Die Dämonen
und daher beschränke ich mich auf die Studenten. Ich will mein Skelett der Universität vermachen, aber nur unter der Bedingung, daß an der Stirn desselben für alle Zeit ein Etikett angeklebt wird mit der Aufschrift: ›Ein reuiger Freidenker.‹ Ja, so ist das.«
Der Hauptmann sprach mit großer Lebhaftigkeit und glaubte natürlich selbst an die Schönheit seines amerikanischen Testamentes; aber er war auch schlau und wünschte sehr, Nikolai Wsewolodowitsch, bei dem er früher lange Zeit die Stellung eines Narren innegehabt hatte, zum Lachen zu bringen. Aber dieser lächelte nicht, sondern fragte vielmehr mit einem gewissen Mißtrauen:
»Sie beabsichtigen also wohl, Ihr Testament noch bei Ihren Lebzeiten zu publizieren, um eine Belohnung dafür zu erhalten?«
»Ach, wenn sich das nur so machte, Nikolai Wsewolodowitsch, wenn sich das nur so machte!« sagte Lebjadkin, sein Gegenüber vorsichtig betrachtend. »Was habe ich für ein trauriges Schicksal! Ich habe sogar aufgehört, Verse zu schreiben; und früher einmal haben doch auch Sie, Nikolai Wsewolodowitsch, sich über meine Verse amüsiert, erinnern Sie sich wohl noch, bei der Flasche? Aber meine Feder ruht jetzt. Ich habe nur noch ein Gedicht geschrieben, wie Gogol seine ›Letzte Erzählung‹; Sie erinnern sich wohl, er verkündete dem ganzen Rußland, sie sei seiner Brust ›entströmt‹. So habe auch ich dieses Gedicht verfaßt und damit Schluß gemacht.«
»Was denn für ein Gedicht?«
»Die Überschrift lautet: ›Wenn sie sich das Bein bräche‹.«
»Wa-as?«
Darauf hatte der Hauptmann nur gewartet. Seine Gedichte bewunderte und schätzte er über alle Maßen; aber infolge einer schlauen Zweiteiligkeit seiner Seele hatte er zugleich seine Freude daran gehabt, daß Nikolai Wsewolodowitsch sich oft über seine Verse amüsierte und manchmal so darüber lachte, daß er sich die Seiten halten mußte. Auf diese Weise erreichte er zwei Ziele, ein dichterisches und ein geschäftliches; aber jetzt hatte er noch ein drittes, besonderes, sehr heikles Ziel: der Hauptmann beabsichtigte, indem er die Verse aufmarschieren ließ, sich hinsichtlich eines Punktes zu rechtfertigen, in betreff dessen er für sich ganz besondere Befürchtungen hegte und sich für besonders schuldig hielt.
»›Wenn sie sich das Bein bräche‹, das heißt bei einem Spazierritt. Es ist eine Phantasie, Nikolai Wsewolodowitsch, ein Hirngespinst, aber das Hirngespinst eines Dichters. Als ich einmal einer Reiterin begegnete, überraschte mich ihr Anblick, und ich legte mir die materielle Frage vor: ›was würde dann geschehen?‹ nämlich in jenem Falle. Die Sache ist klar: alle Verehrer würden sich zurückziehen, alle Bewerber würden über Nacht verschwinden; nur der Dichter mit dem zerquetschten Herzen in der Brust würde treu bleiben. Nikolai Wsewolodowitsch, sogar eine Laus darf verliebt sein; auch der ist es durch kein Gesetz verboten. Und doch fühlte die betreffende Person sich durch meinen Brief und durch meine Verse beleidigt. Sogar Sie sollen ärgerlich geworden sein; ist dem so? Das wäre schmerzlich; ich wollte es gar nicht glauben! Nun, wem hätte ich denn durch dieses Produkt meiner Einbildungskraft schaden können? Außerdem versichere ich Ihnen mit meinem Ehrenworte, daß mich Liputin dazu angestiftet hatte. ›Schicke es ab, schicke es ab!‹ sagte er. ›Jeder Mensch hat das Recht, Briefe zu schreiben‹; und so schickte ich es denn ab.«
»Sie haben sich ja wohl als Bräutigam angeboten?«
»Feinde, Feinde, nichts als Feinde!«
»Nun, dann sagen Sie Ihre Verse!« unterbrach ihn Nikolai Wsewolodowitsch verdrossen.
»Es ist ein Hirngespinst, ein Hirngespinst; das muß ich hervorheben.«
Indessen, er richtete sich gerade, streckte die Hand aus und begann:
»Ein Bein die schöne Reit'rin brach,
Was ihren Reiz nur noch vermehrte,
Und doppelt liebte sie danach
Er, der schon stets sie hoch verehrte.«
»Nun genug!« sagte Nikolai Wsewolodowitsch und winkte ihm ab.
»Ich träume von Petersburg,« rief Lebjadkin mit schnellem Übergange zu einem anderen Gegenstande, als ob von Versen nie die Rede gewesen wäre. »Ich träume von einer Auferstehung ... Mein Wohltäter! Darf ich darauf rechnen, daß Sie mir die Mittel zur Reise nicht abschlagen werden? Ich habe die ganze Woche über auf Sie gewartet wie auf die Sonne.«
»Nein, entschuldigen Sie mich; ich habe fast gar keine Geldmittel übrig. Und weshalb sollte ich Ihnen auch Geld geben?«
Nikolai
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