Die Dämonen
Denunziation einschüchtern wollen, um auf diese Weise von mir mehr Geld herauszuquetschen ... Verstehen Sie?«
»Nikolai Wsewolodowitsch, Täubchen, droht mir wirklich von jenen Menschen Gefahr? Ich habe nur darum so ungeduldig auf Sie gewartet, um Sie danach zu fragen.«
Nikolai Wsewolodowitsch lächelte.
»Nach Petersburg wird man Sie allerdings nicht reisen lassen, auch wenn ich Ihnen das Reisegeld gäbe ... Übrigens, es ist Zeit, daß ich zu Marja Timofejewna gehe.«
Er stand vom Stuhle auf.
»Nikolai Wsewolodowitsch, wie ist es aber mit Marja Timofejewna?«
»So, wie ich Ihnen gesagt habe.«
»Ist das wirklich wahr?«
»Glauben Sie es immer noch nicht?«
»Werden Sie mich wirklich wegwerfen wie einen alten abgetragenen Stiefel?«
»Ich werde einmal sehen,« erwiderte Nikolai Wsewolodowitsch lachend. »Nun, lassen Sie mich zu ihr!«
»Befehlen Sie nicht, daß ich mich vor die Haustür stelle, ... damit ich nicht unversehens etwas mit anhöre ... denn die Zimmer sind sehr klein.«
»Das ist richtig; stellen Sie sich vor die Haustür! Nehmen Sie meinen Schirm!«
»Ihren Schirm? ... Ist der nicht zu schade für mich?« fragte der Hauptmann süßlich.
»Jeder Mensch ist einen Regenschirm wert.«
»Da haben Sie in knappster Form das Minimum der Menschenrechte definiert ...«
Aber er redete nur noch mechanisch; er war durch diese Nachrichten zu sehr niedergedrückt und vollständig aus der Fassung geraten. Und dennoch begann fast in demselben Augenblicke, als er vor die Haustür trat und den Schirm aufspannte, sich in seinem leichtsinnigen, schlauen Kopfe wieder der stets beruhigend wirkende Gedanke Bahn zu brechen, daß man ihn zu überlisten suche und ihn belüge, und daß, wenn dem so sei, er sich nicht zu fürchten brauche, sondern die andern vor ihm Furcht hätten.
»Wenn sie lügen und mich zu überlisten suchen, warum tun sie es dann eigentlich?« diese Frage ging ihm durch den Kopf. Die Veröffentlichung der Ehe erschien ihm als eine Albernheit. »Allerdings ist bei diesem seltsamen Menschen alles möglich; er lebt nur, um anderen Leuten zu schaden. Aber wie, wenn er sich selbst fürchtet, nach dem Affront vom Sonntag, und sich so fürchtet wie sonst noch niemals? Da kommt er nun hergelaufen, um zu versichern, daß er es selbst veröffentlichen werde, aus Furcht, daß ich es veröffentliche. Ei, ei, schieße keinen Bock, Lebjadkin! Und warum kommt er heimlich bei Nacht, während er doch selbst die Publikation wünscht? Wenn er sich aber fürchtet, so hat sich diese Furcht jetzt eingestellt, gerade jetzt, gerade vor einigen Tagen ... Ei, ei, tu nur keinen falschen Schritt, Lebjadkin! ...«
»Er schreckt mich mit Peter Stepanowitsch. O weh, das ist schlimm; o weh, das ist schlimm; ja, das ist wirklich sehr schlimm! Mußte mich auch der Teufel plagen, zu Liputin zu schwatzen! Weiß der Teufel, was diese nichtswürdigen Kerle vorhaben; ich bin nie so recht daraus klug geworden. Nun haben sie wieder ihre Organisation geändert wie vor fünf Jahren. Es ist wahr: an wen sollte ich eine Denunziation einreichen? ›Haben Sie auch nicht in Ihrer Dummheit an jemand geschrieben?‹ Hm! Also kann ich doch schreiben, unter dem Scheine der Dummheit? Gibt er mir vielleicht damit einen Rat? ›Dies ist die Absicht, in der Sie nach Petersburg fahren wollen.‹ Der Schurke! mir hat nur davon geträumt, und da hat er auch schon meinen Traum erraten! Es klingt, als ob er mich selbst zu der Reise veranlassen wollte. Da sind sicherlich zwei Möglichkeiten, eine oder die andere: entweder fürchtet er wieder einmal für sich selbst, weil er einen dummen Streich gemacht hat, oder ... oder er fürchtet für sich selbst nichts und möchte mich nur dazu veranlassen, alle anderen zu denunzieren! Ach, es ist ein schlimmes Ding, Lebjadkin; ach, schieße nur ja keinen Bock! ...«
Er war so nachdenklich geworden, daß er längere Zeit sogar das Horchen vergaß. Übrigens hatte das Horchen auch seine Schwierigkeit; die Tür war dick und einflügelig, und sie sprachen sehr leise; es drangen nur undeutliche Laute heraus. Der Hauptmann spuckte ärgerlich aus, nachdem er vergeblich etwas zu erlauschen versucht hatte, und ging wieder hinaus, um nachdenklich vor der Haustür zu pfeifen.
Fußnoten
1 Derschawin sagt in seiner Ode »Gott« (1784): »Ich bin ein Fürst, ein Sklav, ein Wurm, ein Gott!«
Anmerkung des Übersetzers.
III.
Marja Timofejewnas Zimmer war noch einmal so groß wie dasjenige, welches der
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