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Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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ist doch etwas anderes,« erwiderte Kirillow, nachdem er ein Weilchen nachgedacht hatte. »Sie haben meinen Gedanken verdreht. Ein weltmännischer Scherz. Erinnern Sie sich, was Sie in meinem Leben für eine bedeutende Rolle gespielt haben, Stawrogin!«
    »Leben Sie wohl, Kirillow.«
    »Kommen Sie einmal in der Nacht! Wann?«
    »Sie haben doch nicht vergessen, was wir morgen vorhaben?«
    »Ach ja, ich hatte es vergessen; aber seien Sie unbesorgt; ich werde die Zeit nicht verschlafen; um neun Uhr. Ich bin imstande aufzuwachen, wann ich will. Ich sage beim Hinlegen: ›Um sieben Uhr!‹ und wache um sieben auf; oder: ›Um zehn Uhr!‹ und wache um zehn auf.«
    »Sie besitzen ja merkwürdige Eigenschaften,« sagte Nikolai Wsewolodowitsch und blickte ihm in das blasse Gesicht.
    »Ich werde Ihnen das Tor aufschließen.«
    »Bemühen Sie sich nicht! Schatow wird mich hinauslassen.«
    »Ah so, Schatow! Gut! Leben Sie wohl!«
     
Fußnoten
     
    1 Puschkin duellierte sich mit d'Antès-Heckeren und wurde von diesem erschossen.
    Anmerkung des Übersetzers.
     
     
VI.
    Die Tür des Hauses, dessen einziger Bewohner jetzt Schatow war, war nicht zugeschlossen; aber als Stawrogin in den Flur getreten war, befand er sich in vollständiger Finsternis und mußte die Treppe zum Halbgeschoß mit der Hand suchen. Auf einmal wurde oben eine Tür geöffnet, und es wurde Licht sichtbar; Schatow kam nicht selbst heraus, sondern hatte nur seine Tür aufgemacht. Als Nikolai Wsewolodowitsch auf der Schwelle von Schatows Zimmer stand, sah er diesen wartend in der Ecke am Tische stehen.
    »Ich komme in einer ernsten Angelegenheit; wollen Sie meinen Besuch annehmen?« fragte er von der Schwelle aus.
    »Kommen Sie herein, und setzen Sie sich!« antwortete Schatow. »Schließen Sie die Tür zu; oder warten Sie, ich werde es selbst tun.«
    Er schloß die Tür zu, kehrte zum Tische zurück und setzte sich Nikolai Wsewolodowitsch gegenüber. Er war in dieser Woche magerer geworden und schien jetzt zu fiebern.
    »Sie haben mich gefoltert,« sagte er leise, fast flüsternd, mit niedergeschlagenen Augen, »Warum sind Sie nicht gekommen?«
    »Waren Sie so fest davon überzeugt, daß ich kommen würde?«
    »Ja, warten Sie, ich habe davon im Fieber phantasiert ... vielleicht phantasiere ich auch jetzt ... Warten Sie!«
    Er stand auf und nahm vom Rande des obersten seiner drei Bücherbretter einen Gegenstand herunter. Es war ein Revolver.
    »Ich meinte einmal in der Nacht, als ich fieberte, Sie würden herkommen, um mich zu töten, und früh am Morgen kaufte ich mir bei dem Taugenichts, dem Ljamschin, für mein letztes Geld diesen Revolver; ich wollte mich Ihnen doch nicht wehrlos ergeben. Nachher kam ich wieder zu mir ... Ich habe weder Pulver noch Kugeln; seitdem liegt er da auf dem Bücherbrett unnütz herum. Warten Sie ...«
    Er trat ans Fenster und wollte die Luftklappe öffnen.
    »Werfen Sie ihn nicht hinaus; wozu?« hielt ihn Nikolai Wsewolodowitsch zurück. »Er hat Geld gekostet, und morgen würden die Leute sagen, daß bei Schatow unter dem Fenster Revolver umherliegen. Legen Sie ihn wieder hin; so ist's recht; setzen Sie sich! Sagen Sie, warum haben Sie mir gewissermaßen reuig Ihre Befürchtung gebeichtet, daß ich herkommen würde, um Sie zu töten? Ich bin auch jetzt nicht hergekommen, um mich mit Ihnen zu versöhnen; sondern ich muß Ihnen eine notwendige Mitteilung machen. Klären Sie mich zunächst darüber auf: Sie haben mich nicht wegen meiner Beziehungen zu Ihrer Frau geschlagen?«
    »Sie wissen selbst, daß das nicht der Grund war!« erwiderte Schatow, wieder zu Boden blickend.
    »Auch nicht etwa, weil Sie dem dummen Gerede über Darja Pawlowna Glauben beimäßen?«
    »Nein, nein, gewiß nicht! Dummheit! Meine Schwester hat mir von Anfang an gesagt ...« versetzte Schatow ungeduldig in scharfem Ton; er stampfte sogar ein wenig mit dem Fuße auf.
    »Also habe ich richtig geraten, und Sie haben auch richtig geraten,« fuhr Stawrogin in ruhigem Tone fort. »Sie haben recht: Marja Timofejewna Lebjadkina ist meine legitime, mir vor viereinhalb Jahren in Petersburg angetraute Ehefrau. Also ihretwegen haben Sie mich geschlagen?«
    Schatow hörte dies mit größter Überraschung und schwieg.
    »Ich hatte es erraten; aber ich wollte es nicht glauben,« murmelte er endlich und sah Stawrogin mit einem seltsamen Blicke an.
    »Und da haben Sie mich geschlagen?«
    Schatow wurde dunkelrot und murmelte unzusammenhängend:
    »Ich tat es wegen Ihres

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