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Die Daemonen 02 - Freiheit oder Finsternis

Die Daemonen 02 - Freiheit oder Finsternis

Titel: Die Daemonen 02 - Freiheit oder Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meissner
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wahrlich überdauernden Gott darum zu bitten, dass der Wahnsinn nicht von Neuem auflodere und den Eltern die Kinder entreiße.
    Seit jeher war der Dämonenschlund in den Brüchigen Bergen ein verschwiegener Teil des Sechsten Baronats. Damals, vor einundzwanzig Jahren, hatte es so manche Gerüchte gegeben, dass die Baroness den Dauren eine Hexe, ja sogar eine Dämonin gewesen sei, mit goldener Haut und der Brust eines Mannes. Es gab auch welche, die behaupteten, der König selbst habe sich ebenfalls in einen Dämon verwandelt, in einen Riesen mit sechs Armen und drei Beinen, um der Dämonin den Dauren entgegentreten zu können. Und dennoch waren sich alle Geschichtsschreiber einig, dass dieser Krieg zwischen frei erfundenen Ländern mit seltsamen Namen wie Irathindurien und Helingerdia ein Krieg der Menschen gewesen war, in dem die Dämonen, die am Grunde des Schlundes kreisten, sich still verhalten und allenfalls schadenfroh geraunt hatten. Ein Krieg der Menschen, der den Menschen die Menschlichkeit geraubt hatte. Ein Krieg der Ideen, die nichts mit Aufbau und Schönheit zu tun gehabt hatten, sondern ausschließlich mit Zerstörung, Willkür und Gier.
    Dirgin Kresterfell war ein Maler. Vor dem Krieg hatte er die Farbigkeit von Häusern gegen die Witterung ausgebessert, danach hatte er so manches Mal das Lodern des Krieges auf Leinwand darzustellen versucht. Immer wieder aufs Neue war der außer Kontrolle geratene Versorgungsviehwagen des eigenen Heeres in den Gemälden aufgetaucht. Sinnbild irregeleiteter Bemühung. Alles unter sich begrabenden Eigennutzes. Kalt kalkulierterEifersucht, die im Angesicht der Flammen schrill zu brennen begann.
    Einundzwanzig Jahre war das jetzt her. Dirgin Kresterfell konnte die Furcht und die Hilflosigkeit der damaligen Monate noch immer in seinen Knochen spüren, als hätte sich das alles erst vor wenigen Tagen ereignet.
    Seitdem war so vieles besser geworden. Der Koordinator für kirchliche Angelegenheiten hatte neue Gebetshäuser errichten lassen, zum Ruhme des einzigen, wahrlich überdauernden Gottes. Der Koordinator des Wissens hatte Gemälde in Auftrag gegeben, die dazu beitragen sollten, den überstandenen Krieg als Mahnung zu bewahren. Der Koordinator der Schlösser hatte die Mittel bereitgestellt, beim Wiederaufbau des Fünften Baronats mit Fassadenfarben nicht zu sparen, sodass Dirgin Kresterfell in gleich zwei Baronaten regelmäßig Aufträge erhielt und ein wohlhabender Mann hatte werden können. Ein Weiser namens Serach den Saghi, war, obschon hochbetagt, in der ersten freien Volksabstimmung seit undenklichen Zeiten zum neuen Baron des Sechsten Baronats gewählt worden, zum Nachfolger der männerbrüstigen Baroness, und obwohl Serach inzwischen zu alt war, um noch ohne Hilfe laufen zu können, regierte er dieses Baronat mit Weisheit und Mildtätigkeit. Baron Serach hatte sogar daran gedacht, vor einigen Jahren den Bannkreis wieder instand setzen zu lassen, der den Dämonenschlund umgab und die in ihm gefangenen Dämonen am Ausbruch hinderte. Unter der Baroness den Dauren war dieser Bannkreis nämlich zerfallen, missachtet als nutzloses Relikt überlieferten Aberglaubens. In manchen Nächten war Dirgin Kresterfell sich keinesfalls sicher, ob das Kriegsgeschehen von damalsnicht doch damit zu tun hatte, dass den Dämonen ein ungehinderter Zugang in die Welt der Menschen ermöglicht gewesen war. Denn was waren Dämonen, wenn nicht jener Teil der menschlichen Seele, der den Bruder gegen die Schwester hetzt und die Tochter wider den Vater? Und wo kam dieser Teil der menschlichen Seele her – wenn nicht aus dem Dämonenschlund?
    Im Inneren der Kapelle, in der es dank der erst vor wenigen Jahren ersetzten Fenster still war, packte Dirgin Kresterfell sorgfältig seine in wasserdichtes Wachstuch gehüllten Opfergaben aus. Einundzwanzig Stücke, für die einundzwanzig Jahre Leben, die seiner Tochter seit dem furchtbaren Krieg geschenkt worden waren. Einen Laib frischgebackenes Malzkornbrot. Einen flachen Tiegel mit der Farbe, die er als Letztes zum Arbeiten benutzt hatte, diesmal ein sehr helles, beinahe an Eierschalen erinnerndes Gelb. Und ein winziger Strumpf, den Lehenna als Säugling getragen hatte. Das mit der Kinderkleidung war eine eigenartige Sache, für die Lehenna auch heute noch wenig Verständnis zeigte. Aber auf irgendeine Art und Weise musste Dirgin Kresterfell dem einzigen wahrlich überdauernden Gott doch zeigen, dass ihr Leben tatsächlich weiterging, und ihm

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