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Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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etwas sehr Gutes begegnet, das uns noch unbekannt war; jedenfalls schien er mit etwas sehr zufrieden zu sein.
    »Verzeihst du mir, Nikolai?« rief Warwara Petrowna, die sich nicht mehr beherrschen konnte, und erhob sich eilig, um ihm entgegenzugehen.
    Aber Nikolai lachte laut auf.
    »Na, da haben wir's!« rief er gutmütig und scherzhaft. »Ich sehe, daß den Herrschaften schon alles bekannt ist. Als ich von hier weggegangen war, dachte ich im Wagen: ›Hättest doch wenigstens ein Geschichtchen erzählen sollen; wer geht auch so weg?‹ Aber als mir dann einfiel, daß ja Peter Stepanowitsch hiergeblieben war, da verschwand meine Sorge.«
    Während er sprach, sah er sich flüchtig ringsum.
    »Peter Stepanowitsch hat uns eine alte Petersburger Geschichte aus dem Leben eines wunderlichen Kauzes erzählt,« sagte Warwara Petrowna in hellem Entzücken, »aus dem Leben eines launenhaften, verdrehten Menschen, der aber immer eine hohe Gesinnung hegt, immer ritterlich und edel denkt ...«
    »Ritterlich? Wie sind Sie nur auf den Gedanken gekommen?« unterbrach Nikolai sie lachend. »Übrigens bin ich Peter Stepanowitsch diesmal für seine Eilfertigkeit sehr dankbar« (hier wechselte er mit ihm einen schnellen Blickt). »Sie müssen wissen, Mama, daß Peter Stepanowitsch der allgemeine Friedensstifter ist; das ist nun einmal seine Rolle, seine Krankheit, sein Steckenpferd, und ich empfehle ihn Ihnen in dieser Hinsicht angelegentlich. Ich kann mir denken, worüber er Ihnen hier Bericht erstattet hat. Wenn er erzählt, kommt es immer wie eine Berichterstattung heraus; er hat ein Büro im Kopfe. Beachten Sie, daß er als Realist nicht lügen darf und ihm die Wahrheit wertvoller ist als der Erfolg ... ausgenommen natürlich die besonderen Fälle, wo ihm der Erfolg wertvoller ist als die Wahrheit.« (Während des Redens blickte er fortwährend um sich.) »Sie sehen also klar, Mama, daß Sie mich nicht um Verzeihung zu bitten haben, und daß, wenn hier irgendwo eine Verrücktheit vorliegt, sie jedenfalls vor allen Dingen auf meiner Seite zu suchen ist, und daß ich somit letzten Endes doch verrückt bin, – ich muß doch den Ruf, in dem ich hier früher gestanden habe, aufrechterhalten.«
    Dann umarmte er seine Mutter zärtlich.
    »Jedenfalls ist jetzt durch Peter Stepanowitschs Erzählung diese Sache erledigt, und wir können also damit aufhören,« fügte er hinzu; seine Stimme hatte bei diesen Worten einen etwas trockenen, harten Klang.
    Warwara Petrowna bemerkte diesen Klang; aber ihr Enthusiasmus verschwand nicht, im Gegenteil.
    »Ich hatte dich erst in einem Monat erwartet, Nikolai.«
    »Ich werde Ihnen natürlich alles erklären, Mama; aber jetzt ...«
    Er ging zu Praskowja Iwanowna.
    Aber diese drehte kaum den Kopf zu ihm hin, trotzdem sie eine halbe Stunde vorher bei seinem ersten Erscheinen wie betäubt gewesen war. Jetzt aber hatte sie wieder neue Sorgen: von dem Augenblicke an, wo der Hauptmann hinausgegangen und in der Tür mit Nikolai Wsewolodowitsch zusammengestoßen war, hatte Lisa auf einmal angefangen zu lachen, zuerst leise und in Absätzen, aber dann hatte ihr Lachen immer mehr zugenommen und war immer lauter und vernehmlicher geworden. Ihr Gesicht war ganz rot. Der Kontrast mit der finsteren Miene, die sie soeben noch gezeigt hatte, war überraschend. Während Nikolai Wsewolodowitsch mit Warwara Petrowna sprach, hatte sie ein paarmal Mawriki Nikolajewitsch zu sich herangewinkt, wie wenn sie ihm etwas zuflüstern wollte; aber sowie er sich zu ihr herabgebeugt hatte, war sie in ein Gelächter ausgebrochen, so daß es aussah, als ob sie über den armen Mawriki Nikolajewitsch selbst lachte. Sie suchte sich übrigens offenbar zu beherrschen und drückte das Taschentuch gegen die Lippen. Nikolai Wsewolodowitsch wandte sich mit dem unschuldigsten, gutmütigsten Gesichte zu ihr und begrüßte sie.
    »Bitte, entschuldigen Sie!« sagte sie hastig. »Sie ... Sie haben gewiß auch Mawriki Nikolajewitsch gesehen ... Mein Gott, wie unerlaubt groß Sie doch sind, Mawriki Nikolajewitsch!«
    Sie lachte von neuem. Mawriki Nikolajewitsch war allerdings nicht klein, aber ganz und gar nicht »unerlaubt groß.«
    »Sind Sie ... sind Sie schon lange hier?« murmelte sie; sie beherrschte sich wieder und war sogar verlegen geworden, aber ihre Augen funkelten.
    »Etwas über zwei Stunden,« antwortete Nikolai, indem er sie aufmerksam betrachtete. Ich bemerke, daß er sich ungewöhnlich gemessen und höflich benahm, aber, von der

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