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Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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peinlich und sogar kränkend.
    »Das ... das ist gewiß eine Kuh dahinten?« fragte er auf einmal von selbst die junge Frau.
    »Na aber, Herr, als ob Sie noch nie eine gesehen hätten!« erwiderte sie lachend.
    »Wir haben sie in der Stadt gekauft,« mischte sich der Bauer ein. »Unser eigenes Vieh ist uns schon im Frühjahr gefallen; an der Seuche. Bei uns rund herum ist alles gefallen, alles; nicht die Hälfte ist übriggeblieben; es ist zum Heulen.«
    Er versetzte dem Pferdchen, das in dem tiefen Geleise beinah stecken blieb, wieder einen Schlag mit der Peitsche.
    »Ja, das kommt bei uns in Rußland vor ... und überhaupt wir Russen ... nun ja, das kommt vor,« erwiderte Stepan Trofimowitsch, ohne zu Ende zu sprechen.
    »Wenn Sie Lehrer sind, was wollen Sie denn dann in Chatowo? Oder wollen Sie noch weiter?«
    »Ich ... das heißt ich will eigentlich nicht weiter ...
C'est à dire,
ich will zu einem Kaufmann.«
    »Gewiß nach Spasow?«
    »Ja, ja, ganz richtig, nach Spasow. Es ist übrigens ganz gleich.«
    »Wenn Sie nach Spasow wollen, und zu Fuß, dann gehen Sie in Ihren Stiefeln ziemlich eine Woche,« bemerkte die junge Frau lachend.
    »So, so; auch das ist ganz gleich,
mes amis,
ganz gleich,« brach Stepan Trofimowitsch ungeduldig das Gespräch ab.
    »Ein furchtbar neugieriges Volk,« dachte er im stillen. »Die Frau redet übrigens besser als er, und ich bemerke, daß seit der Aufhebung der Leibeigenschaft sich die Ausdrucksweise dieser Leute etwas geändert hat, und ... und was geht es sie an, ob ich nach Spasow will oder nicht? Ich bezahle sie ja doch; also warum sind sie so zudringlich?«
    »Wenn Sie nach Spasow wollen, dann müssen Sie mit dem Dampfer fahren,« setzte der Bauer das Gespräch doch noch fort.
    »Das ist richtig,« fiel die junge Frau lebhaft ein; »denn wenn Sie zu Wagen am Ufer entlang fahren, so machen Sie einen Umweg von etwa dreißig Werst.«
    »Vierzig werden's sein.«
    »Es trifft sich gut, daß Sie gerade morgen um zwei in Ustjewo den Dampfer vorfinden,« versicherte die Frau.
    Aber Stepan Trofimowitsch schwieg hartnäckig. Auch die Fragen der beiden hörten auf. Der Bauer schüttelte wiederholt die Zügel; die Frau wechselte mit ihm manchmal kurze Bemerkungen. Stepan Trofimowitsch schlummerte ein. Er war sehr verwundert, als ihn die Frau lachend anstieß und er sich in einem ziemlich großen Dorfe vor der Tür eines dreifenstrigen Bauernhauses sah.
    »Haben Sie geschlafen, Herr?«
    »Was ist das? Wo bin ich? Ach ja! Nun ... es ist ja ganz gleich,« sagte Stepan Trofimowitsch seufzend und stieg von dem Wagen herab.
    Er blickte traurig um sich; das Aussehen des Dorfes erschien ihm seltsam und fremdartig.
    »Ach, der halbe Rubel; den hatte ich vergessen!« wandte er sich an den Bauer mit einer unverhältnismäßig eiligen Bewegung.
    Offenbar fürchtete er sich schon davor, sich von ihnen zu trennen.
    »Bitte, bezahlen Sie in der Stube,« versetzte der Bauer und lud ihn mit einer Geste zum Eintritt ein.
    »Da drinnen ist es ganz nett,« bemerkte die Frau ermunternd.
    Stepan Trofimowitsch stieg die wackeligen Stufen vor der Haustür hinan.
    »Aber wie ist das nur möglich?« flüsterte er verständnislos und angstvoll, ging aber in das Haus hinein.
»Elle l'a voulu,«
fügte er leise hinzu und fühlte wie einen Stich im Herzen.
    Er vergaß wieder alles, sogar daß er in das Haus getreten war.
    Es war ein helles, ziemlich sauberes Bauernhaus mit drei Fenstern und zwei Zimmern, nicht eigentlich eine Herberge; aber nach alter Gewohnheit kehrten vorbeifahrende Bekannte dort ein. Stepan Trofimowitsch ging ohne Verlegenheit in die vordere Ecke, wo die Heiligenbilder hingen, vergaß zu grüßen, setzte sich hin und versank in Gedanken. Inzwischen begann nach der kalten Nässe, die er unterwegs drei Stunden lang durchgemacht hatte, ein höchst angenehmes Wärmegefühl seinen Körper zu durchströmen. Sogar das kurze, periodische Frösteln, das ihm über den Rücken lief, wie das im Fieber bei besonders nervösen Personen beim plötzlichen Übergange von der Kälte in die Wärme immer der Fall ist, hatte für ihn auf einmal etwas eigentümlich Angenehmes. Er hob den Kopf in die Höhe, und der leckere Duft heißer Pfannkuchen, mit denen die Wirtin am Ofen beschäftigt war, kitzelte sein Geruchsorgan. Mit einem kindlichen Lächeln bog er sich zu der Wirtin hin und stammelte plötzlich:
    »Was ist das? Sind das Pfannkuchen?
Mais c'est charmant.
«
    »Sind Ihnen welche gefällig, mein Herr?« fragte

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