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Die Daemmerung

Die Daemmerung

Titel: Die Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
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schwach deren Licht auch sein mochte, zu gut erkennbaren Angriffszielen.
    Vansen setzte sich jetzt an die Spitze und umging dunkle Bodenstellen, die seiner Erfahrung nach Löcher sein konnten, durch die er zum Mittelpunkt der Erde fallen würde. Im Näherkommen erkannte er, dass die nächstliegende Zelle belegt gewesen war, denn der Bewohner lag zur Hälfte draußen, die Arme ausgebreitet und verdreht. Im fahlen Korallenlicht schien das Opfer fast noch ein Jüngling. Vansen trat näher und berührte die Haut des Funderlingsnovizen. Sie war warm, aber der Bursche war schlaff wie ein Lappen, und seine Augen standen halb offen. Vansen presste das Ohr an die Brust des Funderlings, hörte aber nichts. Tot also, aber wie lange schon?
    Wie Antimon gesagt hatte, bargen mehrere der karg möblierten Zellen in der untersten Reihe leblose Gestalten, eine davon so klein, dass sich selbst Vansens abgestumpftes Herz schmerzhaft zusammenkrampfte. Während sich Jaspis und die übrigen Funderlinge zornig murmelnd über Klein-Zinn beugten, schlich Vansen vorsichtig weiter und fragte sich, wie viele andere Zellen ebenfalls Leichen bargen und wie alle diese Novizen umgekommen waren, ohne irgendwelche Spuren von Gewalteinwirkung aufzuweisen. Jeder Tote lag in seiner Zelle, was darauf hinzudeuten schien, dass die Katastrophe sie alle gleichzeitig oder aber extrem lautlos und schnell ereilt hatte.
    Die erste Zelle des nächsten steinernen Hügels war leer, und Vansen wollte schon zur nächsten gehen, als er im Schein seiner Lampe etwas bemerkte, das er in den anderen Zellen nicht gesehen hatte — ein Loch in der Rückwand, das tiefer in den Fels hineinführte. Er beugte sich näher heran. Während in allen anderen Zellen, die er bisher gesehen hatte, der Boden penibel sauber gehalten worden war, bedeckten ihn hier Gesteinstrümmer und Staub. Das Loch in der hinteren Wand sah aus, als hätte es jemand hastig mit Hammer und Meißel geschlagen. Aber warum?
    Plötzlich ging Vansen auf, was er da vor sich hatte. Er verließ eilig die Zelle und ging zurück zu den anderen, von denen die meisten, jetzt, da ihr Zorn verausgabt war, furchtsam dreinsahen.
    »Ich glaube, ich habe die Stelle gefunden, wo sie hergekommen sind«, flüsterte er. »Folgt mir.«
    Jaspis folgte ihm als Erster und dann Antimon, doch die anderen blieben zurück. Wieder überkamen Vansen Zweifel. Diese unausgebildeten Funderlinge waren keine Soldaten — sie waren weit davon entfernt, verlässlich zu sein. Das würde er bedenken müssen.
    Schlegel Jaspis drehte sich um und funkelte seine Männer grimmig an, sein Gesicht eine groteske Maske im Schein ihrer Lampen. Seine Männer rappelten sich hoch, aber das Widerstreben stand ihnen immer noch ins Gesicht geschrieben.
    »Es ist ein Durchbruch, der von der anderen Seite geschlagen wurde«, sagte Antimon, als er auf das Loch in der Rückwand der leeren Zelle starrte.
    »Und nicht mit Funderlingswerkzeug«, knurrte Jaspis leise. »Und auch nicht mit Funderlingskönnen. Das da ist miserable Arbeit. Seht ihr, die Ränder sind zerklüftet.«
    »Diese Stollen, von denen Chert gesprochen hat — Sturmsteins Straßen«, sagte Vansen zu Antimon. »Ist eine davon in der Nähe?«
    »Ich weiß nicht. Lasst mich überlegen.« Antimon richtete sich wieder auf »Ja, ich glaube schon, obwohl wir nie durch die Bohrlöcher gehen würden, um hinzukommen — es gibt einen Verbindungsgang viel näher beim Tempel. Aber doch, ja, sie verläuft hinter dieser Gesteinsformation.«
    »Dann könnte das hier von den Qar stammen«, sagte Vansen. »Vielleicht hat die Invasion ja bereits begonnen. Wir müssen da hindurchgehen und nachsehen, was auf der anderen Seite ist«, erklärte er den Zunftwächtern. »Wir können Zinnober und den anderen nicht Bericht erstatten, wenn wir nicht Bescheid wissen. Folgt mir. Bleibt eng zusammen. Und denkt daran — leise!«
    Hinter dem Loch in der Zellenwand war ein primitiver Gang, mit Geröll und größeren Gesteinsbrocken übersät und stellenweise so niedrig, dass Vansen auf Händen und Knien kriechen musste und die Angst, er könnte stecken bleiben, höchst gerechtfertigt war. Einmal wurde seine Lampe schwächer und erlosch dann, sodass er in fast völligem Dunkel kauerte, bis einer der Funderlinge hinter ihm ein Stück von seiner eigenen Koralle abbrach und es nach vorn durchreichte. Endlich weitete sich der Gang, und Vansen konnte wieder geduckt gehen. Ein paar hundert stolpernde Schritte später trat er durch eine

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