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Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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Höflichkeit abgesehen, einen ganz gleichmütigen, sogar matten Gesichtsausdruck zeigte.
    »Wo werden Sie denn wohnen?«
    »Hier.«
    Warwara Petrowna richtete ihre Aufmerksamkeit ebenfalls auf Lisa; aber plötzlich machte ein Gedanke, der ihr kam, sie stutzig.
    »Wo bist du denn bis jetzt diese ganzen zwei Stunden und mehr gewesen, Nikolai?« fragte sie herantretend. »Der Zug kommt doch um zehn Uhr an.«
    »Ich habe zuerst Peter Stepanowitsch zu Kirillow gebracht. Peter Stepanowitsch hatte ich in Matwejewo« (drei Stationen von unserer Stadt entfernt) »getroffen, und wir waren dann in demselben Abteil hierher gefahren.«
    »Ich hatte vom Morgengrauen an in Matwejewo warten müssen,« fiel Peter Stepanowitsch ein. »Bei unserm Zuge waren in der Nacht die hintersten Waggons aus den Schienen gesprungen; wir hätten uns dabei die Beine brechen können.«
    »Die Beine brechen!« rief Lisa. »Mama, Mama, und wir beide, Sie und ich, wollten in der vorigen Woche nach Matwejewo fahren; da hätten wir uns auch die Beine brechen können!«
    »Um Gotteswillen!« rief Praskowja Iwanowna und bekreuzte sich.
    »Mama, Mama, liebe Mama, erschrecken Sie nicht, wenn ich wirklich einmal beide Beine breche; das kann mir sehr leicht passieren; Sie sagen ja selbst, daß ich alle Tage einen halsbrecherischen Galopp reite. Mawriki Nikolajewitsch, werden Sie mich führen, wenn ich lahm bin?« Sie lachte wieder. »Wenn das passiert, werde ich mich von niemand als von Ihnen führen lassen; darauf können Sie sich sicher verlassen. Ich nehme an, daß ich nur ein Bein breche ... Nun, seien Sie doch liebenswürdig und sagen Sie, daß Sie das für ein Glück halten werden!«
    »Was soll das für ein Glück sein, wenn man nur ein Bein hat?« erwiderte Mawriki Nikolajewitsch ernst mit finsterem Gesichte.
    »Dafür werden Sie auch mein Führer sein, Sie allein, sonst niemand!«
    »Sie werden auch dann meine Führerin sein, Lisaweta Nikolajewna,« brummte Mawriki Nikolajewitsch noch ernster.
    »O Gott, jetzt hat er einen Witz machen wollen!« rief Lisa ordentlich erschrocken. »Mawriki Nikolajewitsch, wagen Sie sich nie auf dieses Gebiet! Aber was sind Sie für ein schrecklicher Egoist! Ich bin zu Ihrer Ehre davon überzeugt, daß Sie sich jetzt selbst verleumden; Sie werden mir dann vielmehr vom Morgen bis zum Abend versichern, daß ich ohne das Bein noch interessanter sei! Nur eines ist ein Übelstand, der sich nicht wird beseitigen lassen: Sie sind so schrecklich groß, und ich werde ohne das Bein sehr klein sein; wie werden Sie mich dann am Arm führen? Wir werden nicht richtig zusammenpassen!«
    Sie lachte krampfhaft auf. Ihre Scherze und Anspielungen waren geringwertig gewesen; aber es lag ihr augenscheinlich nicht daran, Ehre damit einzulegen.
    »Hysterie!« flüsterte Peter Stepanowitsch mir zu. »Man müßte ihr schnell ein Glas Wasser geben.«
    Er hatte recht; einen Augenblick darauf waren alle in eifriger Bewegung und brachten Wasser. Lisa umarmte ihre Mama, küßte sie herzlich und weinte an ihrer Schulter; dann wich sie wieder ein wenig zurück, blickte ihr ins Gesicht und fing an zu lachen. Schließlich schluchzte auch die Mama los. Warwara Petrowna führte beide zu sich in die Wohnstube, und zwar durch dieselbe Tür, durch welche Darja Pawlowna zu uns hereingekommen war. Aber sie blieben dort nicht lange, nur etwa vier Minuten, nicht mehr.
    Ich gebe mir Mühe, mich jetzt an jede Einzelheit der letzten Augenblicke dieses denkwürdigen Vormittags zu erinnern. Ich erinnere mich, daß, als wir damals allein geblieben waren, ohne die Damen (nur Darja Pawlowna war noch anwesend, die sich nicht vom Fleck rührte), Nikolai Wsewolodowitsch bei uns allen herumging und jeden begrüßte, mit Ausnahme Schatows, der in seiner Ecke zu sitzen fortfuhr und den Kopf noch tiefer gesenkt hielt als vorher. Stepan Trofimowitsch wollte mit Nikolai Wsewolodowitsch über irgendeinen Gegenstand ein sehr geistreiches Gespräch anfangen; dieser entfernte sich jedoch eilig von ihm, um zu Darja Pawlowna zu gehen. Aber unterwegs faßte ihn Peter Stepanowitsch beinah mit Gewalt und zog ihn ans Fenster, wo er ihm schnell etwas zuzuflüstern anfing; nach seinem Gesichtsausdrucke und den Gestikulationen zu urteilen, mit denen er sein Geflüster begleitete, mußte es sich wohl um etwas sehr Wichtiges handeln. Nikolai Wsewolodowitsch aber hörte nur sehr lässig und zerstreut mit seinem förmlichen Lächeln zu, und gegen das Ende bekundete er sogar Ungeduld, wie wenn er

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