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Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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zeigen.«
    Sein Gesicht war unnatürlich blaß, sein Blick unerträglich starr. Er war wie im Fieber. Peter Stepanowitsch dachte schon, er werde im nächsten Augenblick umfallen.
    »Geben Sie eine Feder her!« rief Kirillow auf einmal ganz unerwartet in einem Zustande entschiedener Verzückung. »Diktieren Sie, ich werde alles niederschreiben und unterzeichnen. Auch daß ich Schatow getötet habe. Diktieren Sie, solange mir noch lächerlich zumute ist! Ich fürchte das Urteil hochmütiger Sklaven nicht! Bald werden Sie selbst sehen, daß alles Geheime offenbar werden wird! Aber Sie werden erdrückt werden ... Ich glaube! Ich glaube!«
    Peter Stepanowitsch sprang von seinem Platze auf, reichte ihm im Nu Tinte und Papier und begann, den günstigen Augenblick benutzend und in zitternder Angst um das Gelingen, zu diktieren.
    »Ich, Alexei Kirillow, erkläre ...«
    »Halt! Das will ich nicht! Wem erkläre ich das?«
    Sein ganzer Leib wurde wie vom Fieber geschüttelt. Dieser Ausdruck »Ich erkläre« und ein besonderer plötzlicher Gedanke, der sich daran knüpfte, schienen auf einmal seine ganze Aufmerksamkeit zu absorbieren, wie wenn das ein Ausweg wäre, nach dem sein gequälter Geist wenigstens für einen Augenblick ungestüm hinstürzte.
    »Wem erkläre ich das? Ich will wissen wem.«
    »Niemandem, allen, dem ersten besten, der es liest. Wozu soll man das näher bestimmen? Der ganzen Welt!«
    »Der ganzen Welt? Bravo! Und Reue soll nicht darin vorkommen. Ich will nichts bereuen. Und ich will mich nicht an die Obrigkeit wenden!«
    »Nein doch! Das ist ja auch nicht nötig; hole der Teufel die Obrigkeit! So schreiben Sie doch, wenn es Ihnen Ernst ist! ...« rief Peter Stepanowitsch in krankhafter Aufregung.
    »Halt! Ich will eine Fratze mit herausgestreckter Zunge darüber zeichnen.«
    »Ach, dummes Zeug!« erwiderte Peter Stepanowitsch ärgerlich. »Das kann man auch ohne Zeichnung durch den bloßen Ton zum Ausdruck bringen.«
    »Durch den Ton? Das ist gut. Ja, durch den Ton, durch den Ton! Diktieren Sie es mit dem Ton!«
    »Ich, Alexei Kirillow,« diktierte Peter Stepanowitsch mit fester, gebieterischer Stimme, indem er sich über Kirillows Schulter beugte und jeden Buchstaben verfolgte, den dieser mit seiner vor Aufregung zitternden Hand hinschrieb, »ich, Kirillow, erkläre, daß ich heute, am ...ten Oktober, zwischen sieben und acht Uhr abends, den Studenten Schatow im Parke getötet habe, wegen Verräterei und wegen einer Denunziation betreffend die Proklamationen und Fedka, welcher bei uns beiden im Filippowschen Hause zehn Tage lang gewohnt und genächtigt hat. Ich töte mich selbst heute mit einem Revolver, nicht weil ich Reue empfände oder vor jemand Furcht hätte, sondern weil ich schon im Auslande den Entschluß gefaßt hatte, mir das Leben zu nehmen.«
    »Weiter nichts?« rief Kirillow erstaunt und unwillig.
    »Kein Wort weiter!« versetzte Peter Stepanowitsch mit einer abwehrenden Handbewegung und suchte ihm das Schriftstück zu entreißen.
    »Halt!« rief Kirillow und legte seine Hand fest auf das Papier; »halt, Unsinn! Ich will angeben, in welcher Absicht ich mich getötet habe. Und wozu ist da Fedka erwähnt? Und wie ist's mit der Feuersbrunst? Ich will alles schreiben, und dann will ich noch in kräftigem Tone schimpfen, jawohl, in kräftigem Tone!«
    »Genug, Kirillow, ich versichere Ihnen, daß es ausreicht!« sagte, beinahe flehend, Peter Stepanowitsch, der vor Angst zitterte, der andere könnte das Blatt zerreißen. »Damit es Glauben findet, muß es möglichst dunkel gehalten sein, gerade so, mit bloßen Andeutungen. Man darf nur ein Zipfelchen von der Wahrheit zeigen, eben nur so viel, daß es diese Leute reizt. Denn sie belügen sich selbst immer mehr, als wir sie belügen, und ebenso glauben sie sicherlich sich selbst mehr als uns, und das ist ja das Allerbeste, das Allerbeste! Geben Sie her! So, wie es ist, ist es vorzüglich; geben Sie her, geben Sie her!«
    Er bemühte sich, ihm das Blatt zu entreißen. Kirillow hatte mit weit aufgerissenen Augen zugehört und anscheinend versucht, sich die Sache im Kopfe zurechtzulegen; aber er schien nichts davon verstanden zu haben.
    »Aber zum Teufel!« rief Peter Stepanowitsch auf einmal ärgerlich. »Er hat ja noch nicht unterschrieben! Warum reißen Sie denn die Augen so auf? Unterschreiben Sie doch!«
    »Ich will schimpfen,« murmelte Kirillow, nahm jedoch die Feder und unterschrieb. »Ich will schimpfen ...«
    »Schreiben Sie darunter:
Vive la

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