Die Dämonen
Rubel?«
»Fünfunddreißig Kopeken ein jedes,« antwortete die Bücherverkäuferin.
»Mit dem größten Vergnügen.
Je n'ai rien contre l'Évangile, et ...
Ich wollte es schon längst einmal wieder lesen ...«
Es fuhr ihm in diesem Augenblicke der Gedanke durch den Kopf, daß er die Evangelien mindestens seit dreißig Jahren nicht mehr gelesen und sich nur vor etwa sieben Jahren bei der Lektüre von Renans
Vie de Jésus
ein wenig daran erinnert hatte. Da er kein kleines Geld hatte, so zog er seine vier Zehnrubelscheine hervor, – alles, was er besaß. Die Wirtin übernahm es, einen derselben zu wechseln, und erst da bemerkte er aufblickend, daß sich eine ziemliche Anzahl von Menschen in der Stube angesammelt hatte und alle ihn schon lange beobachteten und, wie es schien, über ihn redeten. Sie sprachen auch über die Feuersbrunst in der Stadt, am meisten der Eigentümer des Wagens mit der Kuh, da er eben erst aus der Stadt zurückgekehrt war. Sie redeten von Brandstiftung und von den Schpigulinschen Arbeitern.
»Nun sieh mal, zu mir hat er nichts von dem Brande gesagt, als er mit mir zusammen fuhr, während er doch sonst von allem möglichen geredet hat,« dachte Stepan Trofimowitsch.
»Väterchen, Stepan Trofimowitsch, sehe ich Sie wirklich, gnädiger Herr? Das hätte ich mir nicht träumen lassen! ... Sie erkennen mich wohl nicht?« rief ein kleiner, bejahrter Mann, der wie ein altmodischer gutsherrlicher Diener aussah, mit glattrasiertem Gesichte, in einem Mantel mit breitem, zurückgeschlagenem Kragen. Stepan Trofimowitsch schrak zusammen, als er seinen Namen hörte.
»Entschuldigen Sie,« murmelte er, »ich kann mich Ihrer nicht recht entsinnen.«
»Sie haben mich vergessen! Ich bin ja Anisim, Anisim Iwanow. Ich stand im Dienst bei dem verstorbenen Herrn Gaganow und habe Sie, gnädiger Herr, wer weiß wie oft mit Warwara Petrowna bei der verstorbenen Awdotja Sergejewna gesehen. Ich bin mehrmals mit Büchern von ihr zu Ihnen geschickt worden und habe Ihnen zweimal Petersburger Konfekt von ihr gebracht ...«
»Ach ja, nun erinnere ich mich deiner, Anisim,« versetzte Stepan Trofimowitsch lächelnd. »Wohnst du jetzt hier?«
»Nein, in der Nähe von Spasow, beim Kloster W***, in der Vorstadt, bei Marfa Sergejewna, der Schwester von Awdotja Sergejewna; vielleicht erinnern Sie sich: sie fuhr zu einem Balle und brach sich beim Hinausspringen aus der Kutsche das Bein. Jetzt wohnt sie in der Nähe des Klosters und ich bei ihr; aber augenblicklich, sehen Sie, fahre ich nach der Gouvernementsstadt, um meine Angehörigen zu besuchen ...«
»Ja, ja.«
»Ich freute mich gewaltig, als ich Sie sah; Sie sind immer gütig gegen mich gewesen,« fuhr Anisim, entzückt lächelnd, fort. »Aber wohin reisen Sie denn, gnädiger Herr? Wie es scheint, so ganz mutterseelenallein ... Sie sind ja wohl früher niemals allein gereist?«
Stepan Trofimowitsch blickte ihn ängstlich an.
»Wollen Sie vielleicht zu uns nach Spasow?«
»Ja, ich will nach Spasow.
Il me semble que tout le monde va à Spasof ...
«
»Vielleicht zu Fjodor Matwejewitsch? Der Herr wird sich sehr über Ihren Besuch freuen. Er hat Sie ja früher schon sehr hoch geschätzt, und auch jetzt hat er mehrmals von Ihnen gesprochen ...«
»Ja, ja, auch zu Fjodor Matwejewitsch.«
»Gewiß, gewiß. Die Bauern hier wundern sich, gnädiger Herr, daß man Sie zu Fuß auf der Landstraße getroffen hat. Es ist ein dummes Volk.«
»Ich ... Ich habe ... Weißt du, Anisim, ich habe gewettet wie ein Engländer, daß ich zu Fuß gehen würde, und da habe ich ...«
Der Schweiß trat ihm auf der Stirn und an den Schläfen heraus.
»Gewiß, gewiß ...« sagte Anisim, der mit schonungsloser Neugier zuhörte. Aber Stepan Trofimowitsch konnte es nicht länger ertragen. Er war so verlegen, daß er schon aufstehen und aus der Stube gehen wollte. Aber da wurde der Samowar gebracht, und in demselben Augenblicke kehrte die Bücherverkäuferin zurück, die inzwischen irgendwohin weggegangen war. Mit der Gebärde jemandes, der sich aus schwerer Not rettet, wandte er sich an sie und bot ihr Tee an. Anisim trat zurück und ging hinaus.
In der Tat war unter den Bauern starke Verwunderung entstanden: »Was ist das für ein Mensch? Er ist zu Fuß auf der Landstraße gefunden worden; er sagt, er sei ein Lehrer, ist gekleidet wie ein Ausländer, hat soviel Verstand wie ein kleines Kind, antwortet ungereimt, wie wenn er jemandem davongelaufen wäre, und hat Geld!« Man dachte schon daran,
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