Die Dämonen
Sie sich das vorstellen? Herr Lebjadkin, ist alles, was ich soeben gesagt habe, wahr?«
Der Hauptmann, der bisher schweigend und mit niedergeschlagenen Augen dagestanden hatte, trat schnell zwei Schritte vor und wurde dunkelrot.
»Peter Stepanowitsch, Sie sind grausam mit mir verfahren,« sagte er und stockte dann.
»Wieso grausam? Warum? Aber erlauben Sie, über Grausamkeit oder Milde können wir nachher reden; jetzt bitte ich Sie nur, auf meine erste Frage zu antworten: ist alles, was ich gesagt habe, wahr oder nicht? Wenn Sie finden, daß es unwahr ist, so können Sie unverzüglich Ihre Gegenerklärung abgeben.«
»Ich ... Sie wissen selbst, Peter Stepanowitsch ...« murmelte der Hauptmann; dann brach er ab und verstummte.
Ich muß bemerken, daß Peter Stepanowitsch auf einem Lehnstuhl saß und ein Bein über das andere geschlagen hatte, der Hauptmann aber in respektvollster Haltung vor ihm stand.
Herrn Lebjadkins Zaudern schien Peter Stepanowitschs großes Mißfallen zu erregen; sein Gesicht verzog sich krampfartig zu einem bösen Ausdruck.
»Wollen Sie nicht doch eine Erklärung abgeben?« fragte er, den Hauptmann listig anblickend. »In diesem Falle seien Sie so gut; wir warten darauf.«
»Sie wissen selbst, Peter Stepanowitsch, daß ich keine Erklärung abgeben kann.«
»Nein, das weiß ich nicht; ich höre es sogar zum ersten Male; warum können Sie es denn nicht?«
Der Hauptmann schwieg und blickte zu Boden.
»Erlauben Sie mir, wegzugehen, Peter Stepanowitsch,« sagte er in entschlossenem Tone.
»Aber nicht eher, ehe Sie nicht eine Antwort auf meine erste Frage gegeben haben: ist alles, was ich gesagt habe, wahr?«
»Ja, es ist wahr,« antwortete Lebjadkin dumpf und richtete die Augen auf seinen Peiniger.
Es trat ihm sogar der Schweiß an den Schläfen heraus.
»Ist alles wahr?«
»Ja, alles.«
»Haben Sie nichts hinzuzufügen, zu bemerken? Wenn Sie finden, daß wir ungerecht sind, so sprechen Sie das aus; protestieren Sie dagegen; erklären Sie laut Ihre Unzufriedenheit!«
»Nein, ich habe nichts.«
»Haben Sie vor kurzem Nikolai Wsewolodowitsch gedroht?«
»Das ... das war mehr der Wein, Peter Stepanowitsch.« Er hob auf einmal den Kopf in die Höhe. »Peter Stepanowitsch! Wenn die Ehre der Familie und eine Schande, die das Herz nicht verdient hat, in einem aufheulen, ist dann ... ist dann wirklich der Mensch schuldig?« brüllte er, indem er sich plötzlich wieder in der Art wie vor einem Weilchen vergaß.
»Sind Sie jetzt nüchtern, Herr Lebjadkin?« fragte Peter Stepanowitsch und sah ihn durchdringend an.
»Ich ...bin nüchtern.«
»Was bedeutet denn das: ›die Ehre der Familie und eine Schande, die das Herz nicht verdient hat‹?«
»Das bezieht sich auf niemand; ich habe damit niemand gemeint. Ich sprach nur von mir ...« versetzte der Hauptmann, der wieder zusammensank.
»Sie scheinen sich durch die Ausdrücke, die ich von Ihnen und Ihrem Benehmen gebraucht habe, sehr beleidigt zu fühlen? Sie sind sehr empfindlich, Herr Lebjadkin. Aber erlauben Sie, ich habe ja noch gar nichts von Ihrem wirklichen Benehmen gesagt. Von Ihrem wirklichen Benehmen werde ich noch reden. Das werde ich tun, das kann sehr wohl noch geschehen; aber bis jetzt habe ich von Ihrem wirklichen Benehmen noch nicht gesprochen.«
Lebjadkin fing an zu zittern und starrte Peter Stepanowitsch wild an.
»Peter Stepanowitsch, ich fange erst jetzt an aufzuwachen!«
»Hm! Und da bin ich es wohl, der Sie aufgeweckt hat?«
»Ja, Sie haben mich aufgeweckt, Peter Stepanowitsch; ich habe vier Jahre lang unter einer über mir hängenden Gewitterwolke geschlafen. Darf ich mich nun endlich entfernen, Peter Stepanowitsch?«
»Das dürfen Sie jetzt, vorausgesetzt, daß nicht Warwara Petrowna selbst für nötig findet ...«
Aber diese winkte ablehnend mit der Hand.
Der Hauptmann verbeugte sich, machte zwei Schritte nach der Tür zu, blieb plötzlich stehen, legte die Hand aufs Herz, schien etwas sagen zu wollen, sagte aber nichts, sondern ging schnell hinaus. Aber in der Tür stieß er gerade mit Nikolai Wsewolodowitsch zusammen; dieser trat zur Seite; der Hauptmann krümmte sich ordentlich vor ihm zusammen und blieb regungslos auf dem Flecke stehen, ohne seine Augen von ihm abzuwenden, wie ein Kaninchen eine Riesenschlange anstarrt. Nikolai Wsewolodowitsch wartete einen Augenblick; dann schob er ihn sacht mit der Hand zur Seite und trat in den Salon.
VII.
Er war heiter und ruhig. Vielleicht war ihm soeben
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