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Die Daemonen 03 - Am Ende der Zeiten

Die Daemonen 03 - Am Ende der Zeiten

Titel: Die Daemonen 03 - Am Ende der Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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ließ ebenfalls wieder ein wenig Zeit verstreichen. »Und sag, Zemu: Gefällt dir das Mädchen, das vor dir liegt?«
    »Bakenala? Sie ist die Schönste weit und breit, da kannst du jeden fragen.«
    »Und? Regt sich bei dir auch die Männlichkeit?«
    »Was meinst du? Was? Du bist verrückt, Dämon! Ich bin Arzt. Ich sehe eine Verwundete vor mir, nichts weiter. Jemanden, der meine Hilfe braucht. Da regt sich nicht das Geringste. Ich bin so etwas gewöhnt.«
    »Schade eigentlich.«
    Adain lehnte mit dem Rücken an der Wand und sah den Arzt herausfordernd an. Der schaute irritiert zurück. Das Gesicht dieses Kerls ist unglaublich weiblich, dachte Zemu. Und wenn er atmet, sieht seine Brust fast wie die eines Mädchens aus. Und grünliche Haare – das ist in Aztrivavez nicht gerade üblich, aber wer hat je behauptet, dass das Übliche reizvoller ist als das Unübliche?
    »Ich werde nicht schlau aus dir, Dämon«, schnaufte Zemu. »Ich mache mir nichts aus Männern. Und hast du nicht eben noch klargestellt, dass du für mich ein Mann bist?«
    »Du solltest das alles nicht so eng sehen. Ich bin ein Dämon. Ich kann für dich sein, was du dir wünschst.«
    Zemu wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. Seine Männlichkeit regte sich jetzt tatsächlich. »Ich … muss mich aber doch um Bakenala kümmern.«
    »Deine Pflichtauffassung ehrt dich. Aber das Mädchen ist nun schon so lange ohne Bewusstsein, dass es auf ein paar Augenblicke mehr oder weniger nicht ankommt. Und ich verspreche dir, dass ich dich nicht lange aufhalten werde. Im Gegenteil: Ich bin neugierig darauf, wie schnell Menschen die Kontrolle verlieren können.«
    Die Kontrolle verlieren. Zemu spürte, wie etwas in ihm überschäumte. Dieser skrupellos lächelnde Dämon war einfach zu verflucht hübsch.
    Als Bakenala kurz darauf aus eigener Kraft ein wenig zu sich kam, vermeinte sie mit sich im Raum zwei sich balgende, jaulende Tiere zu hören und auch zu riechen, aber dann schwanden ihr wieder die Sinne und lösten sich auf in einer Art Traum, in dem mehrere ausgesprochen zufriedenstellende Männer sich ihrer annahmen.
    Oben an den windgeblähten Segeln sagte Gilgel zu Jitenji: »Wir haben einen leibhaftigen Dämon an Bord. Und wir nehmen ihn mit nach Aztrivavez.«
    Jitenji begegnete seinem Blick. Ihr grüner Sandmantel flatterte im Wind. Hier oben war solche Kleidung eher hinderlich, aber Jitenji wollte das Symbol ihrer Steuerfrauenwürde nicht einfach ablegen. »Wir nehmen noch viel mehr mit als einen. Sechzehn ausgewachsene Psells ziehen wir wie eine Perlenschnur hinter uns her. Der Fürst wird ziemlich beeindruckt von uns sein, meinst du nicht auch?«
    Gilgel stieß einen melodiösen Pfiff aus. »Du verstehst das nicht, Ji. Dieser eine Dämon, der, der sprechen kann, ist vollkommen anders als alle anderen. Er trägt die Saat in sich.«
    »Welche Saat?«
    »Die Saat der Weiß-Sagung.«
    Jitenji lachte, doch das Lachen klang erzwungen. »Aber Gilgel, alter Kamerad: Es ist doch schon alles weiß! Was sollte eine weitere Weiß-Sagung denn noch ändern?«
    »Frag ihn , was es ändern würde«, erwiderte Gilgel und deutete mit dem Daumen auf Koaron, der unter einer Rahe hing wie eine Insektenlarve und in die Ferne starrte, regungslos ohne Glais weiterführende Befehle. Jitenji wollte ihn nicht stören, die Nacht würde lang und ruhelos werden, und der Junge sah bereits von allem Erlebten über die Maßen erschöpft aus. Er hatte an Adains Seite gegen die Psells gekämpft, indem Adain ihn zu ihrer Waffe gemacht hatte, Hand in Hand. Jitenji hatte das sehen können, von Deck aus, als sie sich gerade darangemacht hatte hinabzuklettern, um die Anker zu lösen. Sie stellte sich Koarons Erlebnis als ausgesprochen zermürbend vor.
    Gilgel setzte sich behutsam die fratzenhafte Kampfmaske auf, die der Kapitän nach dem Hieb des Großen verloren hatte. Deshalb klang es schaurig dumpf, als er leise eine der Hundert Hoffnungslosen Balladen anstimmte:
     
    weiß wird zu schwarz in den fingern der falschen
    es kleiden sich narren in notzucht und licht
    es werden die kinder den greis überraschen
    und tote entblättern ihr festtagsgesicht
    hei-jo, ihr menschen, hei-jo, ihr matrosen
    weiht euch in galle, speit euch in glut
    es wird euch freund himmel mit donnern umtosen
    und seewärts versinkt selbst den stärksten ihr mut

IV
    Rastlos
    Der Mond hatte genau dieselbe Farbe wie die Wüste, deshalb bestand das Land der Nacht aus nichts weiter als seinem ebenmäßigen

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