Die Daemonen 03 - Am Ende der Zeiten
seiner Zunge und spie ihn auf die Psells hinab.
»Jitenji!«, rief er. »Ich will, dass wir nicht volle Fahrt machen, sondern uns so langsam wie möglich bewegen. Kriegen wir das hin?«
»Wir müssen eine gewisse Geschwindigkeit haben, um Dünen hinaufzukommen.«
»Das weiß ich doch, verdammt. So langsam wie möglich heißt natürlich schnell genug, um nicht stecken zu bleiben.« Dummes Weibsbild , fluchte Kapitän Renech innerlich. Er spürte, wie sich all seine Wut von Adain auf Jitenji übertrug, was praktisch war, weil Jitenji in der Hierarchie unter ihm stand und Adain außerhalb. Außerhalb jeglicher Erfahrungswerte sogar.
»Aye, aye, Käpt’n!«
»Wie viele Tage auf direktem Weg zur Stadt?«
»Bei bleibendem Wind und deutlich verhaltener Geschwindigkeit sind wir morgen Abend, spätestens morgen Nacht da.«
»Gut. Das bedeutet bis dahin kein Schlaf, außer für Zemu. Zemu, ich erwarte jedoch, dass mindestens Voy in ein paar Stunden wieder auf dem Damm ist und mithelfen kann, sonst gibt es auch für dich keinen Schlaf, sondern Segeldienst!«
»Aye«, knurrte Zemu.
»Und Ihr, Verehrteste?«, wandte sich der Kapitän nun an die Fremde, die ihn zweimal geohrfeigt hatte. All seine Erfahrung riet ihm, mit Jovialität darüber hinwegzugehen, als sei es nie geschehen. »Wie gedenkt Ihr Euch nützlich zu machen, wenn Ihr schon auf meinem Schiff mitfahrt?«
»Ich verstehe nichts vom Segeln.«
»Das dachte ich mir schon.« Jovialität fühlte sich gut an. »Und vom Kochen?«
»Noch weniger.«
»Das dachte ich mir auch. Ihr werdet dennoch mithelfen müssen. Ihr löst jemanden in den Wanten ab, der nicht mehr kann, und befolgt genau die Anordnungen Eurer Nebenleute, verstanden?«
»Aye, aye, Käpt’n«, lächelte sie spöttisch. »Darf ich Euch eigentlich eine Frage stellen, Käpt’n?«
Renech zuckte leicht zusammen. »Warum … äh, nicht?«
»Ihr wart auf der Jagd nach diesem Riesen mit den sechs Armen?«
»Ja?«
»Wenn Ihr in bezwungen hättet – wie transportiert Ihr denn dann ein Wesen, das größer ist als Euer Schiff?«
Kapitän Renech lachte erleichtert auf. »Vom Sammeln versteht Ihr also auch nichts?«
»Absolut nichts.«
»Helft erst mal Zemu, die beiden ohnmächtigen Frauen unter Deck zu bringen, dann kann er Euch vielleicht das eine oder andere erklären.«
»Aye, aye, Käpt’n. Und kann ich Euch vielleicht noch einen Rat geben?«
Renech zuckte wieder zusammen, dann fragte er argwöhnisch: »Welchen Rat denn?«
»Nun, wenn Ihr sicherstellen wollt, dass die Wüstendämonen dem Schiff folgen, dann solltet Ihr eine der Frauen, die in dem Riesenrauch gebadet haben, ganz nach hinten stellen. Oder Koaron. Die Wüstenwesen folgen nicht ihren Augen, sondern ihrer Nase, aber auch ihre Nasen haben Grenzen.«
»Hm. War Glai in diesem … Riesenrauch?«
»Ich weiß die Namen der Frauen noch nicht.«
»Die dort oben.«
»Mit Sicherheit. Sie kletterte doch auf dem Riesen herum.«
»Glai! Traust du dir zu, Jitenjis Aufgabe zu übernehmen?«
»Aye, Käpt’n!«
»Dann tauscht eure Positionen. Jitenji an die Segel, Glai ins Heck.«
Alle waren verwundert, die Steuerfrau in die Wanten und die Sammlerin ans Steuer, aber alle taten, wie der Kapitän es ihnen befohlen hatte, und so langsam stellte sich bei Renech wieder das beruhigende Gefühl ein, sämtliche Vorgänge unter Kontrolle zu haben.
Die Psells folgten dem sich durch den Sand mahlenden Schiff wie die verzückte Prozession einer vom vielen Berühren schon ganz stumpfen Reliquie.
Unter Deck roch es nach Zemus Achselschweiß, nach Latrine, kalter Kartoffelsuppe und jahrelang abgelagerten Rauchkrautrückständen. Die Gänge und Kajüten waren dermaßen eng, dass Adain sich an die Zeit vor dem großen Ausbruch erinnert fühlte, als sie noch ein Dämon unter hunderttausend anderen gewesen war, umhergewirbelt, aneinandergepresst, zufällig ineinander verschoben im Mahlstrom der Konturenlosigkeit. Zemu winkte sie herrisch in jenes funzelige Loch, das auf der Miralbra Vii wohl als Arztstation durchging. Adain bettete Bakenala so sanft wie möglich auf einen fischlederbespannten Tisch, während Zemu in einer Kiste nach Instrumenten kramte. Zemu war der einzige Sammler ohne Schutzbekleidung, den Adain bislang gesehen hatte. Sein wollhaariger, korpulenter Oberkörper war einzig von einem ärmellosen, roten Hemd überspannt, wahrscheinlich, weil ihm in der Wüste viel zu heiß war für mehr Kleidung.
»Was ist ihr denn passiert?«, nuschelte
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