Die Dämonen
übermitteln werde, und ich stehe dafür, daß er Sie nicht mehr inkommodieren wird.«
Niemals werde ich den Schrecken vergessen, der sich auf Warwara Petrownas Gesichte malte. Mit irrem Blick stand sie vom Stuhle auf, indem sie, wie um sich zu schützen, die rechte Hand vor sich in die Höhe hob. Nikolai Wsewolodowitsch blickte sie an, blickte Lisa an, blickte die Zuschauer an und lächelte auf einmal in einer grenzenlos hochmütigen Weise; ohne Eile verließ er das Zimmer. Alle sahen, wie Lisa, sowie nur Nikolai Wsewolodowitsch sich umwandte, um hinauszugehen, vom Sofa aufsprang und offenbar eine Bewegung machte, um ihm nachzulaufen; aber sie besann sich noch und lief nicht, sondern ging sachte hinaus, ebenfalls ohne zu jemand ein Wort zu sagen und ohne jemand anzusehen, natürlich in Begleitung des ihr nacheilenden Mawriki Nikolajewitsch..
Von dem Lärm und Gerede in der Stadt an diesem Abend will ich weiter nichts sagen. Warwara Petrowna schloß sich in ihrem Stadthause ein; Nikolai Wsewolodowitsch aber fuhr, wie man sagt, direkt nach Skworeschniki, ohne seine Mutter vorher gesehen zu haben. Stepan Trofimowitsch schickte mich am Abend zu
»cette chère amie«,
damit ich für ihn um die Erlaubnis bäte, zu ihr kommen zu dürfen; aber sie empfing mich nicht. Er war furchtbar ergriffen und weinte: »Eine solche Ehe! Eine solche Ehe! Eine solche Schmach für die Familie!« wiederholte er alle Augenblicke. Indessen erinnerte er sich auch an Karmasinow und schimpfte gewaltig auf ihn. Auch auf die morgige Vorlesung bereitete er sich energisch vor und zwar (als echter Künstler!) vor dem Spiegel; und er rief sich all die scharfsinnigen Aussprüche und Witze ins Gedächtnis zurück, die er in seinem ganzen Leben produziert und in ein besonderes Heft eingetragen hatte; hiervon wollte er bei der morgigen Vorlesung einige anbringen.
»Mein Freund, ich tue das im Interesse der großen Idee,« sagte er zu mir, offenbar um sich zu rechtfertigen. »
Cher ami,
ich habe einen Platz, an dem ich fünfundzwanzig Jahre lang gewesen bin, verlassen und bin plötzlich weggereist; wohin, das weiß ich nicht; aber weggereist bin ich ...«
Dritter Teil
Erstes Kapitel.
Das Fest.
I.
Das Fest kam zustande trotz der bedenklichen Begebnisse des »Schpigulinschen Tages«. Ich glaube, selbst wenn Lembke gerade in dieser Nacht gestorben wäre, hätte das Fest dennoch am Vormittage stattgefunden; eine so ganz besondere Bedeutung legte ihm Julija Michailowna bei. Leider verharrte sie bis zum letzten Augenblicke in ihrer Verblendung und hatte kein Verständnis für die Stimmung der Gesellschaft. Es glaubte zuletzt niemand mehr, daß der festliche Tag ohne irgendein kolossales Ereignis vorübergehen werde, ohne eine Katastrophe, wie sich manche ausdrückten, indem sie sich schon im voraus die Hände rieben. Viele bemühten sich allerdings, eine finstere Miene anzunehmen, welche Sorge für das Gemeinwohl ausdrücken sollte; aber im allgemeinen belustigt den Russen jede skandalöse Affäre, die sich in den Kreisen der vornehmen Gesellschaft zuträgt, ganz außerordentlich. Freilich kam bei uns noch ein Moment hinzu, das sehr viel ernster war als bloße Skandalsucht: es herrschte eine allgemeine Gereiztheit, eine unbändig boshafte Stimmung; es schien, als ob allen alles schrecklich zuwider geworden sei. Es war ein allgemeiner, unklarer Zynismus verbreitet, ein übertriebener Zynismus, zu dem man sich gewissermaßen erst zwang. Nur die Damen waren sich klar und einig, wenn auch nur in einem Punkte: in einem schonungslosen Hasse gegen Julija Michailowna. In diesem Gefühle kamen alle bei den Damen bestehenden Richtungen zusammen. Aber die Ärmste argwöhnte davon nichts; sie war bis zur letzten Stunde immer noch der Überzeugung, sie sei von einem großen Anhange umringt und alle seien ihr fanatisch ergeben.
Ich habe schon angedeutet, daß bei uns mancherlei elende Subjekte auftauchten. In den trüben Zeiten des Schwankens oder des Überganges finden sich solche elenden Subjekte immer und überall. Ich rede nicht von den sogenannten »leitenden Männern«, die stets allen voraneilen (das ist ihre Hauptsorge) und dabei ein zwar sehr oft recht dummes, aber doch mehr oder weniger bestimmtes Ziel verfolgen. Nein, ich rede nur von dem Gesindel. In jeder Übergangszeit erhebt sich dieses Gesindel, das in jeder Gesellschaft vorhanden ist und nicht nur kein Ziel, sondern nicht einmal eine Spur von einem Gedanken hat und nur seine innere
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