter der er wieder aufrecht zu stehen vermochte.
    Als die Funderlinge zu ihm hinaustraten, erhellte das vereinte Licht ihrer Lampen einen Stollen, der ein halbes Dutzend Schritt breit war — ein Zeugnis meisterlicher Handwerkskunst, der Stein von Boden, Decke und Wänden (bis auf das Loch, durch das sie gerade gekommen waren, und den Abraumhaufen daneben) säuberlich geglättet.
    »Eine von Sturmsteins Straßen«, sagte Antimon fast schon ehrfürchtig. »Diese hier habe ich noch nie gesehen — so weit weg, selbst vom Tempel.«
    »Die Zunft wird diese Straßen von jetzt an besser bewachen müssen«, sagte Vansen. »Jemand ist eindeutig von hier in die Bohrlöcher durchgebrochen. Wir müssen zurück und Zinnober und den anderen Meldung machen.«
    Er drehte sich um und führte sie zurück in den frischgeschlagenen Gang, der jetzt, da sie solide Funderlingsarbeit gesehen hatten, noch roher und primitiver wirkte. Sie waren erst ein kleines Stück weit gekommen, als Vansen einen Lichtschimmer bemerkte. Zuerst dachte er, einer der Funderlinge hätte ihn irgendwie überholt und sei jetzt vor ihm, doch die Stelle des Gangs, wo er stand, war kaum breiter als seine Schultern.
    Im nächsten Moment richtete sich das Etwas, das ihnen entgegenkam, auf und blockierte das Licht hinter sich, und Vansen wich einen Schritt zurück. Es war menschenähnlich, aber nur entfernt, und ganz mit ledriger, schuppiger Haut bedeckt. Die Augen lagen so tief unter einem Brauenwulst, dass sie das Licht von Vansens Korallenlampe kaum reflektierten. Vansen blieb nur ein kurzer Moment, um in dem grobschlächtigen Gesicht eine gewisse Ähnlichkeit mit den affenartigen Wächterwesen von Große Tiefen zu erkennen, dann schoss eine der mächtigen Fäuste, so groß wie die Schaufel eines Totengräbers, auf seinen Kopf zu. Vansen schaffte es gerade noch, seine Axt hochzureißen, doch die rohe Kraft des Wesens schmetterte ihm die Flachseite seiner eigenen Waffe an den Kopf, sodass er benommen rückwärtstaumelte und halb auf die Funderlinge hinter sich fiel, die entsetzt und verwirrt aufschrien.
    »Aa-iyah Krja'azel!«,
schrie einer. »Das kann nicht sein!«
    »Ein Tiefenettin!«, rief Antimon. »Lauft, Hauptmann, es ist ein Ettin!«
    Aber er konnte nirgends hinlaufen. Das Etwas vor ihm brummte, ein tiefes Vibrieren, das Vansen in der Brust fühlte. Er hob wieder die Axt, doch noch während er es tat, erschien von hinter der Schulter des Monsters ein langer, hohler Stab, der hin und her pendelte wie eine Schlange. Eine Wolke von Rauch oder Staub quoll aus der Öffnung des Rohrs, und plötzlich bekam Vansen keine Luft mehr. Er ließ die Waffe fallen und griff sich an die Kehle, suchte die Hände, die ihn würgten, aber da war nichts, nur eine wachsende rote Leere in seiner Lunge. Als er hilflos zu Boden sank, fühlte Ferras Vansen sein Bewusstsein flackernd erlöschen wie eine Kerze, die in einen Brunnenschacht geworfen wurde.

10

Die Schläfer
    Kaspar Dyelos unterscheidet verschiedene Koboldarten. Die kleinsten Kobolde sind die sogenannten Myanmoi oder Mausmännlein, die mittleren heißen Fylgiur, und dann gibt es noch etliche, die kindsgroß sind und sehr alt werden können.
    Eine Abhandlung über die Elbenvölker Eions und Xands
    Barrick hatte alle Mühe, auf den Beinen zu bleiben. Der Hang war übersät mit Hubbeln und Löchern; Kriechranken und Dorngestrüpp wucherten zwischen den Bäumen, und alle paar Schritte ragte ein Höcker von gelblichblassem Stein wie etwas Knöchernes aus dem Gewirr und versperrte ihm den Weg. Die Seidenwickler jedoch schienen zurückzubleiben, er konnte sie noch hinter sich in den Bäumen sehen, weiße Schemen, die von Ast zu Ast sprangen wie geisterhafte Affen, doch ohne die aggressive Eile, die sie zuvor gezeigt hatten.
    Der Vogel hatte recht,
dachte er.
Die Seidenwickler haben genauso viel Angst vor diesem Berg wie alle anderen.
    Was für ihn vermutlich nichts Gutes verhieß, außer dass er vielleicht die Möglichkeit haben würde, sich ein wenig auszuruhen und nachzudenken. Die Kreaturen würden ihn erwarten, wenn er wieder abstieg, und er hatte immer noch keine andere Waffe als seinen abgebrochenen Speer. Und wo war Skurn? Hatte ihn der Vogel endgültig im Stich gelassen?
    Von dem steilen Anstieg schmerzten seine Lunge und seine Beine. Als er von seinen Verfolgern nichts mehr entdecken konnte, setzte er sich hin, um sich zu erholen, aber er musste die ganze Zeit an ihre gesichtslosen,

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