Die Dämonen
und um so sonderbarer war, als sich darin überhaupt kein Grund für seine Abfassung und Zusendung angegeben fand. Ich antwortete ihm sofort, ebenfalls brieflich, und schrieb ihm ganz offenherzig, er grolle wahrscheinlich wegen des Vorfalls mit seinem Vater vor vier Jahren hier im Klub; ich sei meinerseits bereit, ihn in jeder Weise um Entschuldigung zu bitten, mit der Begründung, daß meine Handlung unbeabsichtigt gewesen und durch Krankheit veranlaßt worden sei. Ich bat ihn, meine Entschuldigungen in Erwägung zu ziehen. Er reiste ab, ohne mir geantwortet zu haben. Aber jetzt finde ich ihn hier bereits in einer wahren Raserei. Es sind mir mehrere Äußerungen hinterbracht worden, die er in aller Öffentlichkeit über mich getan hat: es sind grobe Beschimpfungen und erstaunliche Beschuldigungen. Und endlich geht mir heute dieser Brief zu, ein Brief, wie ihn gewiß noch nie jemand erhalten hat, mit den ärgsten Schimpfworten und mit Ausdrücken wie ›Ihre geohrfeigte Fratze‹. Ich bin zu Ihnen gekommen in der Hoffnung, daß Sie sich nicht weigern werden, mein Sekundant zu sein.«
»Sie sagten, einen solchen Brief habe noch niemand erhalten,« bemerkte Kirillow. »In der Raserei ist alles möglich; so etwas ist schon oft geschrieben. Puschkin hat so an Heckeren 1 geschrieben. Nun gut; ich werde hingehen. Sagen Sie, wie es sein soll!«
Nikolai Wsewolodowitsch erklärte, er wünsche, daß das Duell gleich am nächsten Tage stattfinde; sein Sekundant solle aber jedenfalls mit einer Erneuerung der Entschuldigungen beginnen und sogar einen zweiten Entschuldigungsbrief versprechen, jedoch nur unter der Bedingung, daß auch Gaganow seinerseits verspreche, keine Briefe mehr zu schreiben. Der bereits empfangene Brief solle als nicht existierend betrachtet werden.
»Zu viel Konzessionen; er wird nicht darauf eingehen,« meinte Kirillow.
»Ich bin vor allen Dingen hergekommen, um zu hören, ob Sie bereit sind, ihm diese Bedingungen zu überbringen.«
»Ich bin bereit. Der Inhalt ist Ihre Sache. Aber er wird nicht darauf eingehen.«
»Das weiß ich, daß er nicht darauf eingehen wird.«
»Er will sich schlagen. Sagen Sie, wie das Duell vor sich gehen soll!«
»Die Sache ist eben die: ich möchte, daß die ganze Sache morgen beendet würde. Um neun Uhr morgens können Sie bei ihm sein. Er wird Sie anhören und nicht darauf eingehen, sondern Sie zu seinem Sekundanten führen; nehmen wir an, etwa um elf Uhr. Sie werden mit diesem die nötigen Festsetzungen treffen, und dann könnten wir alle um ein oder zwei Uhr an Ort und Stelle sein. Bitte, suchen Sie es so einzurichten! Waffen natürlich Pistolen, und besonders bitte ich Sie, es folgendermaßen zu arrangieren: setzen Sie fest, daß die Barrieren zehn Schritt voneinander entfernt sein sollen; stellen Sie uns dann einen jeden zehn Schritt von seiner Barriere auf, und auf ein gegebenes Zeichen gehen wir aufeinander los. Jeder muß unfehlbar bis an seine Barriere herangehen; er kann aber auch schon vorher im Gehen schießen. Ich meine, das wird alles sein.«
»Zehn Schritte zwischen den Barrieren, das ist zu nah,« bemerkte Kirillow.
»Nun, dann zwölf, aber nicht mehr; Sie sehen ja, daß er ein ernsthaftes Duell haben will. Verstehen Sie, eine Pistole zu laden?«
»Ja. Ich habe Pistolen; ich werde mein Wort geben, daß Sie aus ihnen nicht geschossen haben. Sein Sekundant mag ebenfalls sein Wort mit Bezug auf die seinigen geben; dann haben wir zwei Paare und losen mit paar und unpaar, ob seines oder unseres genommen werden soll.«
»Sehr schön.«
»Wollen Sie die Pistolen sehen?«
»Meinetwegen.«
Kirillow kauerte sich in der Ecke vor seinem Koffer nieder, der immer noch nicht ausgepackt war, aus dem aber einzelne Stücke je nach Bedürfnis herausgezogen waren. Er hob einen unten auf dem Boden stehenden Kasten von Palmenholz heraus, der innen mit rotem Samt ausgeschlagen war, und entnahm ihm ein Paar eleganter, höchst wertvoller Pistolen.
»Es ist alles da: Pulver, Kugeln, Patronen. Ich habe auch einen Revolver; warten Sie!«
Er griff wieder in den Koffer und holte ein anderes Kästchen mit einem sechsläufigen amerikanischen Revolver heraus.
»Sie haben ja viele Waffen, und sehr kostbare.«
»Sehr. Außerordentlich.«
Der arme, fast bettelarme Kirillow, der sich übrigens niemals seiner Armut bewußt wurde, zeigte jetzt offenbar mit Stolz seine wertvollen Waffen, die er sich ohne Zweifel mit großen Opfern angeschafft hatte.
»Haben Sie immer noch
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