Die Dämonen
bösen Träume kommen davon her, daß Sie angekommen sind. Ich möchte nur wissen, warum Sie erschienen sind; sagen Sie das doch einmal!«
»Möchten Sie nicht wieder ins Kloster?«
»Na, das habe ich mir doch gedacht, daß man mir wieder das Kloster vorschlagen würde! Ein reizender Ort, euer Kloster! Und warum soll ich denn dahin gehen, wozu soll ich jetzt da eintreten? Jetzt bin ich mutterseelenallein! Es ist zu spät für mich, ein drittes Leben anzufangen.«
»Sie sind über irgend etwas sehr böse; fürchten Sie etwa, daß ich Sie nicht mehr liebe?«
»Um Sie kümmere ich mich überhaupt nicht. Ich fürchte, daß ich selbst jemanden nicht mehr liebe.«
Sie lächelte geringschätzig.
»Ich habe mir gewiß ›ihm‹ gegenüber etwas Großes zuschulden kommen lassen,« fügte sie auf einmal wie im Selbstgespräche hinzu. »Ich weiß nur nicht, was ich mir habe zuschulden kommen lassen; das ist nun lebenslänglich mein ganzes Unglück. Immer und immer, diese ganzen fünf Jahre lang, habe ich Tag und Nacht gefürchtet, daß ich mir ›ihm‹ gegenüber etwas habe zuschulden kommen lassen. Ich bete, ich bete oft und denke immer an mein großes Verschulden ›ihm‹ gegenüber. Und es hat sich auch herausgestellt, daß es damit seine Richtigkeit hat.«
»Was hat seine Richtigkeit?«
»Ich fürchte nur, daß von ›seiner‹ Seite etwas vorliegt,« fuhr sie fort, ohne auf die Frage zu antworten, die sie überhaupt nicht gehört hatte. »Andererseits ist es eigentlich doch unmöglich, daß ›er‹ mit so geringwertigen Menschen gemeinsame Sache gemacht haben sollte. Die Gräfin möchte mich am liebsten auffressen, obgleich sie mich zu sich in ihren Wagen genommen hat. Alle sind sie miteinander verschworen; ob auch ›er‹ dabei ist? Hat auch ›er‹ mich verraten?« (Ihr Kinn und ihre Lippen begannen zu zucken.) »Hören Sie, haben Sie von Grischka Otrepjew 1 gelesen, daß er in sieben Kathedralen verflucht worden ist?«
Nikolai Wsewolodowitsch schwieg.
»Übrigens werde ich mich jetzt zu Ihnen wenden und Sie ansehen,« sagte sie, wie wenn sie sich plötzlich dazu entschlossen hätte. »Wenden auch Sie sich zu mir, und sehen Sie mich an, aber recht aufmerksam! Ich will mich zum letztenmal vergewissern.«
»Ich sehe Sie schon lange an.«
»Hm!« sagte Marja Timofejewna, ihn unverwandt anblickend. »Sie sind sehr dick geworden ...«
Sie wollte noch etwas hinzufügen; aber auf einmal entstellte wieder, zum drittenmal, die frühere Angst momentan ihr Gesicht; sie sank wieder zurück und hob den Arm vor sich in die Höhe.
»Aber was ist Ihnen denn?« schrie Nikolai Wsewolodowitsch beinah wütend.
Aber die Angst dauerte nur einen Augenblick; ihr Gesicht verzog sich zu einem seltsamen, argwöhnischen, unangenehmen Lächeln.
»Ich bitte Sie, Fürst, stehen Sie auf, und treten Sie ein!« sagte sie auf einmal mit fester, energischer Stimme.
»Was meinen Sie damit: ›Treten Sie ein‹? Wo soll ich eintreten?«
»Ich habe die ganzen fünf Jahre lang immer nur die eine Vorstellung gehabt, wie ›er‹ eintreten wird. Stehen Sie sofort auf, und gehen Sie durch die Tür in jenes Zimmer! Ich werde hier sitzen, als ob ich jemand erwartete, und ein Buch in die Hand nehmen, und plötzlich werden Sie, nachdem Sie fünf Jahre auf Reisen abwesend gewesen sind, eintreten. Ich will sehen, wie das sein wird.«
Nikolai Wsewolodowitsch knirschte im stillen mit den Zähnen und murmelte etwas Unverständliches.
»Genug!« sagte er, indem er mit der flachen Hand auf den Tisch schlug. »Ich bitte Sie, Marja Timofejewna, mich anzuhören. Tun Sie mir den Gefallen und nehmen Sie, wenn Sie es vermögen, Ihre ganze Aufmerksamkeit zusammen! Sie sind ja doch nicht ganz verrückt!« fuhr er ungeduldig heraus. »Morgen werde ich unsere Ehe bekanntgeben. Sie werden niemals in Palästen wohnen; davon mögen Sie überzeugt sein! Wollen Sie mit mir Ihr ganzes Leben verbringen, aber allerdings sehr weit von hier? Da im Gebirge, in der Schweiz, ist ein Ort ... Seien Sie unbesorgt; ich werde Sie nie im Stich lassen und Sie nicht in ein Irrenhaus geben. Ich habe genug Geld, um leben zu können, ohne andere Menschen bitten zu müssen. Sie werden eine Magd haben; Sie werden keine Arbeit zu tun brauchen. Alles, was Sie im Bereiche der Möglichkeit wünschen werden, wird Ihnen beschafft werden. Sie werden beten, werden gehen, wohin es Ihnen beliebt, und tun, was Ihnen beliebt. Ich werde Sie nicht berühren. Ich werde diesen Ort ebenfalls mein
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