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Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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république,
und damit basta!«
    »Bravo!« brüllte Kirillow ganz entzückt. »
Vive la république démocratique, sociale et universelle ou la mort! ...
Nein, nein, so nicht!
Liberté, égalité, fraternité ou la mort.
Das ist noch besser, das ist noch besser!« Und mit sichtlichem Genuß schrieb er dies unter seine Namensunterschrift.
    »Genug, genug!« sagte Peter Stepanowitsch noch einmal.
    »Halt, noch ein paar Worte ... Wissen Sie, ich werde noch einmal auf Französisch darunter schreiben:
›de Kirilloff, gentilhomme russe et citoyen du monde.‹
Ha-ha-ha!« lachte er laut auf. »Nein, nein, nein, halt; ich habe das Allerbeste gefunden, heureka:
gentilhomme-séminariste russe et citoyen du monde civilisé!
Das ist das Allerbeste ...« Er sprang vom Sofa auf, nahm mit einem schnellen Griffe den Revolver vom Fensterbrette, lief mit ihm in das andere Zimmer und machte die Tür hinter sich fest zu.
    Peter Stepanowitsch stand ungefähr eine Minute lang nachdenklich da und blickte nach der Tür hin.
    »Wenn er sofort zu einem Entschlusse kommt, dann erschießt er sich wohl; aber wenn er erst anfängt nachzudenken, dann wird nichts daraus werden.«
    Er nahm vorläufig das Blatt Papier, setzte sich hin und sah es von neuem durch. Die Fassung der Erklärung gefiel ihm auch jetzt wieder.
    »Was ist zunächst erforderlich? Sie müssen für eine Weile ganz wirr gemacht und von der richtigen Spur abgelenkt werden. Der Park? In der Stadt ist kein Park; nun, sie werden von selbst darauf kommen, daß der Park von Skworeschniki gemeint ist. Bis sie darauf kommen, wird Zeit vergehen; ebenso wird das Suchen Zeit in Anspruch nehmen; dann werden sie den Leichnam finden und daraus ersehen, daß die Angabe des Schriftstücks wahr ist, und folgern, daß auch alles andere wahr ist, auch das über Fedka Gesagte. Aber was hat es mit Fedka für eine Bewandtnis? Fedka, das bedeutet die Brandstiftung, die Ermordung der Lebjadkins: also ist alles von hier, von dem Filippowschen Hause, ausgegangen, und sie haben nichts bemerkt, haben alles übersehen, – das wird ihnen den Kopf ganz schwindlig machen! An die ›Unsrigen‹ zu denken wird ihnen gar nicht in den Sinn kommen; Schatow und Kirillow und Fedka und Lebjadkin, und warum sie einander totgeschlagen haben, – das wird für sie eine nette Rätselfrage sein. Aber zum Teufel, es ist ja kein Schuß zu hören! ...«
    Obgleich er las und an der Fassung des Schriftstückes seine Freude hatte, horchte er doch jeden Augenblick in peinlicher Unruhe auf und – wurde auf einmal zornig. Erregt blickte er auf die Uhr; es war schon ziemlich spät; und seit Kirillow weggegangen war, waren schon etwa zehn Minuten vergangen ... Er ergriff das Licht und ging zur Tür des Zimmers hin, in welchem Kirillow verschwunden war. Als er schon dicht an der Tür war, wurde er auf einmal darauf aufmerksam, daß die Kerze schon sehr weit herabgebrannt war und in etwa zwanzig Minuten ganz ausgehen mußte und keine andere da war. Er faßte die Klinke an und horchte vorsichtig; es war nicht das geringste Geräusch hörbar. Er öffnete die Tür und hob das Licht in die Höhe: da brüllte etwas auf und stürzte auf ihn los. Aus aller Kraft schlug er die Tür zu und drückte sich wieder horchend an sie; aber alles war schon ruhig geworden, und es herrschte wieder Totenstille.
    Lange stand er unentschlossen mit dem Lichte in der Hand da. In der Sekunde, als er die Tür geöffnet hatte, hatte er sehr wenig unterscheiden können; aber er hatte doch flüchtig das Gesicht Kirillows gesehen, der im Hintergrunde des Zimmers am Fenster stand, und die tierische Wut bemerkt, mit der dieser plötzlich auf ihn losgestürzt war. Peter Stepanowitsch zuckte zusammen, stellte schnell das Licht auf den Tisch, setzte seinen Revolver in Bereitschaft und sprang auf den Zehen in die entgegengesetzte Ecke, so daß, wenn Kirillow die Tür öffnete und mit dem Revolver zum Tische eilte, er noch früher als dieser zielen und abdrücken konnte.
    An den Selbstmord glaubte Peter Stepanowitsch jetzt gar nicht mehr.
    »Er stand mitten im Zimmer und dachte nach,« ging es ihm wie ein Wirbelwind durch den Kopf. »Und dazu das dunkle, unheimliche Zimmer ... Er brüllte los und stürzte auf mich zu – da sind zwei Möglichkeiten: entweder habe ich ihn gerade in der Sekunde gestört, als er den Hahn abdrücken wollte, oder ... oder er stand und überlegte, wie er mich töten könnte. Ja, so ist es; das hat er überlegt ... Er weiß, daß ich nicht

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