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Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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weggehen werde, ohne ihn getötet zu haben, wenn er selbst sich feige zeigt; also muß er mich zuerst töten, damit ich ihn nicht töte ... Und nun wieder dort diese Stille! Es ist geradezu unheimlich: auf einmal wird er die Tür aufmachen ... Eine Gemeinheit ist es, daß er fester an Gott glaubt als ein Pope ... Um keinen Preis wird er sich erschießen! ... Solcher Leute, die ›durch ihren eigenen Verstand dahin gelangt sind‹, gibt es jetzt eine große Menge. Dieses Lumpenpack! Pfui Teufel, das Licht, das Licht! Es wird in einer Viertelstunde sicher zu Ende gebrannt sein ... Ich muß ein Ende machen, um jeden Preis ein Ende machen ... Nur zu, töten kann ich ihn jetzt ohne Besorgnis; mit diesem Papier wird niemand denken, daß ich ihn getötet habe. Man kann ihn so auf den Fußboden legen und in die richtige Positur bringen, mit dem abgeschossenen Revolver in der Hand, daß sie unfehlbar glauben werden, er habe selbst ... Ach, zum Teufel, wie soll ich ihn denn töten? Wenn ich die Tür aufmache, wird er wieder auf mich losstürzen und früher schießen als ich. Ach was, zum Teufel, selbstverständlich wird er mich verfehlen!«
    So marterte er sich ab, zitternd angesichts der Unvermeidlichkeit des Vorhabens und infolge seiner Unentschlossenheit. Endlich nahm er das Licht und ging wieder zur Tür, den schußfertigen Revolver in der rechten Hand; mit der linken Hand, in der er das Licht hielt, drückte er auf die Türklinke. Aber hierbei verfuhr er nicht geschickt genug: die Klinke schnappte und gab einen kreischenden Ton. »Er wird ohne weiteres auf mich schießen!« dachte Peter Stepanowitsch im selben Momente. Er stieß aus aller Kraft die Tür mit dem Fuße auf, hob das Licht in die Höhe und streckte den Revolver nach vorn; aber es erfolgte kein Schuß und kein Schrei ... Im Zimmer war niemand.
    Er fuhr zusammen. Das Zimmer war kein Durchgangszimmer; es hatte keinen andern Ausgang, und man konnte aus ihm nirgendshin entfliehen. Er hob die Kerze noch mehr in die Höhe und sah sich aufmerksam um: absolut niemand. Er rief halblaut: »Kirillow!« Dann zum zweiten Male lauter; niemand antwortete.
    »Ist er wirklich durchs Fenster entflohen?«
    In der Tat war an einem Fenster die Luftklappe geöffnet. »Unsinn, durch die Luftklappe hat er nicht entfliehen können.« Peter Stepanowitsch ging durch das ganze Zimmer geradeswegs zum Fenster hin. »Das ist unmöglich.« Plötzlich drehte er sich schnell um, und etwas Ungewöhnliches ließ ihn erzittern.
    An der den Fenstern gegenüberliegenden Wand stand rechts von der Tür ein Schrank. Rechts von diesem Schranke, in der von der Wand und dem Schranke gebildeten Nische, stand Kirillow, und zwar stand er in ganz sonderbarer Weise da: regungslos, gerade aufgerichtet, mit den Händen an der Hosennaht, mit erhobenem Kopfe, den Hinterkopf fest gegen die Wand gedrückt, ganz in der Nische, anscheinend in der Absicht, sich ganz zu verbergen und unsichtbar zu machen. Nach allen Anzeichen hatte er sich da versteckt; und doch schien dies nicht recht glaublich. Peter Stepanowitsch stand der Nische etwas schräg gegenüber und konnte nur die hervorragenden Teile der Gestalt sehen. Er konnte sich immer noch nicht dazu entschließen, weiter nach links zu treten, um den ganzen Kirillow zu erkennen und das Rätsel zu lösen. Das Herz begann ihm heftig zu schlagen ... Und auf einmal bemächtigte sich seiner eine vollständige Wut: er riß sich von seinem Platze los, schrie auf und stürzte, mit den Füßen aufstampfend, zu der furchtbaren Stelle hin.
    Aber als er nahe herangekommen war, blieb er wieder wie angeschmiedet stehen und wurde von noch größerem Schrecken gepackt. Ganz besonders überraschte es ihn, daß die Gestalt trotz seines Schreies und seines wütenden Ansprunges sich gar nicht bewegte, sich nicht rührte, auch nicht mit einem Gliede, gerade als ob sie versteinert oder aus Wachs wäre. Die Blässe des Gesichtes war unnatürlich; die völlig starren schwarzen Augen blickten nach irgendeinem Punkte in weiter Entfernung. Peter Stepanowitsch fuhr mit dem Lichte von oben nach unten und wieder nach oben, indem er so dieses Gesicht von allen Punkten beleuchtete und betrachtete. Plötzlich bemerkte er, daß Kirillow, obgleich er irgendwohin geradeaus blickte, ihn doch von der Seite sah und vielleicht sogar beobachtete. Da kam ihm der Gedanke, die Flamme des Lichtes gerade an das Gesicht »dieses Schurken« heranzuhalten, es zu verbrennen und zu sehen, was dieser dann tun werde.

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