Die Dämonen
ganzes Leben lang nicht verlassen. Wenn Sie wollen, werde ich lebenslänglich nicht mit Ihnen reden, und wenn Sie wollen, mögen Sie mir jeden Abend, wie damals in Petersburg in den elenden Wohnungen, Ihre Geschichten erzählen. Ich werde Ihnen aus Büchern vorlesen, wenn Sie es wünschen. Aber dafür werden Sie lebenslänglich an einem Orte wohnen, und der Ort ist unschön. Wollen Sie das? Können Sie sich dazu entschließen? Werden Sie es nicht bereuen und mich nicht mit Ihren Tränen und Verwünschungen quälen?«
Sie hatte mit größtem Interesse zugehört; nun schwieg sie lange und dachte nach.
»Das alles kommt mir unwahrscheinlich vor,« sagte sie endlich spöttisch und geringschätzig. »Da soll ich am Ende vierzig Jahre dort im Gebirge wohnen?«
Sie lachte auf.
»Nun gut; leben wir da vierzig Jahre!« erwiderte Nikolai Wsewolodowitsch mit sehr finsterem Gesichte.
»Hm! ... Um keinen Preis werde ich dahin fahren.«
»Auch nicht mit mir?«
»Was sind Sie denn für einer, daß ich mit Ihnen mitfahren sollte? Vierzig Jahre hintereinander soll ich mit ihm im Gebirge sitzen, – ist das eine Zumutung! Und was für geduldige Menschen es heutzutage gibt! Nein, das ist nicht möglich, daß ein Falke zum Uhu wird. Mein Fürst ist von anderer Art!« rief sie stolz und triumphierend mit erhobenem Haupte.
Es ging ihm ein Licht auf.
»Warum nennen Sie mich Fürst, und ... für wen halten Sie mich?« fragte er schnell.
»Wie? Sind Sie kein Fürst?«
»Das bin ich nie gewesen.«
»Also gestehen Sie das selbst, mir gerade ins Gesicht, ein, daß Sie kein Fürst sind?«
»Ich sage es ja, das bin ich nie gewesen.«
»O Gott!« rief sie und schlug die Hände zusammen. »Alles hatte ich von ›seinen‹ Feinden erwartet, aber eine solche Dreistigkeit niemals! Ist er am Leben?« schrie sie rasend und bog sich nahe an Nikolai Wsewolodowitsch heran. »Hast du ihn getötet? Bekenne!«
»Für wen hältst du mich?« rief er und sprang mit entsetztem Gesichte auf.
Aber es war jetzt schwer, sie zu erschrecken; sie triumphierte.
»Wer kennt dich, was du für einer bist, und von wo du auf einmal herkommst? Aber mein Herz, mein Herz hat diese ganzen fünf Jahre her die ganze Intrige geahnt! Und ich sitze hier und wundere mich: was für eine blinde Eule ist denn da gekommen? Nein, mein Lieber, du bist ein schlechter Schauspieler, sogar ein schlechterer als Lebjadkin. Bestelle meine ergebenste Empfehlung an die Gräfin und sage ihr, sie möchte einen gewandteren Menschen schicken, als du bist! Sie hat dich wohl in Dienst genommen, sag mal? Da bist du nun bei ihr aus Gnade und Barmherzigkeit in der Küche angestellt! Ich durchschaue euren ganzen Betrug vollständig; ich verstehe euch alle, ohne Ausnahme!«
Er faßte sie kräftig oberhalb des Ellbogens an den Arm; sie lachte ihm ins Gesicht.
»Du bist ihm ähnlich, sehr ähnlich; vielleicht bist du auch ein Verwandter von ihm; ein schlaues Volk seid ihr! Aber mein Mann ist ein echter Falke und ein Fürst, und du ein Waldkauz und ein ganz gewöhnlicher Kaufmann! Mein Mann verbeugt sich vor Gott, wenn er will, und, wenn er will, auch nicht; aber dich hat der liebe Schatow, den ich so gut leiden kann, auf die Backen gehauen; mein Lebjadkin hat es erzählt. Und warum bist du damals so feige gewesen, als du hereinkamst? Wer hat dich damals erschreckt? Als ich hingefallen war und du mich auffingst, da sah ich dein gemeines Gesicht, und es war mir, als kröche mir ein Wurm ins Herz hinein: ›er‹ ist es nicht, dachte ich bei mir, ›er‹ ist es nicht! Mein Falke hätte sich niemals meiner vor einem vornehmen Fräulein geschämt! O Gott! Was mich die ganzen fünf Jahre lang glücklich gemacht hat, das war nur der Gedanke, daß mein Falke dort irgendwo jenseits der Berge lebt und umherfliegt und zur Sonne aufschaut ... Sage, du Betrüger, hast du viel dafür bekommen, daß du eine falsche Rolle spielst? Du hast dich wohl nur für eine tüchtige Geldsumme bereit erklärt? Ich hätte dir nicht einen Groschen gegeben. Ha-ha-ha! Ha-ha-ha! ...«
»Ach, du Idiotin!« rief Nikolai Wsewolodowitsch zähneknirschend; er hielt sie noch immer fest am Arm gepackt.
»Weg, du Betrüger!« schrie sie befehlend. »Ich bin das Weib meines Fürsten; ich fürchte mich nicht vor deinem Messer!«
»Vor dem Messer!«
»Ja, vor dem Messer! Du hast ein Messer in der Tasche. Du dachtest, ich schliefe; aber ich habe es gesehen: als du vorhin hereinkamst, nahmst du ein Messer heraus!«
»Was hast du
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