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Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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Betrug ...«
    Übrigens muß ich bekennen, daß diese zügellosen Herren sich noch stark vor unseren Würdenträgern und vor dem im Saale anwesenden Polizeikommissar fürchteten. Nach ungefähr zehn Minuten war alles wieder einigermaßen zum Sitzen gekommen; aber die frühere Ordnung existierte nicht mehr. Und gerade in dieses beginnende Chaos geriet der arme Stepan Trofimowitsch hinein ...
     
Fußnoten
     
    1 Siehe die Anmerkung Teil I, S. 169.
     
    2 Bezieht sich auf einen Volksglauben.
     
    3 Eine Redensart im Sinne von »er hat gewaltig vorbeigeschossen.«
    Anmerkungen des Übersetzers.
     
    4 »Krähe« ist im Russischen eine Bezeichnung für einen Maulaffen.
    Anmerkung des Übersetzers.
     
     
IV.
    Ich lief jedoch noch einmal zu ihm hinter die Kulissen und teilte ihm ganz außer mir in der Geschwindigkeit mit, daß meiner Ansicht nach alles verloren sei und er am besten tun würde, überhaupt nicht aufzutreten, sondern sofort nach Hause zu fahren, allenfalls mit der Begründung, daß er von Cholerine befallen sei; ich würde ebenfalls die Schleife ablegen und mit ihm mitkommen. Er war in diesem Augenblicke schon auf die Estrade getreten, blieb plötzlich stehen, sah mich hochmütig vom Kopfe bis zu den Füßen an und sagte feierlich:
    »Warum halten Sie mich einer so unwürdigen Handlungsweise für fähig, mein Herr?«
    Ich trat zurück. So sicher wie davon, daß zweimal zwei vier ist, war ich überzeugt, daß er von dort nicht ohne eine Katastrophe wieder wegkommen werde. Während ich in tiefer Niedergeschlagenheit dastand, fiel mir wieder die Gestalt des fremden Professors in die Augen, der nach Stepan Trofimowitsch an die Reihe kommen sollte und vorhin immer die Faust in die Höhe gehoben und in vollem Schwunge hatte niederfallen lassen. Er ging immer noch ebenso, in Gedanken vertieft, auf und ab und murmelte mit einem boshaften, triumphierenden Lächeln etwas vor sich hin. Fast ohne jede Absicht (eine Art von innerem Drange trieb mich) trat ich auch zu ihm heran.
    »Wissen Sie,« sagte ich, »aus vielen Beispielen steht fest, daß, wenn ein Vorleser das Publikum mehr als zwanzig Minuten lang in Anspruch nimmt, dieses nicht mehr zuhört. Selbst Zelebritäten können sich nicht eine halbe Stunde lang behaupten ...«
    Er blieb plötzlich stehen und fing sogar am ganzen Leibe an zu zittern, wie wenn er schwer beleidigt wäre. Ein maßloser Hochmut prägte sich auf seinem Gesichte aus.
    »Machen Sie sich darüber keine Sorge!« murmelte er geringschätzig und ging vorbei.
    In diesem Augenblicke wurde im Saale Stepan Trofimowitschs Stimme vernehmbar.
    »Ach, hol euch alle der Teufel!« dachte ich und lief in den Saal.
    Stepan Trofimowitsch hatte sich auf den Sessel niedergelassen, während die Unordnung noch fortdauerte. In den ersten Reihen empfing man ihn offenbar mit unfreundlichen Blicken. (Im Klub mochte man ihn in der letzten Zeit nicht mehr recht leiden und schätzte ihn weit weniger als früher.) Übrigens war auch das schon ein Glück, daß nicht gezischt wurde. Schon seit dem vorhergehenden Tage wollte mir ein sonderbarer Gedanke nicht aus dem Kopfe gehen: ich meinte immer, man würde ihn gleich bei seinem Erscheinen auszischen. Indessen wurde er infolge der noch fortdauernden Unordnung nicht einmal sofort bemerkt. Worauf konnte dieser Mensch hoffen, wenn die Zuhörer schon mit Karmasinow so umgesprungen waren? Er war blaß; seit zehn Jahren war er nicht vor das Publikum hingetreten. Aus seiner Aufregung und aus allen sonstigen Anzeichen, die ich an ihm nur zu gut kannte, war es mir klar, daß auch er selbst sein jetziges Erscheinen auf der Estrade als etwas für sein Schicksal Entscheidendes oder dergleichen ansah. Und gerade das war es, was ich fürchtete. Dieser Mensch war mir teuer. Wie wurde mir aber zumute, als er die Lippen öffnete und ich seinen ersten Satz hörte!
    »Meine Herrschaften!« begann er in einem Tone, wie wenn er zu allem entschlossen wäre, und dabei doch mit fast versagender Stimme. »Meine Herrschaften! Noch heute morgen lag vor mir eines jener neuerdings hier verbreiteten gesetzwidrigen Blätter, und ich legte mir zum hundertsten Male die Frage vor: worin besteht ihr Geheimnis?«
    Der ganze Saal war mit einem Schlage still geworden; alle Blicke hatten sich ihm zugewandt, manche mit einem Ausdrucke von Angst. Man mußte es ihm lassen: er hatte es verstanden, gleich beim ersten Worte das Interesse zu erregen. Sogar hinter den Kulissen streckten sich Köpfe hervor; Liputin und

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