Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
Vom Netzwerk:
sich losmachen und fortgehen wollte. Er ging vom Fenster gerade in dem Augenblicke weg, als unsere Damen zurückkehrten. Warwara Petrowna drang in Lisa, sich wieder auf ihren früheren Platz zu setzen; sie versicherte, sie müßten unbedingt wenigstens noch zehn Minuten warten und sich erholen; wenn Lisa sofort an die frische Luft käme, so würde das ihren kranken Nerven schwerlich gut tun. Sie war außerordentlich besorgt um Lisa und setzte sich selbst neben sie. Peter Stepanowitsch kam, sobald er frei geworden war, unverzüglich zu ihnen gesprungen und begann schnell und heiter zu plaudern. Und nun ging Nikolai Wsewolodowitsch endlich in seinem ruhigen Gange zu Darja Pawlowna hin; diese geriet bei seiner Annäherung auf ihrem Platze in lebhafte Bewegung und sprang dann in sichtlicher Erregung und das ganze Gesicht von roter Glut übergossen schnell auf.
    »Man kann Ihnen wohl Glück wünschen ... oder noch nicht?« fragte er; in seinem Gesichte bildete sich dabei eine besondere Falte.
    Dascha antwortete ihm etwas; aber es war schwer zu verstehen.
    »Verzeihen Sie meine Indiskretion,« sagte er mit erhobener Stimme. »Aber Sie wissen ja wohl, daß ich ausdrücklich davon benachrichtigt worden bin. Ist Ihnen das bekannt?«
    »Ja, ich weiß, daß Sie ausdrücklich benachrichtigt worden sind.«
    »Ich hoffe doch, daß mein Glückwunsch keinen Schaden angerichtet hat,« meinte er lachend; »und wenn Stepan Trofimowitsch ...«
    »Wozu wird Ihnen Glück gewünscht, wozu?« fragte Peter Stepanowitsch, der plötzlich hinzusprang. »Wozu wird Ihnen Glück gewünscht? Ei, gewiß zu dem wichtigsten Ereignis, das es gibt? Ihre Röte bezeugt, daß ich richtig geraten habe. In der Tat, wozu gratuliert man unseren schönen jungen Damen am meisten, und über welche Gratulationen pflegen sie am meisten zu erröten? Nun, nehmen Sie auch von mir, wenn ich richtig geraten habe, den besten Glückwunsch entgegen, und bezahlen Sie Ihre Wette: Sie erinnern sich, Sie haben in der Schweiz gewettet, Sie würden sich nie verheiraten ... Ach ja, apropos Schweiz ... was mache ich nur! Denken Sie sich: ich bin halb und halb gerade deswegen hergefahren, und nun hätte ich es beinah vergessen: sage mir doch,« wandte er sich schnell zu Stepan Trofimowitsch um, »wann fährst du denn nach der Schweiz?«
    »Ich ... nach der Schweiz?« erwiderte Stepan Trofimowitsch erstaunt und verlegen.
    »Wie? Fährst du etwa nicht hin? Aber du verheiratest dich ja ebenfalls ... Du hast es mir ja geschrieben!«
    »Pierre!«
rief Stepan Trofimowitsch.
    »Ach was,
Pierre ...
Sieh mal, wenn du das gern hörst, so will ich dir sagen: ich bin hierher geflogen, um dir mitzuteilen, daß ich nicht das geringste dagegen habe, da du doch nun einmal durchaus gewünscht hast, meine Meinung so schnell wie möglich zu hören; wenn es aber notwendig ist, dich zu ›retten‹« (die Worte rieselten ihm nur so aus dem Munde), »wie du gleichzeitig in demselben Briefe schreibst und inständig bittest, so stehe ich auch darin zu deinen Diensten. Ist es wahr, daß er sich verheiraten wird, Warwara Petrowna?« wandte er sich schnell an diese. »Ich hoffe, daß ich nicht indiskret bin; er schreibt mir ja selbst, die ganze Stadt wisse es und gratuliere ihm, so daß er, um dem aus dem Wege zu gehen, nur bei Nacht ausgehe. Ich habe den Brief in der Tasche.« Er zog ihn heraus. »Aber können Sie es glauben, Warwara Petrowna, daß ich in dem Briefe nichts begreife? Sage mir nur das eine, Stepan Trofimowitsch: soll man dir Glück wünschen oder dich ›retten‹? Sie werden es gar nicht glauben: neben Zeilen voll der höchsten Glückseligkeit stehen bei ihm Zeilen voll der ärgsten Verzweiflung! Zuerst bittet er mich um Verzeihung; nun, das liegt ja allerdings so in seiner Art ... Übrigens, ich muß sagen: denken Sie sich, er hat mich im Leben nur zweimal gesehen, und auch da nur zufällig, und jetzt auf einmal, wo er sich zum dritten Male verheiraten will, bildet er sich ein, er verletze dadurch mir gegenüber irgendwelche Vaterpflichten, und bittet mich inständig auf tausend Werst Entfernung, deswegen nicht böse zu sein und es ihm zu erlauben! Bitte, fühle dich nicht beleidigt, Stepan Trofimowitsch; deine Handlungsweise liegt im Charakter deiner Zeit; ich habe einen weiten Blick und verurteile nicht leicht jemanden, und deine Gesinnung macht dir ja auch alle Ehre usw usw. Aber um es noch einmal zu sagen: die Hauptsache ist, daß ich die Hauptsache nicht verstehe. Hier steht etwas von

Weitere Kostenlose Bücher